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Frage von Andrew P. •

Frage an Ulrich Kelber von Andrew P. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Kelber!

Ich bin Jahrgang 1961. Die SPD Willi Brandts ist mir in wohltuender Erinnerung. Soziale Gerechtigkeit und Innere Sicherheit sind mir bspw. sehr wichtig.

Aber die Verhaltensweise der "veröffentlichten Meinung" und der sogen. politischen Klasse (CDU/CSU, FDP, SPD, Grüne) in den letzten drei bis vier Jahren zum gesamten Thema Finanzkrise und insbesondere Griechenlandrettung ist für mich noch nicht einmal im Ansatz nachvollziehbar. Trotz eines gewissen vorhandenen Denkpotentials und politischen Interesses.

Eine Überschrift der letzten 2-3 Tage lautete: Deutschland bindet sich an einem Leichnam. Und genau diese unumkehrbare Abhängigkeit in die das derz. Parlament uns bringt, kann doch m. E. nicht zum Zusammenwachsen von Europa, sondern nur Vorbehalten und Separierungstendenzen und Schlimmeren führen. Nun meine Fragen:

Glauben Sie ernsthaft die Wähler (egal welchen europ. Landes) glauben die hanebüchenen Windungen der Politiker mit dem immergleichen Schluß: OK, alternativlos, wir stimmen der nächsten Zahlung zu? Ist das ernsthaftes Vertreten von Interessen der eigenen Bevölkerung gegenüber bzw. der Erhaltung des Gemeinwohls und d. Handlungsfähigkeit?

Wurde das Verantwortungsprinzip völlig aufgegeben?: Das wirtschaftliche Handeln des Einzelnen kann ihm Gewinn einbringen ABER auch Verlust. Warum sollte ein Einzelner dann noch Leistung erbringen, wenn Gewinn/Verlust/angemessenes Einkommen von Willkür bestimmt wird?

Ich versichere Ihnen, dass ich keiner Partei/Interessengruppe o. ä. angehöre. Ich bin auch kein Journalist. Ein ganz (normaler) arbeitender und steuerzahlender Bürger.

Eine letzte Anmerkung sei mir gestattet, die mir sehr große Sorge bereitet: Meine Selbstbeobachtung brachte zutage, dass ich, aufgrund der Ohnmacht, nach Parteien als Wahlalternativen umsehe, die ich vor wenigen Monaten noch als undenkbar, mit großer Entrüstung, abgetan hätte. Ist das nicht traurig.

Antwort erbeten.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Paul,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Griechenlandhilfspaket, dass am 30.11.2012 im Bundestag abgestimmt wird.

Ich verstehe sehr gut, dass viele Menschen in Deutschland verunsichert und verärgert sind, angesichts der Ausmaße, die diese Finanzkrise angenommen hat und der Tatsache, dass die Bundeskanzlerin immer Dinge für "alternativlos" erklärt, um dann zwei Wochen später das Gegenteil zu tun oder zu erklären. Angefangen hat das alles mit Merkels "Kein Cent für Griechenland", wo die SPD sich öffentlich dafür kritisieren lassen musste, dass wir das damals schon als Unwahrheit bezeichnet hatten.

Die Tatsache, dass die SPD bisher allen Rettungspaketen und -schirmen zugestimmt hat, bedeutet aber keinesfalls, dass wir die Politik der Kanzlerin für gut und richtig oder gar alternativlos empfinden, im Gegenteil. Wir finden es grundfalsch, dass die Kanzlerin nach wie vor versucht, den Menschen in Deutschland vorzumachen, dass uns die ganze Euro-Rettung nichts kostet und nur alles auf ihr Kommando hören muss und alles wird gut.

Frau Merkel manövriert in dieser Finanzkrise ohne Konzept und ohne Plan und reagiert stets nur auf das jeweils aktuellste Problem. Das wird uns auf Dauer mehr Geld kosten als nötig. Frau Merkel hat mit ihrer reinen Sparpolitik die Krise erst eskalieren lassen, was die Menschen in den Krisenländern, aber jetzt eben auch uns teuer zu stehen kommt.

Trotzdem können wir nicht Griechenland, Spanien oder andere EU-Länder für den mangelnden Gestaltungswillen von Frau Merkel büßen lassen und darum stimmen wir Sozialdemokraten mal mehr mal weniger grummelnd für die stets zu kleinen Schritte der Bundesregierung, um die Auszahlung von Renten und ein funktionierendes Gesundheitssystem in ganz Europa zu gewährleisten. Griechenland ist kein Leichnam, sondern ein Land mit knapp 10 Millionen Einwohnern, die genau wie Sie und ich Europäer sind, die in ihrer großen Mehrheit genau wie Sie und ich arbeiten gehen und Steuern bezahlen. Griechenland in die Pleite zu schicken und aus dem Euro zu werfen würde uns bedeutend mehr Geld kosten, als dies umgekehrt der Fall, deshalb ist es auch für das deutsche Gemeinwohl und unsere Handlungsfähigkeit wichtig, hier zu helfen und zu unterstützen. Das ist keine Willkür sondern gesunder Menschenverstand und wirtschaftliche Vernunft.

Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber