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Michael Roth
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Frage von Ralf S. •

Frage an Michael Roth von Ralf S. bezüglich Wirtschaft

Werter Michael Roth,

im Zusammenhang mit der kurzfristig anstehenden Abstimmung im Deutschen Bundestag zum Thema ESM bitte ich Dich inständig im Interesse der Bürger unseres Heimatlandes Deutschland mit Nein zu stimmen.

Wir verantwortungsbewußten Bürger wollen, dass es kein Zurück mehr zu einer Kleinstaaterei geben wird, das werden auch andere Interessenkreise nicht zulassen, und dieses gemeinsame Europa mit einer Fiskal-, Polit-, Wirtschafts- und Sozial-Union stabilisiert wird, aber als ein demokratisches Europa mit einer klaren Position des EU-Parlaments als Gesetzgeber und Kontrolleur einer EU-Regierung als Exekutive, und der gesetzgebenden, kontrollierenden nationalen Parlamente über die nationalen Regierungen! Das heißt also, nicht grundsätzlich nein zu ESM und Fiskalpakt, sondern NEIN zu dieser undemokratischen Organisationsform! Das heißt auch: JA ZU EINER DEMOKRATISCHEN! POLITIK-FISKAL-WIRTSCHAFTS- und SOZIAL-UNION in Europa! Lass uns ein Zeichen setzen, daß wir Europa wollen aber ein Europa freier Bürger in Demokratie!

Wie stehst Du dazu?

Ralf Schmiedel,
37281 Wanfried

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schmiedel,

ich teile Ihre Einschätzung, dass ein Rückfall in die Kleinstaaterei verheerend für Europa wäre. Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat uns aufgezeigt, dass die Nationalstaaten alter Prägung mittlerweile vielem machtlos gegenüber stehen, dass viele Probleme nur noch durch gemeinsames europäisches Handeln bewältigt werden können. Weder Deutschland noch ein anderes Land in Europa sind in der Lage, den Wohlstand, die Freiheit, das Klima und den Sozialstaat im Alleingang zu sichern. Daher gilt: Wer „mehr Europa“ ablehnt, der hat weder die Globalisierung noch die Krise verstanden.

Selbstverständlich darf „mehr Europa“ nicht zu „weniger Demokratie“ führen. Ich stimme Ihnen zu, dass die derzeitige Entscheidungsfindung auf europäischer Ebene noch nicht allen demokratischen Grundsätzen entspricht. Seit dem Ausbruch der Krise sind vor allem die europäischen Gemeinschaftsinstitutionen und die nationalen Parlamente von den Staats- und Regierungschefs mehr und mehr an den Rand gedrängt worden. In dem von Frau Merkel propagierten „Europa der Regierungen“ droht die parlamentarische Demokratie auf der Strecke zu bleiben. Die SPD setzt sich daher dafür ein, dass die parlamentarische Kontrolle einer noch weiter auszugestaltenden Wirtschafts-, Fiskal- und Sozialunion durch das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente gesichert wird. Aus dem „Europa der Regierungen“ muss ein demokratisches „Europa der Parlamente“ werden.

Den pauschalen Vorwurf, der Fiskalpakt und der dauerhafte Euro-Rettungsschirm ESM seien undemokratisch, kann ich dagegen nicht nachvollziehen. Der Bundestag muss allen wesentlichen Entscheidungen des ESM – beispielsweise der Gewährung von Finanzhilfen für notleidende Euro-Staaten – ausdrücklich zustimmen, erst danach kann die Bundesregierung für Deutschland „grünes Licht“ geben. Das Budgetrecht ist und bleibt das Königsrecht des Parlaments – daran ändert sich auch durch den Fiskalpakt im Grundsatz nichts. Der Bundestag hat sich allerdings verpflichtet, auf eine grenzenlose Verschuldung zu verzichten, um die Macht der Finanzmärkte einzugrenzen und Rücksicht auf kommende Generationen zu nehmen. Dies erfolgte bereits durch die Verankerung der Schuldenbremse ins Grundgesetz im Mai 2009, der Fiskalpakt hat dies nur noch einmal bekräftigt.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Roth

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