Portrait von Ruprecht Polenz
Ruprecht Polenz
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Ruprecht Polenz zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Susanne K. •

Frage an Ruprecht Polenz von Susanne K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Polenz,

weshalb ist Ihrer Meinung nach in den Medien nicht zu lesen, dass Deutschland sich aktiv im Krieg befindet? Und welchen Interessen dient Ihrer Ansicht nach dieser Krieg?

Mit freundlichen Grüßen
Susanne Kratzer

Portrait von Ruprecht Polenz
Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Kratzer,

vielen Dank für Ihre Frage bezüglich der in der deutschen Öffentlichkeit geführten "Kriegs"-Debatte in Bezug auf den Afghanistaneinsatz der Bundeswehr. Sehr gerne lege ich Ihnen meine Position dazu ausführlich dar.

Die deutsche Bundeswehr ist im Rahmen der "International Security Assistance Force" (ISAF) in Afghanistan aktiv. Dabei handelt es sich um eine vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mandatierte internationale Unterstützungsmission, die seit 2003 unter NATO-Führung steht.

Ihre Aufstellung erfolgte auf Ersuchen der afghanischen Regierung an die internationale Gemeinschaft und auf Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (VN), festgehalten in der Resolution 1386 vom 20. Dezember 2001, die seitdem jährlich verlängert wird.

Der ISAF-Auftrag besteht im Kern aus der Unterstützung der Staatsorgane Afghanistans bei der Herstellung und Aufrechterhaltung eines sicheren Umfeldes sowohl für die afghanischen Staatsorgane selbst als auch für das Personal der VN und anderem Zivilpersonal, das vor allem dem Wiederaufbau und humanitären Aufgaben in dem von 30 Jahren Krieg und Bürgerkrieg gebeutelten Land nachgeht. ISAF ist damit eine Mission zur Friedenserzwingung nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen.

VN-mandatierte Zwangsmaßnahmen finden zwar oft in einem kriegerischen Umfeld statt, entscheiden sich aber grundsätzlich von einem Krieg durch ihre völkerrechtliche Legitimität, durch ihre Ziele wie die Wiederherstellung von Frieden und internationale Rechtsdurchsetzung und auch durch Einsatzbeschränkungen. Wäre die Situation in Afghanistan tatsächlich ein Krieg, dann wäre ein viel weitgehender Gebrauch von Gewalt möglich, als es das Mandat der Vereinten Nationen erlaubt. Rein rechtlich betrachtet ist der Einsatz in Afghanistan also kein Krieg.

Generell ist das deutsche Einsatzgebiet in der Nordregion Afghanistans relativ ruhig und von kriminellem Gewaltniveau geprägt. In der Provinz Kunduz haben die Aufständischen jedoch im Frühjahr ihre Taktik geändert und verwickeln zunehmend die afghanische Armee und Polizei sowie ISAF-Kräfte in längere Gefechte. Folglich sind auch deutsche Soldaten in Erfüllung der Friedensmission immer wieder in gefährliche Kampfsituationen geraten. Es ist ganz verständlich, dass Menschen diese Situation als Krieg wahrnehmen und bezeichnen und sich in der deutschen Öffentlichkeit eine entsprechende Debatte darüber entwickelt.

Ich bin der Auffassung, dass sich die Diskrepanz zwischen rechtlicher Bewertung und menschlicher Wahrnehmung nicht auflösen lässt, die Diskussion darüber aber vor allem den Taliban in die Hände spielt.

Denn die Taliban und die mit ihnen assoziierten Terroristen und Kriminellen wollen, dass ihr Kampf gegen die afghanische Regierung und deren Verbündeten Krieg genannt wird, da sie davon profitieren würden. Denn das hieße, sie wären Kombattanten nach dem Kriegsvölkerrecht und könnten außerdem als Konfliktpartei beanspruchen, auf einer Höhe mit der afghanischen Regierung zu stehen. Diesen Erfolg sollten wir Terrorkämpfern, die gezielt Polizisten und Lehrer umbringen, nicht zugestehen.

Mit freundlichen Grüßen

Ruprecht Polenz