Timon Gremmels
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Frage von Wolf W. •

Hallo Herr Gremmels, wieviel Long-Covid-Erkrankte erwarten Sie (die SPD) in den Jahren 2022 & 2023? Schätzungen sollten dem BMG ja vorliegen, da dieser Punkt auch Teil der IfSG Verhandlungsmasse war.

Timon Gremmels
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr W.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Eine Corona-Infektion kann sowohl nach einer schweren als auch nach einer milden COVID -19 Erkrankung oder unbemerkten Infektion längerfristige gesundheitliche Folgen haben.

Studien vermuten, dass Langzeitfolgen nach einer Corona-Infektion häufiger und länger auftreten als beispielsweise nach einer Influenza-Infektion. Das Coronavirus gilt als Multiorganvirus, das neben der Lunge auch in zahlreichen anderen Organen auftritt, etwa in Niere, Herz, Leber oder Gehirn.

Man spricht von Long-COVID, wenn die Symptome nach einer Infektion oder Erkrankung auch nach mehr als vier Wochen noch nicht abgeklungen sind.

Bei einem Post-COVID-19-Syndrom bestehen mehr als zwölf Wochen nach der Infektion oder Erkrankung noch immer anderweitig nicht erklärbare Symptome oder es treten neue auf.

Im Oktober 2021 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine erste Fallbeschreibung von Langzeitfolgen einer COVID-19-Erkrankung (Post-COVID-19) veröffentlicht. Zudem haben 16 medizinische Fachgesellschaften unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP) eine Leitlinie zu Long- und Post-COVID für medizinisches Fachpersonal erstellt. Laut Autorinnen und Autoren ist in diesem Zusammenhang noch vieles unbekannt.

Verlässliche repräsentative Daten zum Anteil der Erkrankten mit Langzeitfolgen liegen noch nicht vor. Bis zu 15 Prozent aller Erkrankten haben mit Long-COVID und zwei Prozent mit Post-COVID zu kämpfen, schätzt die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP).

Erkenntnisse legen nahe, dass Impfung auch vor Langzeitfolgen von COVID 19 schützt. Die im Faltblatt "The Lancet Infectious Diseases" erschienene "Zoe COVID Study" legt nahe, dass vollständig Geimpfte nicht nur vor schweren Krankheitsverläufen, sondern im Fall einer Infektion nach Impfung auch vor Langzeitfolgen einer COVID-19-Infektion geschützt sind.

Laut einer 15 Studien zusammenfassenden Metastudie der britischen Gesundheitsbehörde UK Health Security Agency ist die Wahrscheinlichkeit nach einer Coronavirus-Infektion an Long-COVID zu erkranken bei geimpften Personen geringer als bei ungeimpften. Dies gelte auch noch sechs Monate nach der Impfung. Zudem hätten sich Hinweise darauf ergeben, dass auch ungeimpfte Personen von einer Impfung profitierten, die in Folge einer Infektion unter Long-COVID litten und sich erst nachträglich impfen ließen: im Durchschnitt wiesen sie geringere und weniger starke Long-COVID-Symptome auf als diejenigen, die ungeimpft blieben.

Im Koalitionsvertrag zwischen SPD, BÜNDNIS 90 / Die GRÜNEN und FDP ist vereinbart, "zur weiteren Erforschung und Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung rund um die Langzeitfolgen von COVID 19 sowie für das Chronische Fatigue -Syndrom (ME/CFS) ein deutschlandweites Netzwerk von Kompetenzzentren und interdisziplinären Ambulanzen" zu schaffen.

Aktuell werden im Bundesministerium für Gesundheit (BMG) Strukturen aufgebaut, die es ermöglichen, das dynamische Geschehen rund um Long-COVID noch besser zu analysieren und die notwendigen Maßnahmen einschließlich Umsetzung des Koalitionsvertrages zu koordinieren.

Um das Wissen, die Sichtbarkeit und den Umgang mit der Erkrankung zu verbessern, hat das BMG bereits im Februar 2021 das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) als unabhängige Institution beauftragt, den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand aufzuarbeiten. Die Ergebnisse sollen daraufhin in Form eines wissenschaftlichen Berichts veröffentlicht werden und in eine Gesundheitsinformation zu ME/CFS münden, die auf der Webseite www.gesundheitsinformation.de veröffentlicht wird. Das Projekt ist am 21. März 2021 gestartet, die Ergebnisse sollen bis zum 30. Juni vorgelegt werden.

Mit vielfältigen Maßnahmen trägt das Bundesforschungsministerium dazu bei Wissenslücken zu Long- und Post-COVID zu schließen. Das BMBF fördert seit Mai 2021 zehn Forschungsverbünde, die diese Wissenslücken schließen sollen. Für die Förderung stellt das BMBF 6,5 Millionen Euro bereit. Erste Ergebnisse aus den Projekten könnten Ende 2022 vorliegen.

Das BMBF fördert zwischen 2021 und 2024 zehn Forschungsverbünde, die Spätfolgen von COVID-19 erforschen. Das Forschungsprojekt "reCOVer" wird vom 1.3.2022 bis 31.8.2023 mit 1,2 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) als eines von zehn Verbundvorhaben im Rahmen der BMBF-Richtlinie "Förderung von Forschungsvorhaben zu Spätsymptomen von COVID 19" gefördert.

Long-COVID war nicht Teil der Verhandlungen zum Infektionsschutzgesetz (IfSG) und zu vermuteten Long-COVID-Fällen in diesem und dem nächsten Jahr gibt es keine verlässlichen Schätzungen.

Mit freundlichen Grüßen,

Timon Gremmels MdB