Silvia Lehmann, 2021, Copyright Karoline Wolf
Sylvia Lehmann
SPD
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13 / 13 Fragen beantwortet
Frage von Dr. Günter B. •

Der Schutz des Grundgesetzes hat Verfassungsrang, dessen Einhaltung ist jedem Bundesbürger als Pflicht auferlegt. Was tun Sie gegen die Corona-Massnahmen und den Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm?

In Ihrer Antwort an Fr. Pohland, könnte ich keine Antwort der Hilfe für BÜRGER ihrerseits entdecken.
Auch würde mich interessieren, wie Sie es in Grundsatz mit Grundrechten halten!
- Ist Ihnen bekannt, dass der Gesundheitsausschuss des BT schon im 11. 20 feststellte, dass alle Corona-Maßnahmen der Regierung rechtswidrig sind ? ( Deutscher Bundestag, Ausschuss für Gesundheit, Drucksache 19 (14) 246 (22) zur öffentlichen Anhörung am 12.11.2020, Drittes Bevölkerungs-Schutzgesetz, 17.12.2020, Rechtswidrigkeit der bisherigen Corona Massnahmen nach Pargraph 32 i.Vbdg.
m. Paragraph 28 IfSG.

- Was haben Sie gegen die Verordnungsvielfalt zu Maßnahmen in Verletzung des Art.3 GG unternommen ?
-Was gegen haben Sie gegen den Verdienstausfall von Selbständigen und Künstlern durch Corona-Massnahmen unternommen ?
-Wenn Sie all dies nicht taten : Warum haben Sie die Verteidigung des Grundgesetzes geopfert und gegen Ihren Verfassungseid verstoßen?

Silvia Lehmann, 2021, Copyright Karoline Wolf
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Dr. B.,

vielen Dank für Ihre Fragen. In Bezug auf Ihr Anliegen zum Thema Fluglärm möchte ich auf meine Antwort einer neuen Frage von Frau Poland verweisen und auch Ihnen mitteilen, dass ich mich in der nächsten Legislaturperiode im interfraktionellen Arbeitskreis Fluglärm engagieren möchte. So kann ich die Interessen der Region, die sich aus den Erfahrungen mit den jetzigen Diskussionen um die BER Abflugrouten ergeben, zukünftig besser in die Bundespolitik einspeisen.

Sie stellen in Ihrem Schreiben die Rechtmäßigkeit der Corona Maßnahmen des letzten Jahres in Frage und behaupten, dass alle Maßnahmen der Regierung rechtswidrig gewesen seien. Das stimmt so nicht. Die Rechtsprechung hat bestätigt, dass zu einer Zeit, in der über Art und Ausmaß der Gefährlichkeit von COVID-19 sowie über die zu Ihrer Abwehr ergreifenden Maßnahmen Unklarheit herrscht, zur effektiven Gefahrenabwehr Schutzmaßnahmen zunächst auch auf eine Generalklausel gestützt werden können. Eine solche Generalklausel zum Infektionsschutz findet sich in § 28 IfSG. Hierin hatte der Bundesgesetzgeber bewusst eine offene Formulierung gewählt, um den Infektionsschutzbehörden insbesondere bei einem dynamischen Infektionsgeschehen ein möglichst breites Spektrum geeigneter Maßnahmen an die Hand zu geben. Dass § 28 IfSG bislang eine taugliche Rechtsgrundlage war, haben mehrere Oberverwaltungsgerichte bestätigt.

Weil sich im November abzeichnete, dass die Eingriffe kein kurzfristiges Provisorium mehr darstellten, sondern das pandemische Geschehen länger andauern würden, was sich dieses Jahr bewahrheitet hat, war es notwendig mit dem 3. Bevölkerungsschutzgesetz das Corona-Krisenmanagement auf eine konkretere gesetzliche Grundlage zu stellen, die klare Vorgaben und Grenzen setzt. Zudem waren und sind alle Schutzmaßnahmen zeitlich begrenzt und seit November letzten Jahres daran gekoppelt, ob die WHO eine Pandemie bedrohlichen Ausmaßes feststellte oder eine dynamische Ausbreitung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit über mehrere Länder Deutschlands abzeichnete.

