Wie wird der Verteidigungsfall festgestellt, wenn sich keine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag findet?
Sehr geehrter Herr Röwekamp,
gem. Art.115a GG erfolgt die Feststellung des Verteidigungsfalles durch eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag. Aktuell bedürfte es dazu der Zustimmung entweder DER LINKEN oder der AFD.
Gerade die AFD hat, euphemistisch ausgedrückt, ein eher unkritisches Verhältnis zur aktuellen Russischen Regierung. Auch ist nicht auszuschließen, das einzelne Abgeordnete der anderen Parteien aufgrund persönlicher Verstrickungen oder gezielter Desinformationskampagnen gegen die Feststellung stimmen.
Gibt es Pläne, den Artikel 115 entsprechend zu ändern? Oder gibt es Möglichkeiten, den Verteidigungsfall festzustellen, obwohl der Bundestag nicht mit der notwendigen Mehrheit zugestimmt hat? Es ist ja leider absehbar, das sich die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag in Zukunft nicht einfacher gestalten werden.
Vorab vielen Dank!
Sehr geehrter Herr W.
vielen Dank für Ihre aufmerksame und sehr relevante Frage zum Verfahren der Feststellung des Verteidigungsfalls nach Artikel 115a Grundgesetz.
Tatsächlich sieht das Grundgesetz vor, dass der Verteidigungsfall vom Bundestag mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit festgestellt werden muss – und zwar auf Antrag der Bundesregierung und mit Zustimmung des Bundesrats. Damit wurde bewusst eine hohe Hürde gesetzt, um einen solchen Ausnahmezustand nur in tatsächlichen Notlagen und mit breiter demokratischer Legitimation ausrufen zu können.
Sollte der Bundestag jedoch wegen einer kurzfristigen Blockade oder beispielsweise wegen Desinformation einzelner Abgeordneter nicht entscheidungsfähig sein, hält das Grundgesetz in Artikel 115a Absatz 4 eine klare Regelung bereit: Wird Deutschland ohne vorherige Feststellung des Verteidigungsfalls von außen angegriffen, gelten die Regelungen des Verteidigungsfalls automatisch. In einem solchen Fall sind die verfassungsrechtlichen Schutzmechanismen also weiterhin gewährleistet – auch ohne explizite Zustimmung des Bundestags in diesem Moment.
Aktuell gibt es keine konkreten Pläne, das Verfahren zur Feststellung des Verteidigungsfalls zu ändern. Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass wir sowohl die Wehrhaftigkeit unseres Staates als auch den demokratischen Konsens hochhalten. Deshalb ist die politische und verfassungsrechtliche Stabilität der Bundesrepublik auch im Bündnisfall gesichert.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Thomas Röwekamp

