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Petra Häffner
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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Frage von Axel F. •

Wie soll verhindert werden, dass durch die Eigenverantwortung der Schulen beim KI-Einsatz ein Flickenteppich an Lösungen entsteht, der Bildungsungerechtigkeit fördert?

Sehr geehrte Frau Häffner,

laut einer Antwort von Kultusministerin Schopper auf eine Landtagsanfrage (22.08.2025, Staatsanzeiger) obliegt die Nutzung von KI-Tools grundsätzlich den einzelnen Schulen bzw. Schulträgern. Gleichzeitig wurden eigene Lösungen wie F13, fAIrChat und künftig „telli“ entwickelt. Freiburg kauft für sich Forbizz ein, in anderen Bundesländern wiederum völlig andere Tools.

Ich befürchte, dass durch diesen Flickenteppich an Lösungen Ressourcen vergeudet und Bildungsungerechtigkeiten verschärft werden. Statt gemeinsamer Standards und Synergieeffekte droht so ein ineffizientes Nebeneinander.

Wie schätzen Sie die Gefahr ein, dass hier Steuergelder ineffizient eingesetzt werden und Schülerinnen und Schüler je nach Bundesland oder Kommune sehr unterschiedliche Bedingungen vorfinden?

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Antwort von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sehr geehrter Herr F,

bitte entschuldigen Sie zunächst die verspätete Antwort. 
Vielen Dank für Ihre Anfrage. Nach Rücksprache mit meinem Fachkollegen für Digitalisierung in der Bildung, Ralf Nentwich, hier unsere Position:

Ausgangslage

Die Digitalisierung im Bildungsbereich ist in den vergangenen Jahren enorm vorangeschritten. Mit dem Aufkommen von Künstlicher Intelligenz (KI) eröffnet sich für Schulen ein neues Feld: KI kann Lernprozesse individualisieren, Lehrkräfte im Unterricht entlasten und Schülerinnen und Schüler beim Üben, Recherchieren oder Texten unterstützen. Gleichzeitig stellen sich Fragen nach Datenschutz, Kosten, pädagogischer Qualität und nicht zuletzt nach Bildungsgerechtigkeit.

Wie die Kultusministerin richtig ausgeführt hat, obliegt die konkrete Auswahl von Tools den Schulen bzw. Schulträgern. Diese Eigenverantwortung ist grundsätzlich wichtig, weil pädagogische Konzepte vor Ort unterschiedlich sind und Schulen ein hohes Maß an Freiheit haben müssen, ihre Schwerpunkte zu setzen.

Die Sorge, dass durch zu viele unterschiedliche KI-Lösungen ein „Flickenteppich“ entsteht, ist nicht unbegründet. Schulen oder Kommunen, die finanziell gut ausgestattet sind, könnten Zugang zu leistungsstarken Tools haben, während andere zurückbleiben. Das würde Bildungsungerechtigkeiten verschärfen. Hinzu kommt die Gefahr ineffizienter Doppelausgaben, wenn Kommunen oder Länder parallel verschiedene Lösungen einkaufen, statt Synergien zu nutzen.

Damit dies nicht passiert, verfolgt das Land Baden-Württemberg eine Doppelstrategie:

Landeseigene Lösungen bereitstellen

Mit Projekten wie fAIrChat, F13 und dem neuen System telli schaffen wir zentrale, datenschutzgeprüfte und pädagogisch sinnvolle Angebote. Diese stehen allen Schulen im Land gleichermaßen kostenfrei zur Verfügung. So stellen wir sicher, dass jedes Kind – unabhängig vom Wohnort – Zugang zu verlässlichen KI-Tools hat.

Standards und Rahmenbedingungen setzen

Wir legen großen Wert auf Datenschutz, Transparenz der Algorithmen und die Einbettung in pädagogische Konzepte. Dazu werden landesweite Leitlinien entwickelt, die Schulen Orientierung geben. Auf diese Weise entstehen Mindeststandards, die Bildungsgerechtigkeit sichern.

Gestaltungsfreiheit erhalten

Schulen sollen weiterhin die Möglichkeit haben, ergänzende Tools auszuprobieren, wenn diese pädagogisch sinnvoll erscheinen. Gerade innovative Schulen leisten durch Pilotprojekte wichtige Beiträge, von denen später alle profitieren können. Entscheidend ist, dass auch hier klare Kriterien gelten, damit nicht Sicherheit oder Gerechtigkeit gefährdet werden.

Überregionale Perspektive

Die Herausforderung endet nicht an der Landesgrenze. Wenn jedes Bundesland eigene Insellösungen entwickelt, drohen Parallelstrukturen und unnötige Kosten. Deshalb setzen wir uns im Kultusministerkonferenz-Verbund dafür ein, gemeinsame Standards und möglichst auch gemeinsame Plattformen zu entwickeln. Denn Synergien über Ländergrenzen hinweg stärken die Effizienz und schaffen noch mehr Verlässlichkeit für Schulen.

Fazit

Ihre Befürchtung ist ernst zu nehmen: Ein unkoordiniertes Nebeneinander unterschiedlicher KI-Tools kann zu Ungleichheit und Ressourcenverschwendung führen. Genau deshalb verfolgt Baden-Württemberg die Linie, landesweit geprüfte Werkzeuge bereitzustellen, verbindliche Standards zu schaffen und zugleich pädagogische Gestaltungsfreiheit zu bewahren. So wollen wir sicherstellen, dass alle Schülerinnen und Schüler unabhängig von Wohnort oder kommunaler Finanzkraft faire Chancen haben.

Künstliche Intelligenz ist eine große Chance für unsere Schulen – aber nur dann, wenn wir sie verantwortungsvoll, koordiniert und gerecht einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen
Petra Häffner

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