Wie stehen Sie zur Chatkontrolle?
Sehr geehrter Herr Klüssendorf,
mit großer Besorgnis nehme ich vermehrt wahr, dass in der EU positiv für die sogenannte Chatkontrolle diskutiert wird.
Ich möchte Sie bitten das nicht zu unterstützen. Mit einer Einführung dieser Kontrolle würden Grundrechte bzgl. Recht auf Vertraulichkeit und informationelle Selbstbestimmung massiv verletzt werden. Ich bin davon überzeugt, dass das massiven Einfluss auf alle privaten Online-Kommunikationen hätte und unabsehbaren Schaden anrichten würde.
Es würde mich zutiefst erschüttern, wenn Sie dieses Ansinnen unterstützten!
Gruß
Thomas B., Lübeck
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Seit drei Jahren wird auf europäischer Ebene über das Vorhaben der EU-Kommission zur Bekämpfung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder im digitalen Raum verhandelt. Der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, Anbieter digitaler Dienste zu verpflichten, Kommunikationsinhalte – auch in verschlüsselter Kommunikation – auf Darstellungen sexualisierter Gewalt an Kindern zu überprüfen, bei Verdacht zu melden und entsprechende Inhalte zu entfernen.
Der Entwurf der dänischen Ratspräsidentschaft hält daran fest, anlasslose Scans von privaten Kommunikationsinhalten zu ermöglichen und eine wirksame Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aufzubrechen. Daher ist dieser Entwurf aus unserer Sicht nicht zustimmungsfähig. Wir lehnen die Überwachung privater Chats ohne konkreten Verdacht entschieden ab. Statt solche pauschalen Überwachungen einzuführen, müssen zielführendere Wege gefunden werden, um Straftaten wirksam zu verfolgen – ohne dabei alle Nutzerinnen und Nutzer unter Generalverdacht zu stellen.
Es ist gut, dass sich die Union endlich den Bedenken anschließt, die wir und unsere Justizministerin Stefanie Hubig von Anfang an hatten. Für uns bleibt der Koalitionsvertrag maßgeblich. Dort haben wir vereinbart, die Vertraulichkeit privater Kommunikation im Netz zu schützen. Die Bundesregierung wird auf europäischer Ebene auf dieser Grundlage verhandeln.
Anlasslose Kommunikationsüberwachung muss in einem Rechtsstaat tabu sein. Der Staat darf Messenger auch nicht dazu zwingen, Nachrichten vor Versendung massenhaft mitzulesen. Solchen Vorschlägen wird Deutschland auf EU-Ebene nicht zustimmen.
Wir unterstützen das Anliegen, Missbrauchsdarstellungen wirksam zu bekämpfen – eine klare Rechtsgrundlage und ein koordiniertes europäisches Vorgehen sind dafür unabdingbar. Besonders sensibel ist der Teil des Vorschlags, der sich nicht nur auf öffentliche Plattformen, sondern auch auf private digitale Kommunikation bezieht – etwa Messenger oder E-Mail. Für uns ist klar: Der Schutz der Vertraulichkeit der Kommunikationsinhalte ist ein hohes Gut.
Ich wünsche Ihnen alles Gute!
Beste Grüße
Tim Klüssendorf


