Porträt von Stephanie Aeffner
Stephanie Aeffner
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Wolfgang S. •

Wie sicher ist unsere Energieversorgung?

Die Energiekosten steigen immer mehr in die Höhe und immer Menschen haben Probleme diese zu bezahlen, Auch wird die Energiemenge knapp. Wie soll denn alles so weitergehen? Durch die Digitalisierung werden doch noch riesige Mengen Kapazitäten benötigt ,besonders auf die Erweiterung von 5G. Es ist mir auch unverständlich ,daß wir Kohle importieren müssen, obwohl wir selbst genügend haben . Kohle, Stahlindustrie und Autowirtschaft waren einmal die Säulen der deutschen Wrtschaft. Auch die Begründung des Kohleausstiegs wegen CO2 Ausstoß passt irgendwie nicht ,da durch Handy,Internet in Verbindung mit den Rechenzentren mehr CO2 produziert wird als beim ganzen Flugverkehr . Als Schluß noch eine Bemerkung : wie kann man alte Energiequellen abschalten, obwohl die neuen noch nicht funktionieren? Es muß Schritt für Schritt gehen

Porträt von Stephanie Aeffner
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.

herzlichen Dank für Ihre Frage.

Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat die ohnehin angespannte Lage auf den Energiemärkten drastisch verschärft und die Gaspreise in die Höhe getrieben. Darunter leiden vor allem jene, die am Ende des Monats ohnehin auf jeden Euro achten müssen. Aber auch für viele andere, darunter viele Unternehmen, stellen die gestiegenen Energiepreise eine große Herausforderung und eine finanzielle Belastung dar.
Die Bundesregierung hat angesichts der hohen Preise bereits drei Entlastungspakete mit etlichen Maßnahmen auf den Weg gebracht: Heizkostenzuschuss, ein Kinderzuschuss, das 9-Euro-Ticket und die Energiepauschale.

Dabei ist es besonders wichtig, jene zu unterstützen, die wenig Geld haben und daher besonders unter den Preissteigerungen leiden. Zu den bislang vereinbarten, neuen Entlastungen gehören eine Reform des Wohngeldes und eine Einführung des Bürgergeldes. Außerdem sollen die Kündigungsschutzregeln für Mietwohnungen und Energieverträge überprüft werden, so dass finanziell überforderten Mietern der Mietvertrag oder Energiekunden der Liefervertrag nicht gekündigt wird.

Wir Grünen streiten außerdem für ein dauerhaftes Energiegeld pro Kopf, und werden noch in diesem Jahr ein Auszahlungssystem für dieses Energiegeld auf die Beine stellen. So können mögliche Entlastungszahlungen künftig alle Bürgerinnen und Bürger per Direktauszahlung schnell und unkompliziert erreichen.

Import von Steinkohle: Sie haben Recht, dass seit Jahren Steinkohle importiert wird, obwohl es in Deutschland nach wie vor Steinkohlevorräte gibt. Der Grund hierfür ist der Preis: Eine Tonne Steinkohle in Deutschland zu fördern (aus relativ großer Tiefe), kostet etwa 160 Euro pro Tonne (http://www.umweltinstitut.org/themen/energie-und-klima/kohle.html). Importierte Steinkohle ist deutlich günstiger. Die Energieunternehmen haben sich daher für den Import entschieden. Dass bis vor einigen Jahren überhaupt noch Steinkohle in Deutschland gefördert wurde, liegt an der staatlichen Unterstützung, die den Zechen zuteilwurde, um den Übergang abzufedern (https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Artikel/Energie/kohlepolitik.html).

Es ist richtig, dass durch die Nutzung des Internets auch Strom in den Rechenzentren verbraucht wird.

Dass in all diesen Bereichen Strom verbraucht wird, macht den Kohleausstieg jedoch nicht unnötig, im Gegenteil: Gerade weil in vielen Bereichen des Lebens Strom benötigt wird, muss dieser Strom günstig, verlässlich und grün sein, um den Klimawandel nicht weiter anzuheizen.

Schritt für Schritt werden wir vorgehen und wollen dies gerne erläutern.

Im Vergleich zu 1991 wurde 2021 gut 221 Mrd. kWh weniger aus Braun- und Steinkohle sowie Kernenergie erzeugt. In der gleichen Zeit nahm die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien um gut 220 Mrd. kWh zu. Die Stromproduktion aus Erdgas steigerte sich nur um 54 Mrd. kWh (https://www.bdew.de/media/documents/20220505_D_Stromerzeugung1991-2021.pdf).

