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Thomas Jarzombek
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Frage von Jorge N. •

Frage an Thomas Jarzombek von Jorge N. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Jarzombek,

ich möchte Sie auf diesem Wege dazu auffordern, die weltweit diskutierte Idee der "Robin Hood- Steuer" zu unterstützen.

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Auszug aus der Homepage: http://www.robinhoodsteuer.de

Die Robin-Hood-Steuer ist eine kleine Steuer auf Finanztransaktionen. Dadurch würden Finanzgeschäfte in allen Bereichen, in denen spekuliert wird, besteuert, zum Beispiel der Handel mit Aktien, Währungen, Rohstoffen, Derivaten und vielem mehr.

Selbst bei einem niedrigen Durchschnittssteuersatz von 0,05% auf spekulative Finanztransaktionen könnten jedes Jahr Hunderte Milliarden von Dollar eingenommen werden – Geld, das hier und weltweit für den Kampf gegen Armut und für Klimaschutz eingesetzt werden könnte.

Die Steuer ist keine verrückte Idee. Sie ist genau das Gegenteil: Diese Steuer gegen Armut ist eine einfache, brillante Idee, die parteiübergreifend Zuspruch findet und mit Deiner Unterstützung Wirklichkeit werden kann.

Auch Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzlerin Angela Merkel haben sich für eine Unterstützung der Finanztransaktionssteuer ausgesprochen. Andere Staats- und Regierungschefs, wie der britische Premierminister Gordon Brown und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy, sind ebenfalls dafür.

Viele Größen der Wirtschafts- und Finanzwelt sind ebenfalls auf der Seite von Robin Hood. Bei einer Befragung von 400 deutschen Führungskräften durch das „manager magazin“ sprachen sich 58 % für eine Finanztransaktionssteuer aus.
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Über eine Darstellung Ihrer Position zu dieser Idee würde ich mich sehr freuen. Auch eine Einschätzung Ihrerseits wie der NRW- Landtag in seiner Gänze dazu steht würde mich sehr interessieren.

Hochachtungsvoll
Jorge G. A. Nogueira

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Nogueira,

zunächst möchte ich mich bei Ihnen für Ihr soziales Engagement bezüglich einer gerechteren Verteilung der finanziellen Ressourcen bedanken.

Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer (Börsenumsatzsteuer), oder wie im übertragenen Sinn einer „Robin-Hood-Steuer“, wird vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise national wie auch international aktuell diskutiert. In Deutschland wurde die Börsenumsatzsteuer 1991 abgeschafft. Gegenwärtig sind Umsätze mit Aktien und Derivaten innerhalb der EU weitgehend frei von einer Besteuerung.

Die G20 Staats- und Regierungschefs haben auf ihrem Gipfel in Pittsburgh Ende September 2009 – auch auf deutsche Initiative – den Internationalen Währungsfonds beauftragt, einen Bericht zur Einführung einer internationalen Finanztransaktionssteuer zu erarbeiten, der bis zum nächsten Gipfel der G20 Staats- und Regierungschefs im Juni 2010 fertig gestellt werden sollte. Der Europäische Rat hat unterstrichen, dass sich diese Prüfung auf alle möglichen Optionen erstrecken soll, darunter auch eine internationale Finanztransaktionssteuer oder Versicherungslösungen. Die Finanztransaktionsteuer ist also nur eine von mehreren Möglichkeiten, um den Finanzsektor an den Kosten der Finanzkrise angemessen zu beteiligen.

Eine Finanztransaktionssteuer darf nicht dazu führen, dass die Investition Privater in Aktien geschwächt wird. Zu wichtig ist die private Altersvorsorge auch über den Kapitalmarkt. Allerdings, und das ist festzuhalten, sind Steuersätze zwischen 0,01 bis 0,05 Prozent in der Diskussion. Damit wären Privatanleger bei ihren Investitionen im geringen Maße betroffen, zumal es hier sicher Ausnahmen etwa für staatlich geförderte Altersvorsorgemaßnahmen geben müsste. Zugleich muss sichergestellt werden, dass die Steuer von den Banken nicht auf ihre Kunden überwälzt werden kann. Wie dies sicherzustellen ist, wird derzeit ebenso geprüft.

