Wieso werden die Finanzierungsprobleme der gesetzl. Rentenversicherung durch die in diesem Herbst geplanten Gesetzesvorhaben verschärft ohne gleichzeitige Reform, die auch Aktive schützt?
Sehr geehrter Herr Frei, wieso werden die Strukturprobleme der gesetzl. Rentenversicherung durch die in diesem Herbst geplanten Gesetzesvorhaben (Festschreibung des Rentenniveaus, Ausweitung der "Mütterrente") massiv zulasten der mittleren/jüngeren Generation verschärft, ohne dass gleichzeitig eine Reform zur generationengerechten Ausgestaltung des Rentensystems und zum Schutz der Aktiven bzw. Steuerzahler/Steuerzahlerinnen beschlossen wird?
Quellen:
- statt vieler: https://www.ifo.de/pressemitteilung/2025-08-01/ohne-rentenreform-drohen-steigende-beitraege
- auch statt vieler: https://www.evangelisch.de/inhalte/246272/06-08-2025/muetterrente-und-haltelinie-kabinett-schiebt-rentenplaene

Sehr geehrte Frau I.,
unser Rentensystem ist aufgrund der demografischen Entwicklungen unter enormen Druck. Unser Ziel ist es, das Rentensystem so weiterzuentwickeln, dass sich die Menschen auch zukünftig auf ihre Rente als primäre Säule der Altersvorsorge verlassen können. Klar ist dabei aber, dass die Interessen der Versicherten je nach Alter und Lebensphase sehr unterschiedlich gelagert sind. Mir persönlich ist dabei der auch von Ihnen beschriebene Aspekt der Generationengerechtigkeit sehr wichtig. Am Ende werden wir allen Menschen etwas abverlangen müssen. Schließlich funktioniert das umlagebasierte Rentensystem noch immer nach den gleichen Mechanismen wie zu Zeiten Bismarcks, obwohl die Menschen etwa doppelt so lange Rente beziehen, während umgekehrt heute nur noch zwei Arbeitnehmer eine Rente erwirtschaften müssen und nicht mehr sechs wie in den 1950er Jahren.
Mit dem aktuellen Rentenpaket lösen wir ein Grundversprechen unserer Gesellschaft ein: Wer sein Leben lang hart gearbeitet hat, soll später gut abgesichert sein. Denn für die meisten Menschen in Deutschland ist die gesetzliche Rente die wichtigste Einkommensquelle im Alter. Ob in der Pflege, im Handwerk oder im Einzelhandel in allen Branchen sind Beschäftigte
auf sie angewiesen. Mit dem Rentenpaket 2025 wird festgelegt, dass bis zum Jahr 2031 das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent sinken darf. Das stellen wir bei der jährlichen Rentenanpassung sicher. Diese Maßnahme ist gerade jetzt notwendig, denn ohne sie würde das Rentenniveau bald die Marke von 48 Prozent unterschreiten und das Niveau damit absinken.
Das Rentenpaket 2025 sichert aber nicht nur die Rente von Millionen Menschen ab schließt es auch eine Gerechtigkeitslücke. Denn für Kinder, die vor 1992 geboren worden sind, wurden bisher nur zweieinhalb Erziehungsjahre anerkannt, während es bei später geborenen Kindern drei Jahre sind. Diese Ungleichbehandlung soll beendet werden, so dass Erziehungszeiten für die ersten drei Lebensjahre aller Kinder rentenrechtlich gleichgestellt werden denn die Betreuung von Kindern ist ein gesellschaftlicher Mehrwert, unabhängig vom Geburtsjahr. Rund 10 Millionen Menschen, vor allem Frauen, werden davon profitieren.
Bei alledem ist uns bewusst: Um langfristig zukunftsfest aufgestellt zu sein, brauchen wir in der Rentenpolitik ein Gesamtkonzept. Deswegen wurde bereits eine Rentenkommission eingesetzt, die Vorschläge zur langfristigen Stabilität und Verlässlichkeit der Rentenversicherung erarbeitet. Neben dem im Kabinett beschlossenen Rentenpaket 2025 und der Arbeit der Rentenkommission haben wir weitere konkrete Maßnahmen vereinbart, die alle drei Säulen gesetzliche Rente, Betriebsrente und private Altersvorsorge stärken:
Wir werden durch die Ausweitung des Sozialpartnermodells und steuerliche Anreize die betriebliche Altersversorgung verbessern und mehr Beschäftigten zugänglich machen. Mit der Aktiv-Rente soll sich freiwillige Weiterarbeit nach dem Renteneintrittsalter in Zukunft noch mehr lohnen. Deshalb werden wir steuerliche Anreize schaffen, damit mehr Rentnerinnen und Rentner ihre Erfahrung und ihr Know-How weiter am Arbeitsmarkt einbringen. Außerdem führen wir eine Frühstart-Rente ein. Dabei zahlt der Staat pro Kind jeden Monat 10 Euro in ein Depot und legt so den Grundstein für private Vorsorge bereits im Kindesalter. Mit diesen Maßnahmen unterstreichen wir, dass wir in der Rentenpolitik ambitioniert denken und das mit konkreten Vorhaben untermauern.
Am Ende des Tages erfordert die Größe der Herausforderung Vielschichtigkeit und auch die Bereitschaft völlig neue Wege zu gehen. Wir sind dazu bereit, da eine funktionierende und verlässliche Rente entscheidend für den sozialen Zusammenhalt ist.
Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Frei