Statt einer Generalklausel wurde mit dem dritten Infektionsschutzgesetz ein konkreter Maßnahmenkatalog veröffentlicht, der den Ländern als klarer Rechtsrahmen dienen sollte. Diese Maßnahmen wurden im Frühjahr in der dritten Welle durch die bundesweit einheitlichen Maßnahmen erneut konkretisiert und an die Inzidenzen gekoppelt. Besonders grundrechtssensible Bereiche wie die Religions- oder Versammlungsfreiheit konnten immer nur dann eingeschränkt werden, wenn eine wirksame Eindämmung des Corona-Virus auf andere Art nicht gewährleistet werden konnte. Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut, dass es unbedingt zu schützen gilt. Von einem Verstoß des Verfassungseids kann hier nicht die Rede sein. Wenn einzelne Versammlungen aufgelöst wurden, wie bspw. die Demo in Berlin am 21.04.2021 lag dies nicht daran, dass wir GesetzgeberInnen nicht die Verfassung achten, sondern daran, dass TeilnehmerInnen nicht die zu der Zeit vorgeschriebene Masken- und Abstandspflicht einhielten.

Selbstständige und KünstlerInnen haben durch die Pandemie durch Verdienstausfälle und die Einschränkungen ihrer Tätigkeiten schwer leiden müssen. Für kleine Unternehmen und Solo-Selbstständige haben wir gleich zu Beginn der Pandemie ein Soforthilfe-Programm aufgesetzt. Kleine Betriebe mit bis zu zehn Beschäftigten konnten Zuschüsse von bis zu 15.000 Euro erhalten, um ihre laufenden Betriebskosten wie Mieten oder Leasingraten zu decken.

Ab Juni 2020 folgten mehrere Programme wirtschaftlicher Hilfen. Im Mittelpunkt steht dabei die Überbrückungshilfe: Kleine und mittelständische Unternehmen können mit Zuschüssen für betriebliche Fixkosten unterstützt werden, wenn sie nach wie vor ihren Geschäftsbetrieb wegen der Pandemie einstellen oder stark einschränken müssen. Das Programm richtet sich vor allem an Branchen wie das Hotel- und Gaststättengewerbe, Jugendherbergen, SchaustellerInnen, Reisebüros, Reisebus- und Veranstaltungsunternehmen sowie Einrichtungen der Behindertenhilfe. Von dieser Unterstützung profitieren gerade auch Branchen, in denen überdurchschnittlich viele Frauen arbeiten.

In der zweiten und dritten Programmphase seit September 2020 wurde das Programm in mehreren Schritten ausgeweitet. So wurden die Zugangsbedingungen vereinfacht, Zuschüsse erhöht, die erstattungsfähigen Kosten erweitert und auch größere Unternehmen in die Förderung einbezogen. Seit April 2021 können für besonders betroffene Unternehmen auch Zuschüsse zum Eigenkapital gewährt werden. Für die Reisebranche sowie für die Kultur- und Veranstaltungsbranche wurde eine Anschubhilfe eingeführt, damit die Unternehmen nach dem Ende von pandemiebedingten Einschränkungen schnell wieder starten können.

Zusätzlich zu den oben ausgeführten Unterstützungsmaßnahmen steht speziell für den Kulturbereich ein eigenes Hilfsprogramm „Neustart Kultur“ bereit, um die Kulturprojekte und die Kulturinfrastruktur in Deutschland zu stützen. Es besteht aus rund 60 Teilprogrammen, die in enger Abstimmung mit Kulturverbänden und Kulturfonds entwickelt wurden. Wir unterstützen damit gezielt Kultureinrichtungen und -akteure aller Sparten: Theater, Tanz, Musik, Kino, Film, Festivals, Museen, Galerien, Bibliotheken, Buchhandlungen, Verlage, Gedenkstätten, Zirkusse, Kulturzentren, bildende Kunst, Literatur, Archive und viele mehr. Im Frühjahr 2021 wurde das Programm auf zwei Milliarden Euro verdoppelt. Parallel wurden die Bundesländer ebenfalls aktiv. Ein weiterer Hilfsfonds unterstützt Kulturveranstaltungen, die durch Hygienevorgaben mit deutlich weniger Publikum stattfinden müssen. Außerdem springt der Fonds als eine Art Versicherung ein, wenn eine bereits geplante und organisierte Veranstaltung pandemiebedingt kurzfristig wieder abgesagt werden muss. Dafür stehen 2,5 Milliarden Euro bereit.

Ich hoffe, dass ich Ihre Frage beantworten konnte. Ich wünsche Ihnen alles Gute und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Sylvia Lehmann

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