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Sylvia Löhrmann
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Frage von Jenny W. •

Frage an Sylvia Löhrmann von Jenny W. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrte Frau Löhrmann,

leider haben mich Ihre Antworten auf meine Fragen vom 14.07.2010 noch nicht erreicht.
Daher stelle ich sie hier noch einmal. Es ist mir wirklich sehr wichtig, was die Zukunft für meinen Sohn bringen mag. Vielen Dank

Ihre Jenny Weißhaupt

Hier die Fragen noch einmal:
1. wann werden endlich alle Förderschulen geschlossen?
2. Oder wird dieses System der Kompetenzzentren, wo sich wieder alle Kinder mit Förderbedarf sammeln, weiterbetrieben?
3. Wann gibt es endlich flächendeckend die Schule für wirklich alle, auch für behinderte Kinder aller Art?
4. Oder sollen immer noch dorthin die schwerstbehinderten Kinder aussortiert werden? Herr Prof. Wocken will für diese Behinderungsarten die Förderschulen als Wahl lassen.
5. Wie sehen die Konzepte aus? Gibt es neue Lehrpläne?
6. Oder sind "Außenklassen" geplant, wo ja wieder aussortiert werden würde?
7. Werden mehr Integrationsfirmen o.ä. verpflichtet werden, die dann auch für die nötige Aus- und Weiterbildung sorgen werden?
8. Werden dann auch endlich diese diskriminierenden Werkstätten geschlossen?

Inklusion für alle! Darauf liegt meine Hoffnung, dass es für meinen Sohn (5 Jahre) trotzdem er taub ist und spastische Lähmungen hat, nun eine andere Zukunft geben muss, als die Förderschule.

P.S.: Falls das Schulamt sich sträuben sollte und uns nächstes Jahr den GU verweigern sollte, an wen muss ich mich wenden?

Vielen Dank!

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Weißhaupt,

vielen Dank für Ihre ausführlichen, erneut gestellten Fragen (14.7.2010 und 20.08.2010). Leider komme ich durch die Neuorganisation und Umstellung der Arbeitsabläufe im Zusammenhang mit der Regierungsbildung erst jetzt dazu, die zahlreichen Zuschriften nach und nach zu beantworten - bitte sehen Sie mir dies nach.

Zunächst aber bedanke ich mich für Ihre guten Wünsche und die freundlichen, optimistischen Worte. - Nun aber zu Ihren Fragen:

1. Ich werde im engen Dialog mit allen Beteiligten einen Inklusionsplan für NRW zur Umsetzung des gemeinsamen Unterrichts auf den Weg bringen. Da dies ein längerer Arbeitsprozess sein wird, der außerdem noch ein parlamentarisches Verfahren nach sich ziehen wird, lässt sich jetzt noch nicht absehen, wann und ob überhaupt ALLE Förderschulen geschlossen werden.

Diese Entscheidung gehört aber auch nicht an den Anfang des Prozesses. Jetzt gilt es erst einmal, möglichst breite Mehrheiten für das anspruchsvolle Vorhaben zu gewinnen.

2. Die Kompetenzzentren sammeln nicht alle Kinder mit Förderbedarf, sondern sind zum Teil Dienstleistungszentren für den Gemeinsamen Unterricht an den allgemeinbildenden Schulen - in diese Richtung können sie durchaus weiter entwickelt werden. Hier gibt es von Fall zu Fall eine sehr unterschiedliche Ausgangslage.

3. Auch zum Zeitpunkt der Umsetzung einer flächendeckenden Schule für alle lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussage treffen. Wir sind auf dem Weg!

4. Es mag sein, dass möglicherweise auch längerfristig die Förderschule für bestimmte Formen der Behinderung als Angebot vorgehalten werden muss, da es eine große Zahl von Eltern behinderter Kinder gibt, die dieses Angebot wünschen. Dies wird sich erst im Laufe der Zeit mit zunehmender positiver Erfahrung mit einem inklusiven System verändern.

5. Konzepte und Lehrpläne sind noch nicht erstellt (vgl. 1.) - aber wünschenswert ist generell ein individualisierter Unterricht, der sich an den Bedürfnissen der einzelnen Kinder orientiert, seien es solche mit oder ohne Behinderung. Dies erfordert ein anderes pädagogisches Konzept, zu dessen Umsetzungen umfangreiche Fortbildungen des vorhandenen Lehrpersonals erforderlich sind, außerdem auch Veränderungen in der Ausbildung der Lehrkräfte.

6. Außenklassen sind nicht geplant - jegliches Aussortieren soll perspektivisch verhindert werden.

7. Dazu kann ich keine Aussage treffen. Dies hängt sehr stark von der Situation vor Ort und der konkreten Schule ab. Die Landesregierung möchte gerne mehr Entscheidungen den Schulträgern überlassen.

8. Dies gilt auch für Werkstätten - die meiner Erfahrung nach auch extrem unterschiedlich sind.

Ihrer Aussage "Inklusion für alle!" kann ich mich ausdrücklich anschließen, und ich hoffe auch für Sie und für Ihren Sohn, dass er nun eine andere Zukunft haben kann als die Förderschule.

Sollte Ihnen das Schulamt im kommenden Jahr den GU verweigern, wenden Sie sich bitte notfalls an mich im Ministerium. Ich habe zugesagt, unbürokratisch für diejenigen GU möglich zu machen, die dies wollen!

Ich weise darauf hin, dass ich Ihnen diese Antworten als Abgeordnete des Landtags und nicht in meiner Funktion als Schulministerin gebe.

Mit freundlichen Grüßen

Sylvia Löhrmann MdL