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Frage von Karl A. •

Frage an Ulrich Kelber von Karl A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Warum werden so wenig nicht bleibeberechtigte Asylbewerber abgeschoben?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr A.,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich leider nicht so kurz beantworten kann, wie die Frage ist.

Es gibt verschiedene "Abschiebehindernisse": Das wichtigste sind fehlende Papiere. Unabhängig davon, ob die Papiere verloren gegangen sind, vernichtet wurden oder es nie welche gegeben hat, ohne Ausweispapiere nimmt kein Staat die Menschen zurück, wenn nicht sicher ist, dass sie von dort stammen. Über 70 Prozent der Asylsuchenden gaben in den letzten Jahren an, keine Papiere zu haben. Es wäre Aufgabe von Bundesinnenminister de Maizière, mit den Ursprungsländern Abkommen zu treffen, schnell Ersatzpapiere zur Verfügung zu stellen und auch ganze Charterflüge zurückzunehmen. Ich habe kein Verständnis dafür, dass er immer neue Gesetze fordert, aber die eigentliche Organisationsarbeit vernachlässigt.

Dann können wir Menschen nicht in Länder abschieben, in denen Krieg herrscht oder in denen ihnen die Todesstrafe droht (Völkerrecht).

Ein weiterer Grund für das Aussetzen der Abschiebung können humanitäre und sonstige Gründe sein. Hierunter fällt z.B. eine Frau, die ihren Schwiegervater oder Onkel in Deutschland betreut, Personen, die schwer erkrankt sind und in ihrem Heimatland nicht behandelt werden können, oder Personen, bei denen aus anderen moralischen, legalen oder menschlichen Gründen eine Abschiebung zu diesem Zeitpunkt (noch) nicht stattfinden kann oder soll.

Außerdem tauchen natürlich auch Ausreisepflichtige oder einzelne Mitglieder einer ausreisepflichtigen Familie ab, wenn Ihnen der Abschiebebescheid zugestellt wird.

In manchen Länder besteht kein regulärer Flugverkehr (Syrien, Afghanistan, Irak) und über Land können die Menschen nicht zurückbegleitet werden, weil dafür das Personal, vor allem aber auch die Durchreisegenehmigungen fehlen.

Und zu guter Letzt funktioniert auch die Zusammenarbeit zwischen den Behörden in Bund und Ländern nicht immer reibungslos, wie das Beispiel des Messerstechers aus Hamburg zeigt, der eigentlich nach Norwegen hätte abgeschoben werden sollen, weil er dort eine Asylverfahren durchlaufen hat. Hier hat eine Behörde von Herrn de Maizière, das BMAF, die notwendige Frist verpasst. Leider baut Herr de Maizière im BAMF schon wieder Mitarbeiterstellen ab.

Es gibt also eine Vielzahl von Gründen warum Abschiebungen schwierig oder gar nicht möglich sind. Um dies mal mit konkreten Zahlen zu unterlegen: von den im Juli 2016 215.000 Ausreisepflichtigen wurden drei Viertel (165.000) geduldet. In diesen Fällen lagen also Abschiebungshindernisse vor – die Betroffenen bleiben zwar weiter ausreisepflichtig, doch ihre Abschiebung ist bis zum Wegfall des Hindernisses ausgesetzt. Insgesamt steigt die Zahl der Abschiebungen und freiwilligen Ausreisen aber natürlich deutlich an.

Ich hoffe, dass ich Ihnen damit weiterhelfen konnte.

Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber