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Frage von Andreas F. •

Frage an Rainer Fornahl von Andreas F. bezüglich Wirtschaft

Hallo Herr Fornahl,
ich würde mich freuen, wenn Sie sich die Zeit nehmen würden, mir einige Fragen zu beantworten.

Ist es in Deutschland legal, sein Geld in Unternehmen zu investieren, die - vor allem im Ausland - menschenunwürdige Arbeitsbedingungen dulden?

Müsste man den Art 14 Satz 2 Grundgesetz nicht so verstehen, dass der Gesetzgeber aufgefordert ist eine Norm zu entwickeln was unter "soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen" zu konkret zu verstehen ist?

Wie weit fortgeschritten sind die Ambitionen Ihrer Partei dem Investitionsverhalten deutscher Mitbürger ethische Fesseln anzulegen?

Wäre das nicht vielleicht sogar ein lohnendes Projekt um klar zu machen, dass die Sozialdemokratie das Primat der Politik gegenüber einem ungezügelten und unmoralischen Kapitalismus verteidigt?

Viele Grüße
Andreas Falken

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Falken,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 3.04.2008.

Eine allumfassende staatliche Kontrolle von Investitionen privater Anleger würde das Problem von Menschenrechtsverletzungen durch transnationale Unternehmen nicht lösen. Und hier muss das Ziel liegen.

Im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit deutscher Unternehmen im Inland stellt das deutsche Rechtssystem die Beachtung der Menschenrechte sicher. Mit der Zunahme grenzüberschreitender Wirtschaftsbeziehungen und wachsender Bedeutung transnationaler Unternehmen reicht dies nicht aus, um die Beteiligung von Unternehmen an Menschenrechtsverletzungen und Investitionen in solche Unternehmen zu unterbinden. Transnationale Unternehmen können sich immer stärker ihren rechtlichen Hauptsitz aussuchen und sich damit der nationalen Gesetzgebungen entziehen. Entsprechend muss die Gemeinwohleffizienz des Eigentums im Zeitalter einer globalen Weltwirtschaft durch Übereinkommen der Staatengemeinschaft gesichert werden. Es ist eine globale Lösung notwendig. Deshalb bemühen sich Deutschland und die EU um die Festlegung international gültiger sozialer Standards (sei es im Rahmen der Internationalen Arbeitsorganisation, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung oder bei den Vereinten Nationen). Dabei dürfen allerdings keine Barrieren aufgebaut werden, die den Entwicklungs- und Schwellenländern den Marktzutritt verbauen.

Eine weitere Möglichkeit, durch die auch Einzelstaaten in der globalisierten Welt aktiv dazu beitragen können, die Beteiligung von Unternehmen an im Ausland begangenen Menschenrechtsverletzungen zu unterbinden, ist die Förderung der freiwilligen Selbstverpflichtungen von Unternehmen im Rahmen des Konzepts der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen (Corporate Social Responsibility – CSR), welches sich u. a. auch auf Menschenrechtsstandards bezieht. Regierungen können bei Firmen das Bewusstsein erhöhen, dass das Konzept der CSR im langfristigen Interesse der Unternehmen liegt. Zudem können sie den Erfahrungsaustausch und Dialog über „best practices“ in bestimmten Foren institutionalisieren. Außerdem können Regierungen vorhandene Empfehlungen, Leitlinien und neue Entwicklungen in diesem Bereich bekannt machen. Die Bundesregierung unterstützt dieses Engagement der Firmen einerseits durch „Multi-Stakeholder“-Dialoge wie den Runden Tisch Verhaltenskodizes oder den VN-„Global-Compact“, andererseits durch konkrete „Public-Private-Partnership“-Projekte, bei denen es um die Erarbeitung bzw. Umsetzung von branchenweiten Verhaltenskodizes geht, z. B. im Textil- und Kaffeesektor.
Sie sind innovative und wichtige Instrumente zur Förderung der grundlegenden Menschen-, Arbeits- und Umweltrechte und der Korruptionsbekämpfung und sind insbesondere in den Ländern von Bedeutung, in denen die staatlichen Stellen keine Mindeststandards vorgeben oder wo vorhandene Gesetzgebung nicht durchgesetzt wird. Ich denke, dass solche Standards nationale und internationale Rechtsvorschriften ergänzen können.

Hier ist auch die kritische Öffentlichkeit gefordert. Immer mehr Kundinnen und Kunden fordern von den Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung ein. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher sind bereit, mehr Geld für verantwortlich produzierte Produkte auszugeben. Die Selbstbewusstwerdung der Verbraucherinnen und Verbraucher in den reichen Staaten und der zunehmende Einfluss der Verbraucherverbände trägt ebenso zur Verbesserung der Situation bei, wie das wachsende sozial-ökologische Risikobewusstsein von Unternehmen und Investoren.

Alle Akteure müssen versuchen die Menschenrechte in ihrer Einflusssphäre zu schützen und zu fördern. Freiwillige Aktivitäten und staatliche Regulierung sind nicht gegeneinander abzutauschen. Die SPD ist sich ihrer Verantwortung bewusst und setzt sich -wie dargestellt- weiter für bessere soziale Standards (national und international) ein.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Fornahl