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Udo Bullmann
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Frage von Stefan M. •

Frage an Udo Bullmann von Stefan M. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Bullmann,

wie ein vor kurzem gesendeter TV Bericht zeigt, scheint der Missbrauch der Tagegeldregelung durch Mitglieder des Europaparlaments immer noch weit verbreitet zu sein.

-Können Sie aus eigener Erfahrung sagen, wie hoch der Anteil der Abgordneten ist, die ein derartiges Verhalten an den Tag legen? D.h. wie hoch ist der Anteil der Abgeordneten, die an einem beliebigen Freitag tatsächlich an einer Sitzung teilnehmen, im Verhältnis zu der Anzahl der in den Teilnahmelisten eingetragenen Abgeordneten?

-Warum wird ein solches Verhalten der ungerechtfertigten Bereicherung vom Rest der Parlamentarier/dem Parlamentspräsidenten hingenommen und nicht öffentlich gemacht, verurteilt oder gar geächtet.

-Wie schätzen Sie persönlich ein solches Verhalten ein? Sind hier nicht ggf sogar Straftatbestände wie Untreue oder Betrug erfüllt?

Mit freundlichen Grüssen
(Ihr ehemaliger Student)
Stefan Mittler
35440 Linden

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Mittler,

ich bedanke mich für Ihre Anfrage. Es ist generell zu begrüßen, wenn es eine kritische Auseinandersetzung mit europäischen Themen gibt. In der von Ihnen angesprochenen Angelegenheit gilt es zunächst festzustellen, dass es sich bei den Tagegeldern für die Europaabgeordneten nicht um Sitzungsgelder handelt. Das heißt, die Gelder werden nicht für die Teilnahme an bestimmten Sitzungen gezahlt, sondern sind eine Aufwandsentschädigung für die Mandatsausübung an den Sitzungsorten des Europäischen Parlaments (Brüssel und Straßburg). Für Abgeordnete gilt ein Werbungskostenverbot. Sie können daher zusätzliche Kosten (etwa für mehrfache Haushaltsführung) nicht steuerlich geltend machen. Durch die Tagegelder sollen diese Kosten beglichen werden.

Ein Abgeordneter, der freitags in Brüssel oder Straßburg Besuchergruppen umfassend informiert, Vorlagen im Büro bearbeitet oder sich mit Interessenvertretern trifft, hat nach den Regeln des Parlaments Anspruch auf Tagegeld. Voraussetzung ist, dass der vorangegangene Donnerstag bereits ein Arbeitstag an einem der Sitzungsorte des Parlaments war. Zum Nachweis tragen sich die Abgeordneten in das Zentralregister des Parlaments beziehungsweise das Register der Plenartagungen, Ausschusssitzungen oder Fraktionssitzungen ein.

Ich bitte um Verständnis, dass es mir bei 784 Kollegen im Europäischen Parlament nicht möglich ist, zu überprüfen, wer sich wann in das Zentralregister einträgt und welche Tätigkeiten und Arbeiten anschließend ausgeübt werden. Die Einhaltung der geltenden Regeln obliegt der Parlamentsverwaltung, die irrtümlich oder nicht regelgerecht vorgenommene Zahlungen zurückfordert.

Die deutschen Europaabgeordneten haben zudem unter bewusster Einschränkung der Parlamentsregelung bereits in der vergangenen Legislaturperiode vereinbart, für Freitage, an denen in Brüssel oder Straßburg gearbeitet wird, jeweils nur ein halbes Tagegeld in Anspruch zu nehmen.

Ich hoffe, diese Informationen tragen zur Klärung bei. Sollten Sie noch weitere Fragen haben, können Sie sich selbstverständlich gerne erneut an mich wenden.

Mit freundlichen Grüßen nach Linden
Udo Bullmann

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