Eine isolierte nationale Wiedereinführung der Börsenumsatzsteuer oder einer Finanztransaktionssteuer wäre auch standortschädlich für Deutschland. Der Anreiz für einen Investor, aus dieser Steuer auszuscheren und auf einen "freien Kapitalmarkt" auszuweichen, der entsprechend höhere Gewinne ermöglicht, ist hoch. Dieses läuft den Bestrebungen der Bundesregierung, den deutschen Finanzmarkt im internationalen Wettbewerb zu stärken, diametral entgegen. Bei einer umfassenden Besteuerung von Finanztransaktionen in Deutschland ist mit einem erneuten Anstieg der Steuerflucht zu rechnen; ähnlich der Entwicklung, die bei der Einführung der Zinsabschlagssteuer zu beobachten war. Aus diesen Gründen ist eine Einführung einer Finanztransaktionssteuer nur international bzw. europäisch abgestimmt und einheitlich möglich und sinnvoll.

Auch Alternativen müssen gründlich geprüft werden. Dabei geht es zum einen um die Auswirkungen auf die Finanzmärkte und Volkswirtschaften. Zum anderen müssen wir aber auch die Belastungen des Finanzsektors im Blick haben, solange die Krise noch nicht vollständig überwunden ist. Optimal wäre sicherlich eine Lösung, die gleichzeitig einen Anreiz zur Verringerung hochriskanter Geschäfte gibt, aber andererseits einen spürbaren finanziellen Beitrag zur Bewältigung der Krisenkosten leistet.

Die von Ihnen erwähnte „Robin-Hood-Steuer“, bzw. Tobin-Steuer, ist ein Vorschlag des Nobelpreisträgers James Tobin und beinhaltet den Vorschlag einer Steuer auf Devisentransaktionen. Ziel von James Tobin war es, etwas Sand in das Getriebe internationaler Finanzmärkte zu streuen. Damit sollten spekulative Kapitalbewegungen eingedämmt und kurzfristige Devisentransaktionen unrentabel gemacht werden. Zudem sollte damit erreicht werden, Wechselkursschwankungen zu begrenzen, die nicht auf fundamentalen Wirtschaftsdaten basieren und damit im Ergebnis eine stärkere realwirtschaftliche Verankerung der Finanzmärkte erreicht werden.

In der wissenschaftlichen Diskussion wurde herausgearbeitet, dass die Einführung einer Tobinsteuer nur bei weltweiter Erhebung effektiv durchführbar sein kann. Gerade angesichts globaler Finanzmärkte würden ansonsten die Marktteilnehmer auf Finanzplätze ohne Tobinsteuer ausweichen. Im Ergebnis würde damit nichts weiter als eine Schwächung des inländischen Finanzmarktes einhergehen.

Zudem wäre zu erwarten, dass die Tobinsteuer durch Schaffung neuer Finanzinstrumente (z.B. durch Derivate) umgangen werden könnte und daher die Regulierung ständig versuchen müsste, den Neuerungen auf den Märkten durch enge Regulierung einzufangen. Des Weiteren wäre es nicht möglich, „schlechte“ von „guten“ Kapitalbewegungen zu unterscheiden. Denn es sollten nach Tobin nur die grenzüberschreitenden Transaktionen besteuert werden, die den Tausch von Devisen ohne realwirtschaftlichen Bezug betreffen. So sollten beispielsweise viele inländische Unternehmen, die ihren Warenexport mit einem entsprechenden Devisengegengeschäft absichern, von der Tobinsteuer befreit bleiben, da bei diesen Transaktionen das Währungsrisiko eliminiert werden soll. Schließlich kann die Tobinsteuer zur Einschränkung der Nutzung von Arbitragemöglichkeiten und damit zu Wohlfahrtsverlusten führen, sowie insgesamt Investitionen verteuern.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass eine „Robin-Hood-Steuer“, egal welchem guten Zweck die potenziellen Erlöse dienen sollen, im Zielkonflikt von Einnahmeerzielung und Lenkungsziel der Eindämmung spekulativer Devisentransaktionen steht: Je erfolgreicher die Devisenumsatzsteuer, desto weniger Steueraufkommen.

Wie eingangs erwähnt, wurde die Börsenumsatzsteuer zur Beseitigung des Wettbewerbsnachteils der deutschen Finanzmärkte bereits zum 1. Januar 1991 durch das Finanzmarktförderungsgesetz abgeschafft. Ihre Befürworter wollen mit der Steuer den kurzfristigen Handel mit Wertpapieren unattraktiv gestalten und langfristige Anlagestrategien fördern.

