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Frage von Michael W. •

Frage an Ortwin Runde von Michael W. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Runde,

ich verfolge die Debatte um die sogenannten Killerspiele seit langem und habe nun gehört dass im Sommer beschlossen werden soll, dass Spiele mit übertriebener Gewaltdarstellung verboten werden.

Wie soll ich das verstehen? Darf ich als 35 jähriger nicht mehr entscheiden, welche Spiele ich spielen möchte? Wieso langt auf einmal nicht mehr die bisherige Altersfreigabe, die ja schon regelt, welche Spiele ab welchem Alter erlaubt werden?

Zensur ist doch das Wort welches mir spontan einfällt, bei diesem Sachverhalt. Der eigentliche Witz an der Sache ist doch, dass von den ganzen Abgeordneten die über dieses Thema abstimmen werden vielleicht 1-2 % überhaupt selber Kontakt zu solchen Spielen hatten bzw. hat.

Wer bestimmt denn was "übertriebene" Gewaltdarstellung sein wird? 50-70 jährige, die nie auch nur ein Videospiel selbst gespielt haben?

Immer wenn ein sogenannter Amoklauf stattfindet wird das Fass der "Killerspiele" geöffnet und Politiker wie Beckstein und Konsorten fordern wieder ein Verbot, obwohl doch noch in keinem Fall ein direkter Zusammenhang zwischen einem Spiel und einer dieser Taten nachgewiesen wurde.

Ich darf zur Wahl gehen, durfte eine Familie gründen (2 Kinder), darf Steuern zahlen, darf jeden Tag zur Arbeit gehen, darf mir Bilder von Kriegen und Morden in den Nachrichten ansehen, ABER ich darf nur Spiele spielen von denen Bürokraten sagen DAS darfst du?

Ist der nächste Schritt Filme zu verbieten die Politikern nicht passen oder Bücher mit "übertriebener Gewaltdarstellung"?

Meine Frage ist nun, wie Sie zu diesem Thema stehen? Haben Sie sich mit dem Thema mal praktisch befasst? Werden Sie als mein Abgeordneter einer Zensur meines Hobbys zustimmen?

MFG
Michael Wiechert (Videospiele Spieler seit 20 Jahren und trotzdem ein "nützliches" Mitglied der Gesellschaft)

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Wiechert,

vielen Dank für Ihre Frage zum Thema „Killerspiele“.

Lassen Sie mich klarstellen: Wenn etwas – ein Buch, ein Film oder eben ein Computerspiel – Gewalt gegen Menschen verherrlicht oder verharmlost oder die Menschenwürde verletzt, dann gehört es verboten und aus der Öffentlichkeit verbannt. Und diese Entscheidung wird nicht in Hinterzimmern getroffen, sondern in einem öffentlichen und transparenten Gerichtsverfahren, in dem gut begründet werden muss, warum das Gemeinwesen vor diesen Sachen geschützt werden soll. Es gibt also keine Zensur.

Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass gewaltverherrlichende Computerspiele Ihr Hobby sind, denn diese fallen bereits heute unter das Verbot des § 131 StGB und im Jahr 2003 wurde der Tatbestand des § 131 Abs. 1 StGB übrigens auf die Darstellung von Gewalttätigkeiten gegen menschenähnliche Wesen erweitert und damit das Strafrecht an dieser Stelle auch in Bezug auf Computerspiele klarer gemacht.

In aller Kürze möchte ich Ihnen die geltende Rechtslage zum Jugendmedienschutz nahe bringen. Der Jugendmedienschutz ist in Deutschland dreistufig geregelt. Relevant sind das Jugendschutzgesetz (JuSchG) für Trägermedien (Offline-Medien wie z. B. Bücher, Videofilme, Computerspiele auf CDs), der Jugendmedienstaatsvertrag (JMStV) für Telemedien (z.B. Spiele, die online im Internet zu finden sind) und das Strafgesetzbuch (StGB) für Träger- und Telemedien.

