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Sahra Wagenknecht
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Frage von Theresa S. •

Frage an Sahra Wagenknecht von Theresa S. bezüglich Senioren

Sehr geehrte Frau Sahra Wagenknecht,
mein Name ist Theresa Schöpfer. Ich besuche die 10. Klasse der Theodor-Heuss Realschule in Hockenheim (68766). In diesem Jahr halte ich eine Prüfung im Fach MUM (Mensch und Umwelt), bei der es sich um den Demografischen Wandel dreht. Hierzu starte ich eine Umfrage im Staatsbereich.

Zu diesem Thema möchte ich sie fragen:
1) Wie geht der Staat mit dem wachsenden Anteil der älteren Menschen um?
2) Bemerkt man den Wandel?
O sehr?
O ein wenig?
O kaum?
3) Was halten sie davon?

Ich würde mich sehr auf eine Antwort Ihrerseits freuen.

Mit freundlichen Grüßen
Theresa Schöpfer

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Antwort von
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Hallo Frau Schöpfer,

vielen Dank für Ihre interessanten Fragen, die ja ein sehr weites Gebiet umfassen. Es ließe sich sicher vieles über den Umgang mit dem demographischen Wandel in der Bevölkerung schreiben. Ich möchte mich daher auf einen aktuellen Schwerpunkt konzentrieren, nämlich auf die „Rente ab 67“, deren vermeintliche Notwendigkeit ja bis heute von so einigen bekannten Politikern mit dem demographischen Wandel begründet wird.

Die Begrifflichkeit „Rente ab 67“ ist eine Schönfärberei des gravierenden Sozialabbaus, der hinter dieser Begrifflichkeit steckt. Denn die „Rente ab 67“ bedeutet in Wahrheit die Anhebung der Regeleintrittsrente von 65 auf nunmehr 67 Jahre und drastische Rentenkürzungen im Falle eines Renteneinstiegs vor dem 67. Lebensjahr. Die Konsequenz wird wachsende Altersarmut sein.

Argumentiert wird von den marktradikalen Ideologen wie z.B. Bernd Raffelhüschen u.a. stets damit, dass die Anhebung des Renteneinstiegsalters aufgrund der demographischen Entwicklung notwendig sei. Aber das ist ein Märchen! Denn entscheidende Richtgrößen bleiben regelmäßig völlig unerwähnt, nämlich Realwachstum und Produktivitätsanstieg. In den vergangenen paar Jahren war der Produktivitätsanstieg im Schnitt deutlich größer als das reale Wachstum. Auf diese Entwicklung mit Arbeitszeitverlängerung zu antworten, ist aus volkswirtschaftlicher Sicht blanker Unsinn. Mit dem Produktivitätswachstum könnte man den demographischen Wandel mühelos auffangen. Aber genau dies ist von der herrschenden Politik nicht gewollt. Vielleicht liegt dies auch daran, dass die so genannten Experten Rürup und Raffelhüschen in zahlreichen wirtschaftsliberalen Lobbygruppen Mitglied sind. Sie instrumentalisieren den demographischen Wandel im Interesse der Konzerne, begründen Rentenkürzungen mit absurden „Argumenten“ und ebnen den weiteren Weg hin zur vollständigen Privatisierung der Rente. Die einst aus nicht zuletzt sozialen Motiven eingeführte gesetzliche Rente wird so zunehmend zum hochprofitablen Spekulationsobjekt für große Versicherungskonzerne. Diesen Weg halte ich für falsch. Ich finde, von den Menschen gebraucht wird vielmehr eine starke gesetzliche und solidarische Erwerbstätigen-Versicherung, in welcher sämtliche Erwerbseinkommen versicherungspflichtig sind. Auch die Verteilung der Finanzierung der Rente auf mehr Schultern kann den demographischen Wandel auffangen helfen und wäre zudem sozial gerechter als beim aktuellen Rentensystem.

Ein anderer Punkt ist der Umgang des Staates mit älteren Menschen. Hierzu lässt sich feststellen, dass der Trend hin zur Privatisierung etwa von Pflegeheimen die Lebenssituation älterer Menschen verschlechtert, denn die Folgen von Privatisierungen sind regelmäßig Kostensenkungen, die sich negativ auf die Personaldichte in den Pflegeheimen auswirken und zudem zu wachsendem Leistungsdruck auf die Pfleger führen. Das alles ist auch für die Pflegebedürftigen nicht von Vorteil. Um eine wirklich bedarfsgerechte Versorgung im Pflegebereich zu sichern, müsste erheblich mehr Personal eingestellt und qualifiziert werden. Das bedeutet natürlich auch, dass dafür mehr Geld ausgegeben werden müsste. Aber das sollte uns das Leben und die Gesundheit älterer Menschen wert sein.

Hinzu kommt der allgemeine Politiktrend, bei sozialen und medizinischen Leistungen zu kürzen. Das betrifft ältere Menschen in besonderem Maße, da sie oft auf soziale und medizinische Leistungen angewiesen sind. Auch diese Entwicklung geht in die falsche Richtung.

Natürlich könnte man noch viel mehr zu diesem ganzen Themenkomplex sagen. Ich denke aber, ich habe einige zentralen Punkte angerissen.

Mit freundlichen Grüßen,
Sahra Wagenknecht

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