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Tom Koenigs
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Frage von Hape E. •

Frage an Tom Koenigs von Hape E. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Koenigs,

vielen Dank, dass Sie kürzlich in den Iran gereist sind und die dortigen Behörden um einen Gefangenenbesuch bei Pastor Nadarkhani sowie anderen politischen Gefangenen ersucht haben.

Ich blogge seit einiger Zeit über das Schicksal von Herrn Nadarkhani http://bei-gott-ist-alles-moeglich.blogspot.com/p/freiheit-fur-pastor-josef-im-iran.html und habe beispielsweise im Umfeld der iranischen Botschaft in der Berliner Podbielskiallee lokale Anzeigen auf Google gesponsort, in denen die Freilassung des Pastors gefordert wird http://bei-gott-ist-alles-moeglich.blogspot.com/2011/11/online-plakatierung-der-iranischen.html.

Wie sehen Sie eine solche Art der Öffentlichkeit?

Öffentlichkeit ist einerseits wichtig, um die Verantwortlichen im Iran und anderen Diktaturen zur Mäßigung zu motivieren (namenlose unbekannte Gefangene werden wahrscheinlich sehr schnell und ohne mit der Wimper zu zucken exekutiert).

Andererseits kann ich mir auch vorstellen, dass Verantwortliche in einer Diktatur auf die Idee kommen könnten, gezielt politisch engagierte Menschen/Christen zu inhaftieren und mit dem Tod zu bedrohen und diese dann, wenn die Weltöffentlichkeit protestiert hat und die Gefangenen einen gewissen Prominentenstatus in der Weltöffentlichkeit haben, teuer über diplomatische Kanäle oder Geheimdienste freikaufen zu lassen.

Glauben Sie, dass Verantwortliche in Diktaturen gezielt Menschen mit Promipotential inhaftieren, zum Tode verurteilen, um sie dann teuer freikaufen zu lassen?

Was bedeutet das für Menschen, die auf die öffentliche Meinung hinsichtlich der Achtung von Menschenrechten Einfluss nehmen wollen.

Ich würde mich sehr freuen zu erfahren, wie Sie das vor Ihrem Erfahrungshintergrund sehen.

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Peter Etzold

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Herr Etzhold,

vielen Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an der menschenrechtlichen Situation im Iran.

Meiner Pressemitteilung vom 30. März 2012 ( http://www.tomkoenigs.de/cms/default/dok/407/407441.kein_todesurteil_fuer_den_iranischen_pas-print~1.html ) können Sie entnehmen, dass nach Angaben des iranischen Botschafters Ali Reza Sheikh Attar der Pastor Youcef Nadarkhani weder zum Tode verurteilt, noch von der Todesstrafe bedroht ist. Nadarkhani werde vorgeworfen, eine Hauskirche gegründet zu haben, die von den Behörden nicht genehmigt worden sei. Außerdem hätten sich Nachbarn über Nadarkhani beschwert.

Ich werde das Verfahren gegen Youcef Nadarkhani weiterhin aufmerksam verfolgen und hoffe sehr, dass er bald freigelassen wird. Das Menschenrecht auf Religionsfreiheit ist in der iranischen Verfassung garantiert. Sie bedeutet, dass jeder Mensch das Recht hat, seine Religion zu wechseln und seine Überzeugung allein oder in der Gemeinschaft auszuüben.

Menschenrechtspolitik stellt sich immer auf die Seite der Einzelnen, Schwachen, Bedrohten und Opfer. Internationale Aufmerksamkeit bietet Schutz für Menschenrechtsaktivisten und Opfer von Menschenrechtsverletzungen. Die Aktivitäten und Handlungen sollten hierbei immer auf fundierten und glaubwürdigen Informationen beruhen. Insbesondere Inhaftierte empfinden die internationale Unterstützung häufig als Hilfe und Ermutigung. Wir hören von Ihnen, dass diese Öffentlichkeit sie im Gefängnis gestärkt und ihnen Kraft gegeben hat, der Verfolgung zu widerstehen.

Daher setze ich mich unter anderem für die Freilassung des international anerkannten iranischen Menschenrechtsverteidigers Abdolfattah Soltani ein. Soltani engagiert sich seit Jahren unter schwierigsten Bedingungen und hohem persönlichen Risiko für Menschenrechtsaktivisten im Iran ein. 2003 gründete er gemeinsam mit Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi das Zentrum für Menschenrechtsverteidiger im Iran. Dafür erhielt er 2009 den Nürnberger Menschenrechtspreis. Am 4. März 2012 wurde er zu 18 Jahre Haft und zu 20 Jahren Berufsverbot verurteilt. Dieses Urteil ist rein politisch motiviert, denn durch die Verurteilung sollen auch andere Menschenrechtsverteidiger eingeschüchtert werden. Der politische Charakter der Verurteilung zeigt sich auch in der Erwähnung des Nürnberger Menschenrechtspreises im Urteilsspruch. Nicht nur Soltani wird verurteilt, sondern auch die Stadt Nürnberg, die ihn mit diesem Preis ausgezeichnet hat und wir alle, die ihm zu diesem Preis gratuliert haben.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Antwort helfen konnte.

Ihr Tom Koenigs