Werden sie Verschlechterungen am MedCanG verhindern, notfalls auch gegen die Fraktion? Wie ist Ihre Haltung zum Referentenentwurf zur überarbeitung des MedGanG / Telemedzin-Regelung?
Sehr geehrte Frau Stadler,
ich bin seit 2018 Cannabis-Patient aufgrund multipler Erkrankungen. Damals dauerte es mehr als ein Jahr, einen geeigneten Arzt zu finden, der sich mit dieser Therapieform beschäftigt hatte. Die Stigmatisierung von Cannabis ist heute leider nicht geringer als 2018.
In WL und Lüneburg gibt es derzeit keine Ärzte mehr, die neue Patienten aufnehmen u. sich mit Cannabis auskennen. Deshalb bin ich – wie viele andere in Deutschland – auf spezialisieTelemedizin-Anbieter angewiesen. Auch die Fahrt zu Apotheken, die oft weit entfernt sind, ist mir aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich.
Heute wurde ein Referentenentwurf des Gesundheitsministeriums aus dem Hause Warken veröffentlicht. Dieser sieht vor, dass für Cannabis nicht nur eine persönliche Erstkonsultation erforderlich ist, sondern auch regelmäßige persönliche Vorsprachen. Onlineversand über Apotheken? ausgeschlossen. Das ist ein defacto Verbot von Online-CanMed-Therapien aufgrund der Quartalsregelung.
Sehr geehrte/r ciro b.,
herzlichen Dank für Ihre Nachricht vom 15.07.2025 und dafür, dass Sie Ihre Perspektive und Erfahrungen mit uns teilen. Vorliegend bringen Sie Ihre Sorge über eine Einschränkung der Patientenversorgung durch den aktuellen Referentenentwurf zum Medizinal-Cannabis-Gesetz (MedCanG) zum Ausdruck. Hierzu nehme ich gerne Stellung.
In der letzten Wahlperiode haben wir mit dem Cannabisgesetz einen Paradigmenwechsel in der Sucht- & Drogenpolitik eingeleitet. Aufgrund einer veränderten Risikobewertung wurde im Rahmen der Reform medizinisches Cannabis aus dem BtMG herausgenommen und auf diese Weise der Patientenzugang nachhaltig vereinfacht. Gleichzeitig haben wir den Wirtschaftsstandort für die Hersteller von medizinischem Cannabis gestärkt, indem wir für die Produktion in Deutschland von einem Vergabeverfahren auf Erlaubnisverfahren umgestellt haben. Dies gibt allen Akteuren wichtige Planungssicherheit.
Im Koalitionsvertrag haben wir uns vorgenommen das Gesetz zur Legalisierung von Cannabis im Herbst 2025 ergebnisoffen zu evaluieren. Der vorliegende Referentenentwurf zum MedCanG soll auf einen Anstieg der Importe von medizinischem Cannabis reagieren, der laut dem BMG vor allem auf die verstärkte Nutzung von Privatverschreibungen für Selbstzahler über Onlineplattformen ohne jeglichen Arzt-Patienten-Kontakt zurückzuführen sei. Ziel des Entwurfs ist es, die Versorgung von Patientinnen und Patienten weiterhin sicherzustellen und gleichzeitig gegen potenziellen Missbrauch vorzugehen.
Für uns als SPD-Bundestagsfraktion ist es von zentraler Bedeutung, dass eine verlässliche, wohnortnahe und barrierefreie Versorgung für alle Patientinnen und Patienten, die auf medizinisches Cannabis angewiesen sind, gewährleistet bleibt. Dabei sind gerade Patientinnen und Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen im besonderen Maße auf einen verantwortungsvollen Einsatz digitaler Versorgungsformen angewiesen. Gleichzeitig ist für uns auch klar, dass die Online-Verschreibung von Arzneimitteln, die Suchterkrankungen auslösen können, für unbekannte Patientinnen und Patienten ohne jeglichen Arztkontakt grundsätzlich ausgeschlossen sein sollte. Gemeinsam mit unserem Koalitionspartner, der CDU/CSU, werden wir im weiteren Verfahren an einer ausgewogenen Regelung arbeiten, die beiden Anliegen gerecht wird.
Wichtig ist, dass es sich derzeit um einen ersten Referentenentwurf des BMG handelt, der den Ressorts, Ländern und Verbänden zur Stellungnahme zugeleitet wurde. Bis ein vom Kabinett beschlossener Gesetzentwurf dem Deutschen Bundestag zugeleitet wird, wird noch einige Zeit vergehen und es voraussichtlich auch noch Änderungen am Entwurf geben. Im Rahmen der ergebnisoffenen Evaluation im Herbst 2025 ist die Entkriminalisierung von Cannabis letztlich in der Gesamtschau zu beurteilen.
Für die weiteren Beratungen sind die Erfahrungen von Patientinnen, Patienten, Angehörigen und weiteren Betroffenen von großer Bedeutung. Sie helfen uns, die Auswirkungen der geplanten Regelungen besser zu verstehen und in die Diskussionen mit den Kolleginnen und Kollegen einzubringen. Ihre Rückmeldungen fließen als Beitrag in den weiteren Prozess ein.
Vielen Dank nochmals für Ihr Engagement und Ihren Einsatz.
Mit freundlichen Grüßen
Svenja Stadler