Die erste Stufe ist die gesetzlich vorgeschriebene Alterskennzeichnung: Alle Medien müssen im System der staatlich überwachten Selbstkontrolle eine Alterskennzeichnung erhalten. Kindern und Jugendlichen dürfen nur die Angebote zugänglich gemacht werden, die für ihre Altersstufe freigegeben sind („Freigegeben ohne Altersbeschränkung“, „Freigegeben ab 6 Jahren“, Freigegeben ab 12 Jahren“, „Freigegeben ab 16 Jahren“, „Keine Jugendfreigabe“). Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) führt das Prüfverfahren zur Altersfreigabe bei Computerspielen an dem auch die Obersten Landesjugendbehörden mitwirken, durch.

Die zweite Stufe des Jugendmedienschutzes ist die Möglichkeit der Indizierung: Jugendgefährdende Träger- und Telemedien werden durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) indiziert und dürfen Kindern oder Jugendlichen damit weder verkauft, überlassen oder anderweitig zugänglich gemacht werden. Es gilt ein Werbeverbot und der Versandhandel ist nur eingeschränkt erlaubt. Durch die Indizierung wird der Zugang für Erwachsene zwar erschwert (Stichwort „unter der Ladentheke“), er ist aber möglich, denn diese Medien sind nicht verboten. Wegen des Zensurverbots können Medien erst dann indiziert werden, wenn sie bereits auf dem Markt sind.

Die dritte Stufe ist schließlich das Verbot von Gewaltdarstellungen gemäß § 131 StGB. Medien, die „grausame Gewalttätigkeiten gegen Menschen“ enthalten, sind verboten, wenn sie Gewalt verherrlichen, verharmlosen oder die Menschenwürde verletzen. Dies gilt auch im Hinblick auf „menschenähnliche Wesen“. Über die Indizierungsfolgen hinaus gilt ein generelles Verbreitungs- und Herstellungsverbot. Zuständig hierfür sowie für eine mögliche Beschlagnahmung sind die Gerichte. Computerspiele fallen, so sie oben genannte Voraussetzungen erfüllen, bereits heute unter § 131 StGB, egal ob Offline- oder Online-Spiele, denn das StGB gilt sowohl für Träger- als auch Telemedien.

Um den Jugendmedienschutz und damit den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor gefährdenden Inhalten weiter zu verbessern, wird in diesem Jahr das Jugendschutzgesetz fortentwickeln. Der Gesetzentwurf sieht vor, den Verbotskatalog der schwer jugendgefährdenden Trägermedien im Hinblick auf Gewaltdarstellungen zu erweitern. Für diese Medien - zu denen sogenannte Killerspiele und Horrorfilme zählen – gelten gesetzliche Vertriebsbeschränkungen. Zukünftig sollen auch solche Medien, die besonders realistische, grausame und reißerische Darstellungen selbstzweckhafter Gewalt beinhalten, mit einem weit reichenden Abgabe-, Vertriebs- und Werbeverbot belegt werden.

Auch die im Jugendschutzgesetz genannten Indizierungskriterien sollen in Bezug auf mediale Gewaltdarstellungen erweitert und präzisiert werden. Die Aufzählung im Gesetz soll zum Beispiel um „Mord- und Metzelszenen“, die detailliert dargestellt werden oder die Selbstjustiz verherrlichen, erweitert werden.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass insgesamt der Anteil an Computerspielen, welche als für Kinder und Jugendliche gefährlich eingestuft werden müssen, geringer ist, als es oft in der öffentlichen Diskussion den Anschein hat.

Klar ist auch: Wenn jemand seine Computerspielfigur zum Gewehr greifen lässt, muss er nicht zwangsläufig auch in der echten Welt das Bedürfnis haben, so etwas zu tun. Da ist die Diskussion differenzierter. Aber wir können nicht so tun, als hätten Spiele, in denen Gewalt verherrlicht wird, keine Wirkung gerade auf Kinder und Jugendliche. Hier muss Freiheit eine Grenze finden, denn unsere Kinder und Jugendlichen haben ein Recht darauf, mit möglichst wenig Gewalt konfrontiert zu werden.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr
Ortwin Runde