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Torsten Koplin
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Frage von Karsten D. •

Frage an Torsten Koplin von Karsten D. bezüglich Deutsche Einheit / Innerdeutsche Beziehungen (bis 1990)

Hallo Torsten Koplin,
Der Ostteil Deutschlands wird wirschaftlich auch nach 15 Jahren wie ein ungewolltes Stiefkind von der Bundesrepublik behandelt.
Wie sehen Sie die Möglichkeiten, Ost- und Altdeutschland aus wirtschaftlicher Sicht zur Einheit zu führen?
Oder ist eine weitestgehende wirtschaftliche Einheit (Export von "blühenden Landschaften") in Zeiten der Globalisierung bereits nicht mehr möglich?
Welche Zukunft hat Mecklenburg-Vorpommern?

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Lieber Karsten Dörre,

in der Tat ist der Osten Deutschlands in den vergangenen Jahren trotz anderslautender Bekundungen stiefmütterlich behandelt worde. Selbst Alt-Bundeskanzler Kohl beklagt rückblickend, dass Unternehmen aus den alten Ländern die neuen lediglich als Absatzmarkt und nicht als Produktionsstandort behandelt haben.
Auch die noch im Amt befindliche Bundesregierung hat vollmundig von Ostdeutschland als "Chef-Sache" gesprochen, es aber nie zur Herzenssache gemacht. Das Kapital hingegen hat sich nur allzu logisch verhalten, ihm geht es vor allem um Verwertungsbedingungen und Profit.
Eine soziale und wirtschaftliche Einheit der BRD setzt den politischen Willen und den Primat der Politik gegenüber der Wirtschaft voraus. Im Übrigen bedeutet dies nichts anderes als den Verfassungsgrundsatz "Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse" [Grundgesetz Artikel 72 (2) ] umzusetzen. Dazu ist ein gezieltes Investitionsprogramm für schwach entwickelte Regionen notwendig. Die Zuteilung staatlicher Fördermittel (also die Verwendung unserer Steuergelder !) muß einhergehen mit der Pflicht der Unternehmen zur Schaffung existenzsichernder Arbeitsplätze. Nebenbei: Das wäre eine bessere Variante des Prinzips "Fördern und fordern" als es gegenwärtig als Zwangsmittel gegenüber Hartz-IV-Opfern praktiziert wird.
Die neuen und die alten Bundesländer zu einer wirtschaftlichen Einheit zu führen, bedeutet nicht allein in Ostdeutschland zu investieren, sondern benachteiligte Regionen, die es auch in Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen gibt, gleichberechtigt zu bedenken.
MV leidet in besonderem Maße an einer Strukturschwäche. Unternehmen - und keineswegs allein die als nicht konkurrenzfähig geltenden - wurden anfangs der 90er Jahre flächendeckend platt gemacht. Kluge Köpfe an Fach- und Hochschulen wurden in die Würde geschickt. Insofern ist die Schwäche Mecklenburg-Vorpommerns ein bewußt herbeigeführtes Ergebnis einer verfehlten Politik. Gleichwohl ist MV nicht ohne Potentiale. Die maritime Wirtschaft ist wieder im Kommen. Die gewerbliche Wirtschaft ist 2004 um 9,4% (somit überdurchschnittlich) gewchsen. Tourismus, Ernährunsgbranche und Gesundheitswirtschaft sind wichtige Standbeine. In der Bio-Technologie sehe ich eine Wachstumsbranche. Hier wurden in den letzten Jahren mehr als 1700 Arbeitsplätze geschaffen worden.
Grundsätzlich gilt: Voraussetzung für die soziale und wirtschaftliche Einheit und ein Erstarken Mecklenburg-Vorpommerns ist eine andere Steuerpolitik sowie Umverteilung von Arbeit und die Erfüllung eines Mindestlohns.

Mit freundlichen Grüßen

Torsten Koplin

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