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Sahra Wagenknecht
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Frage von Jan A. •

Frage an Sahra Wagenknecht von Jan A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Sahra Wagenknecht,

folgende Fragen an Sie habe ich aktuell:

1. Wie ist ihre Meinung zu der Aussage von Chavez , dass Israel das gleiche macht wie Hitler (2006)

2. Wie stehen sie zum Nahost-Konflikt? Auch in Bezug auf die aktuellen Ereignisse?

3. Wie stehen Sie zu freieren Formen linker Zusammenschlüsse, wie z.B. die Autonome Bewegung?

Viele Grüße,
Jan Altmann

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Antwort von
BSW

Sehr geehrter Herr Altmann,

zu den beiden ersten Fragen: Die vom israelischen Militär verübten Verbrechen an der palästinensischen Zivilbevölkerung sind ohne Zweifel furchtbar und müssen verurteilt werden. Eine Gleichsetzung des Militärschlages Israels mit dem Völkermord der deutschen Faschisten lehne ich jedoch ganz klar ab, weil dies eine unerträgliche Relativierung faschistischer Verbrechen ist. Der Vernichtungsfeldzug des deutschen Faschismus gegen Juden, Roma und Sinti, gegen Kommunisten und Sozialisten, gegen Andersdenkende und Andersaussehende war in seiner Brutalität und in seinem schrecklichen Ausmaß einzigartig. Diese Tatsache darf niemals in Vergessenheit geraten.
Aber gesagt werden muss auch: Der in seiner Unmenschlichkeit singuläre Holocaust an Juden rechtfertigt nicht das Töten unschuldiger Palästinenser. Diese tragen keinerlei Schuld für die Verbrechen im deutschen Faschismus.

Die Menschen in Palästina und in Israel haben jeweils ein Recht darauf, in einem eigenen Staat in Frieden und Sicherheit zu leben. Die zivilen Opfer auf israelischer Seite durch Raketenabwürfe der Hamas sind zweifellos schrecklich, ein Leben ohne Angst und Sorgen kann es für die israelischen Bürger nur ohne Terroranschläge geben. Wie immer man aber die Hamas und deren Politik bewertet, der Krieg der israelischen Armee - die Tötung von über 1300 Palästinensern, darunter zahlreiche Kinder und Frauen, der Einsatz von Phosphorbomben, die Luftschläge einer haushoch überlegenen und nicht zuletzt von den USA hochgerüsteten Armee auf ein dicht besiedeltes Gebiet - ist nicht zu rechtfertigen. Ich hoffe sehr, dass die israelische Friedensbewegung mehr Einfluss bekommt, dass sich Friedensbewegte wie Uri Avnery in Israel mehr Gehör verschaffen können. Jedenfalls haben jene couragierten Jüdinnen und Juden, die in den Kriegstagen gegen die Militärschläge Israels protestiert haben, meine volle Solidarität.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch auf die Stellungnahme der Kommunistischen Plattform der Partei DIE LINKE (KPF) zur Aggression des israelischen Militärs hinweisen. Sie ist nachzulesen unter http://www.sahrawagenknecht.de/de/article/457.fuer_das_ende_der_israelischen_aggression_und_einen_gerechten_frieden_im_nahen_osten.html bzw. unter www.die-linke.de/kpf.

Ein dauerhafter Frieden im Nahen Osten kann nur verwirklicht werden, wenn die Blockadepolitik Israels gegen die 1,5 Millionen Menschen im Gazastreifen beendet wird. Auch die Flüchtlingsfrage muss gelöst werden. Die israelische Regierung darf zudem die Beschlüsse der UNO nicht länger missachten und muss das Recht der Palästinenserinnen und Palästinenser auf einen eigenen Staat anerkennen und endlich auch umsetzen. Natürlich gehört zur Verwirklichung des Friedens auch die Anerkennung des jüdischen Staates.

Und noch zu Ihrer dritten Frage: Eine vielfältige Protestkultur gegen Neoliberalismus und Kapitalismus finde ich sehr unterstützenswert. Dazu gehören für mich natürlich auch linke autonome Gruppen. Natürlich fände ich es noch besser, wenn sie in die Partei DIE LINKE eintreten würden, weil ich schon glaube, dass man eine in gewisser Weise gefestigte Organisationsform braucht, um diesem Kapitalismus Zugeständnisse abzukämpfen. Aber wichtig ist erst einmal, denke ich, dass sich überhaupt eine linke Protestkultur entwickelt und nicht jedes neue unsoziale Maßnahmepaket der Bundesregierung widerspruchslos hingenommen wird. Insofern finde ich es selbstverständlich gut, wenn dagegen von verschiedensten linken Gruppen Widerspruch erhoben wird.

Viele Grüße,
Sahra Wagenknecht

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