In elf EU-Ländern gibt es eine sog. „Transaction Tax“, deren Steuerhöhe zwischen 0,005 % und 1 % liegt. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass es in einem Großteil der Länder eine große Anzahl an Ausnahmeregelungen bei der Erhebung der Steuer gibt. Festzuhalten ist auch, dass kein europäischer Mitgliedstaat in den letzten 20 Jahren eine „Transaction Tax“ eingeführt hat. Selbst Länder, die die Steuer erheben, haben in den letzten Jahren Anpassungen vorgenommen. Der Trend sowohl in den EU-Mitgliedstaaten als auch international geht eindeutig in Richtung Abschaffung der Börsenumsatzsteuer.

Folgende Argumente sprechen gegen eine Wiedereinführung einer nationalen, allein auf Börsenumsätze bezogenen Börsenumsatzsteuer:

• die Steigerung der Kapitalproduktivität wird beeinträchtigt,
• die Attraktivität der Aktie als Kapitalanlage auch für private Kleinanleger könnte bei Einführung einer Börsenumsatzsteuer sinken, da die erzielbaren Renditen im Vergleich zu börsenumsatzsteuerfreien Anlagen gemindert würde, aber zu beachten ist, dass geringe Steuersätze von 0,01-0,05 Prozent, wie von Ihnen erwähnt, private Anleger nur minimal belasten würde,
• eine umfassende Besteuerung von Börsenumsätzen allein in Deutschland könnte zu einer erneuten Steuerflucht in andere Länder (z.B. Luxemburg, Österreich, oder Offshore Regionen) führen,
• die steigende Volatilität an den Märkten führt zu Verteuerungen der Kapitalbeschaffung für Unternehmen und schwächt so deren Investitionsbereitschaft

Abschließend kann ich für mich sagen, dass eine rein nationale Besteuerungen des Börsenumsatzes zu kurz gegriffen ist, vielmehr müssten Finanztransaktionen auch international abgestimmt außerhalb der Börsen einer Besteuerung unterworfen werden. Die Wirkung einer fairen Lastenteilung der Krise kann eine Finanztransaktionssteuer nur entfalten, wenn sie nicht von den Banken unmittelbar auf die Kunden überwälzt wird.

Abseits der von Ihnen angesprochenen „Robin-Hood-Steuer“ bleibt aber festzuhalten: Den Finanzmärkten muss ein fester Rahmen gegeben werden. Die christlich-liberale Koalition hat deshalb Maßnahmen beschlossen, die zukünftig Krisen verhindern sollen: Das System zur Entlohnung von Bankmanagern soll an die langfristige Geschäftsentwicklung gekoppelt werden und Banken müssen das vorzuhaltende Eigenkapital erhöhen.

Kommt es dennoch zu einer Krise, greift die Bankenabgabe und das Gesetz zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Banken. Damit kann der Bankensektor an den Kosten möglicher Krisen beteiligt werden. Hilfspakete, die wie in der bisherigen Finanzmarktkrise ausschließlich aus Steuergeldern finanziert werden, sollen so vermieden werden.

Alle Banken in Deutschland zahlen seit Beginn des Jahres 2011 die Abgabe in den sog. Restrukturierungsfond. Die Höhe der Abgabe bestimmt sich nach der Relevanz des Instituts: Ausschlaggebend sind die Größe der Bank und ihre Vernetzung in der Finanzbranche. Je größer und je stärker eine Bank vernetzt ist, desto größere Gefahren für andere bestehen im Falle einer finanziellen Schieflage dieser Bank. Die Finanzinstitute zahlen maximal 15 Prozent ihres Gewinns nach Steuern in den Fonds ein. Erwirtschaftet die Bank keinen Ertrag oder Verluste, zahlt sie dennoch einen Mindestbeitrag. Es wird also den Bedürfnissen Rechnung getragen, dass einerseits die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Bank berücksichtigt wird und andererseits dennoch Beiträge fließen.

Kommt es dennoch zu einer Systemkrise, hat der Bankensektor somit zumindest einen Teil der Stützungskosten vorfinanziert und so den deutschen Steuerzahler entlastet.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Jarzombek

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