Die Kohle- und Kernkraftwerke wurden also nicht auf einen Schlag vom Netz genommen. Vielmehr wurde und wird für jede Anlage geprüft, ob sie das ohne die Stabilität des Netzes zu gefährden tun kann und wenn nicht, dann bleibt das Kraftwerk am Netz. Es darf den Strom nicht mehr am Markt verkaufen, aber bleibt in der Reserve um auf Anweisung der Übertragungsnetzbetreiber im Bedarf Strom einzuspeisen. Solange, bis das System ausreichend umgebaut ist, um ohne das Kraftwerk zuverlässig zu funktionieren. So geschehen beispielsweise mit Block 4 des Kraftwerk Heyden (https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/20210601_SystemRel.html

Der Krieg in der Ukraine und Putins Drosselung der Gaslieferungen an uns haben die Preise in die Höhe schnellen lassen und uns hart getroffen. Vor diesem Hintergrund wurden in den letzten Monaten mehrere Gesetze und Regelungen beschlossen, um ausreichende Gas-Speicherfüllstände zu sichern, Flüssiggas (LNG) importieren zu können und durch  vorübergehende Inbetriebnahme von Kohlekraftwerken die Energieversorgung abzusichern und den Gasverbrauch zu reduzieren. Aktuell wird zudem eine erneute Systemprüfung durchgeführt und dabei auch die mögliche Rolle der verbleibenden Atomkraftwerke geprüft.

Ganz ohne das Abschalten von Kohle- und Kernkraftwerken in den letzten Jahren also würden die Preise fürs Heizen derzeit ebenfalls steigen, käme die Industrie in Bedrängnis und würden die Verbraucherpreise anziehen. Es ist nicht die Energiewende – es ist die in den letzten Jahren verschleppte Energiewende, die unser Land nun mit voller Breitseite trifft. Hätte es in den letzten Jahren keine beginnende Energiewende gegeben, sprich, keinen Ausbau der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien – die Gasabhängigkeit der deutschen Industrie und der deutschen Haushalte wäre nicht geringer, sondern größer.

Die Preise für Strom aus Erneuerbaren Quellen sind in den letzten Jahren stark gefallen, inzwischen ist Strom aus Wind und Sonne schon günstiger als aus Kohle- oder Gaskraftwerken. Der Ausbau der Erneuerbaren ist zentral, um eine bezahlbare, sichere Energieversorgung sicherzustellen. Daher haben wir im Juli ein ganzes Bündel an Maßnahmen auf den Weg gebracht, um dem Ausbau von Wind- und Solaranlagen richtig Schwung zu verleihen und rechtliche Hürden aus dem Weg zu räumen. Wenn es Sie interessiert, finden Sie hier einen  Überblick: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/Energie/0406_ueberblickspapier_osterpaket.pdf?__blob=publicationFile&v=14

Ich stimme mit Ihnen überein, dass der Strom- und Ressourcenverbraucher neuer digitaler Technologien sehr groß ist und halte es daher für dringend notwendig, die Digitalisierung nachhaltig zu gestalten.
Zudem kommen in IT-Infrastruktur und Endgeräten große Mengen wertvoller und endlicher Rohstoffe zum Einsatz, die teilweise unter unhaltbaren ökologischen und sozialen Bedingungen gefördert werden. Wir Grüne sehen es als unsere Aufgabe, den bisherigen Trend zu steigendem Ressourcen- und Stromverbrauch durch die Digitalisierung zu brechen. Dafür braucht die Digitalisierung dringend einen ökologischen Ordnungsrahmen.

Wir Grüne setzen uns daher ein für eine Green-IT-Strategie, um konkrete Ziele für die Reduktion des Stromverbrauchs der öffentlichen IT zu setzen ebenso wie Anreize für die Reduktion des IT-bedingten Stromverbrauchs in Rechenzentren von Wissenschaftseinrichtungen und Unternehmen. Wir brauchen aber auch eine verbindliche IT-Ökodesign-Richtlinie, die unter anderem ein Recht auf Reparatur für digitale Endgeräte schafft. Effizientere Kühlsysteme für Rechenzentren und eine konsequente Abwärmenutzung als Vorgabe sind weitere Bausteine.

Mit freundlichen Grüßen

Stephanie Aeffner

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