Sehr geehrter Frau Reintke, Wie stehen Sie zum Thema Chatkontrolle bei der Wahl am 14.10.2025. Dankeschön Mit Freundlichem Gruß
Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr Engagement für digitale Rechte und den Schutz der Privatsphäre. Die Fraktion der Grünen/EFA im Europäischen Parlament teilt Ihre Bedenken und lehnt den sogenannten „Chatkontrolle"-Vorschlag entschieden ab.
1. Warum wir die „Chatkontrolle" ablehnen
Die Fraktion der Grünen/EFA ist grundsätzlich gegen jegliche Versuche, eine Massenüberwachung europäischer Bürgerinnen und Bürger einzuführen. Der ursprüngliche Vorschlag der Europäischen Kommission hätte das wahllose Durchleuchten privater Nachrichten, E-Mails und Chats aller Menschen ermöglicht. Dies käme einer flächendeckenden Überwachung gleich und würde jede Person unter Generalverdacht stellen. Solche Maßnahmen sind nicht nur unverhältnismäßig – sie greifen auch direkt die Grundrechte auf Privatsphäre und Vertraulichkeit der Kommunikation an, wie sie in der EU-Grundrechtecharta und der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert sind.
Wir lehnen die gefährliche Logik ab, dass Sicherheit nur durch die Aushöhlung der Privatsphäre von Millionen unschuldiger Menschen erreicht werden könne. Massenüberwachung macht uns nicht sicherer – sie öffnet Missbrauch, falschen Beschuldigungen und dem Vertrauensverlust in digitale Kommunikation Tür und Tor. Schlimmer noch: Sie würde einen Präzedenzfall für autoritäre Überwachung schaffen, der in einer Demokratie keinen Platz hat.
2. Unser Ansatz: Zielgerichtete Maßnahmen statt Massenüberwachung
Nicht zuletzt dank unseres Einsatzes lehnt das Europäische Parlament inzwischen jede Form der wahllosen Überwachung klar ab. Scans sollen nur dann zulässig sein, wenn es konkrete, individuelle Verdachtsmomente gegen bestimmte Personen gibt – nicht gegen die Allgemeinheit. Die Verschlüsselung, ein Grundpfeiler sicherer digitaler Kommunikation, bleibt in unserer Position geschützt. Zudem setzen wir uns für wirksame Maßnahmen zum Schutz von Kindern ein – etwa durch einfachere Meldewege, sicherere Plattformen und gezielte Strafverfolgung – ohne dabei die Rechte und Freiheiten aller zu opfern.
3. Die aktuelle Auseinandersetzung im Rat
Die eigentliche Bedrohung geht derzeit vom Rat der Europäischen Union aus, wo einige Regierungen versuchen, die Massenüberwachung unter dem Deckmantel des Kinderschutzes wiederzubeleben. Die dänische Ratspräsidentschaft drängt aggressiv auf eine Abstimmung über einen Vorschlag, der faktisch die Massenüberwachung legalisieren würde – und das, obwohl der juristische Dienst des Rates selbst vor der Rechtswidrigkeit solcher Maßnahmen nach EU-Recht warnt.
Klar ist: Massenüberwachung ist keine Antwort auf Kindesmissbrauch. Sie ist ein gefährlicher Irrweg, der die Privatsphäre aller aufs Spiel setzt, ohne die eigentlichen Ursachen anzugehen oder den Betroffenen wirklich zu helfen. Deshalb appellieren wir an die Bürgerinnen und Bürger, den Druck aufrechtzuerhalten – nicht nur auf die Europaabgeordneten, sondern insbesondere auf die nationalen Regierungen und die zuständigen Minister für Inneres und Digitales.
4. Unser Einsatz
Die Fraktion der Grünen/EFA steht fest für den Schutz der Privatsphäre, digitale Sicherheit und die Rechte von Kindern ein. Wir werden weiterhin jede Einführung von Massenüberwachung in der EU bekämpfen und zählen dabei auf die Unterstützung engagierter Bürgerinnen und Bürger.
Mit freundlichen Grüßen
Terry Reintke


