Regina Kittler
Regina Kittler
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Regina Kittler zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Dennis K. •

Frage an Regina Kittler von Dennis K. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Kittler

wie stehen Sie persönlich denn zum Sozialismus?

Ihre Partei möchte ja genau den wieder einführen, finden Sie das eigentlich Richtig?

Mit freundlichen Grüßen

Dennis Kufner

Regina Kittler
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Dennis Kufner!
 
Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich Ihre Frage nur in geraffter subjektiver Form beantworten kann.
Mit der Analyse der Gründe für das Scheitern des Sozialismusversuches in der DDR und anderen Ländern befassen sich seit der Wende Historiker, Geistes- und Gesellschaftswissenschaftler.
Der aktuelle Entwurf unseres Parteiprogrammes ist über die Internetseite der LINKEN und gedruckt in jeder Geschäftsstelle verfügbar.
Hier finden Sie ausführlichere Antworten auf das Woher und Wohin.
Ja, ich setze mich als Mitglied unserer Partei für eine friedliche, sozial gerechte Welt ein.
Die Welt, in der wir leben, ist beides nicht.
Der Sozialismus als Alternative zum kapitalistischen System, die sozialistische Idee, ist durch den „real existierenden Sozialismus“, der gescheitert ist, diskreditiert worden.
Es waren hauptsächlich die Geburtsfehler, seine Staatswerdung in einem feudalistischen Russland, die Pervertierung der Idee durch den Stalinismus, dann nach dem 2. Weltkrieg in den sozialistischen Ländern der Aufbau nach sowjetischem Vorbild.
Ein demokratischer Sozialismus hat sich nie auf eigener Grundlage entwickeln können.
Die DDR insbesondere war in der Systemauseinandersetzung (Kalter Krieg) an der Grenze zwischen den hochgerüsteten Militärblöcken nie wirklich souverän.
Die Startbedingungen waren denkbar ungünstig, die junge DDR leistete für ganz Deutschland Reparationszahlungen an die Sowjetunion, der BRD wurde durch den Marshallplan geholfen.
Außer Braunkohle und Salz gab es keine nennenswerten Rohstoffe, die deutschen Industriezentren lagen hauptsächlich an Rhein und Ruhr.
Die Versorgung der DDR-Bevölkerung war immer eine Mangelwirtschaft, die Arbeitsproduktivität hinkte hinter den entwickelten kapitalistischen Ländern her, die Ausgaben für die Rüstung trugen auch zum ökonomischen Ausbluten bei, übrigens auch in der Sowjetunion.
Das Volkseigentum wurde als solches nicht empfunden.
Das lag sicher auch daran, dass der hauptsächliche Mangel in der Abwesenheit von wirklicher Mitbestimmung bestand.
Eine kleine Gruppe von Spitzenfunktionären herrschte zunehmend mittels des Parteiapparates über den Staat, die Wirtschaft, die Medien.
Dieses System war in seiner „Endzeit“ nicht reformierbar, Ansätze dazu wurden im Keim erstickt, Kritik wurde unterdrückt, Andersdenkende wurden kriminalisiert, die Freiheitsrechte waren eingeschränkt.
Die Menschen haben mit den „Füßen“ abgestimmt, Millionen haben die DDR im Laufe ihrer Existenz verlassen.
Auch deshalb wurde die Mauer gebaut.
Das alles sind die Negativseiten, es gibt aber auch Erfahrungen, die die Menschen gemacht haben, die positiv sind, und die sie heute schmerzlich vermissen.
Es gab soziale Sicherheit, es gab Arbeit, von der man leben konnte, die Mieten waren niedrig, die Lebenshaltungskosten gering, Bildung und Ausbildung bis hin zum Studium kostenfrei, und damit für alle möglich, zunehmend auch menschenwürdigen Wohnraum, in Marzahn-Hellersdorf zum Beispiel. Der Genossenschaftsgedanke hat die Wende auch praktisch überlebt.
Die DDR setzte sich für atomare und konventionelle Abrüstung ein, es gab nie einen Kriegseinsatz der Armee. Die Wende und die Öffnung der Grenze verlief ohne einen einzigen Schuss. Und dennoch:
Dieser Sozialismus ist gescheitert, weil viele Menschen ihn so, wie er war, nicht wollten.
Der Kapitalismus ist übrig geblieben. Er ist aus meiner Sicht nicht die letzte Antwort der Geschichte. Die ökonomischen und politischen Analysen von Karl Marx über den Frühkapitalismus in England werden heute nachgerade bestätigt, wenn auch die Wirkungen drastischer und viel schneller erfolgen, als damals.
Aufgabe unserer Partei ist es, für alle, die eine Alternative zu dieser Gesellschaft suchen, eine Plattform zu sein, in der sie sich engagieren können.
Die Veränderungen erfolgen heute, die LINKE ist eine Opposition, die in den Parlamenten und außerparlamentarisch für Veränderungen eintritt, die Interessen der Betroffenen artikuliert und vertritt.
Das alles auf demokratischem Weg.
Die alte Losung der französischen Revolution, die bis heute nicht erfüllt ist: „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ mag als Überschrift über dem demokratischen Sozialismus stehen.
Das sind meine Gedanken zu Ihrer Frage.
In meiner bisherigen Tätigkeit als Bezirksverordnete in Marzahn-Hellersdorf beschäftigen mich natürlich vor allem die Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger, das wird sich auch nicht wesentlich ändern, sollte ich meinen Wahlkreis gewinnen und Berliner Abgeordnete werden.
Aber Sie haben mich ja nach meinem Standpunkt zum Sozialismus gefragt.
 
Mit freundlichen Grüßen, Regina Kittler