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Simone Wendland
CDU
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Frage von Ursula S. •

Frage an Simone Wendland von Ursula S.

Sehr geehrte Frau Wendland,

wir leiden unter Fachkräftemangel.

Als Lehrerin habe ich immer wieder Kinder und Jugendliche erlebt, die einseitig begabt sind, z. B. sprachlich. Sie können kein Abitur machen, weil sie z. B. in Mathematik zu schlecht sind. Das sind traurige Schicksale, ist aber auch für die Gesellschaft ein Verlust, da sie sich die sprachlichen Fähigkeiten entgehen lässt.

In England gibt es A-Levels. Mit so einem Abschluss kann man nur bestimmte Fächer studieren. Aber der einseitig Sprachbegabte wird ja ohnehin nicht Mathematik oder Physik studieren wollen...

Ich verstehe, dass eine "breite Bildung" angestrebt wird, aber wer richtig unter einer Matheschwäche oder sprachlichen Schwäche leidet, müsste sich ab Klasse 10 oder 11 auf seine Stärken im anderen Fach fokussieren dürfen, statt diese Stärken zu zerstören durch permanente Frustration und einen tatsächlich sinnlosen Kraftverschleiß im "schwachen" Fach.

Wissen Sie, dass man mit einer 5 in Mathe oder Deutsch zwar Abi machen kann (bei entsprechendem Ausgleich in anderen Fächern), es aber nicht in Klasse 11 schafft???!!! So bleiben jedes Jahr viele Menschen "stecken" und können ihre Stärken in anderen Fächern nicht entfalten - für sich nicht und für die Gesellschaft nicht. Wohlmöglich fallen sie dadurch sogar der Gesellschaft finanziell über lange Zeit zur Last.

Mögen Sie diese Gedanken an die Schulministerin weitergeben???

Herzlichen Dank!

Mit freundlichen Grüßen
U. S.

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Sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihre Frage und Ihr Engagement für einseitig begabte Schülerinnen und Schüler.
Ich teile Ihre Auffassung, dass auch Schülerinnen und Schüler mit einseitigen Begabungen die Möglichkeit zum Erwerb fachspezifischer höherer Bildungsabschlüsse gegeben werden muss. Außerdem bin ich wie Sie der Auffassung, dass die Politik sich noch stärker als bislang darum bemühen muss, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Ziel sowohl der NRW-Landesregierung als auch der Bundesregierung ist die Gleichwertigkeit der beruflichen und der akademischen Ausbildung. Dem Fachkräftemangel werden wir nicht entgegenwirken können, wenn möglichst viele Schülerinnen und Schüler eines Jahrgangs studieren. Wir brauchen auch Handwerker, Meister und Techniker. Wir müssen stärker als bislang für die berufliche Ausbildung werben. Dazu gehört, auf die guten Verdienstmöglichkeiten und die Sicherheit der Arbeitsplätze hinzuweisen. Dazu gehört aber auch auf die Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten hinzuweisen, die es beispielsweise im Handwerk gibt. Meister in NRW haben eine allgemeine Hochschulzugangsberechtigung. Wer eine entsprechende berufliche Ausbildung und Berufserfahrung hat, kann der Ausbildung entsprechende Fächer studieren. D.h., wenn wir es schaffen, wieder mehr junge Menschen, für eine berufliche Ausbildung zu begeistern, erreichen wir zwei Ziele: Wir haben mehr Fachkräfte und wir ermöglichen jungen Menschen, die eher einseitig begabt sind, die Möglichkeit nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung zu studieren. Ich denke, das ist auch in Ihrem Sinne.
Ihr Vorschlag würde meiner Meinung nach dazu führen, dass Abitur weiter zu schwächen. Wir haben schon jetzt zu viele Studienabbrecher und viele Klagen von Professoren über die mangelnde Studierfähigkeit von Abiturienten. Viele Studienanfänger werden auch immer noch von unerwarteten Anforderungen überrascht, z.B. hinsichtlich mathematischer Kenntnisse bei einem wirtschaftswissenschaftlichen Studium oder hinsichtlich Fremdsprachenkenntnisse. Im schlechtesten Fall führt das zu erheblicher Frustration. Im besten Fall zu sehr mühsamem Nachlernen und einer Verlängerung des Studiums. Eine Verschlankung des Abiturs würde sicherlich noch mehr Probleme dieser Art verursachen.
Im Übrigen bin ich sehr der Auffassung, dass wir uns von der Vorstellung befreien sollten nur ein Abitur und ein Hochschulstudium würden zu guten Verdienstmöglichkeiten und einem erfüllten Berufsleben führen. Handwerksmeister können schon heute durchaus mehr verdienen als Akademiker und es ist absehbar, dass sich diese Entwicklung noch verschärfen wird.

Mit freundlichen Grüßen
Simone Wendland

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