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Michael Roth
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Frage von Horst K. •

Warum beantworten sie meine Frage vom 19.07.2022 nicht und was tun sie um eine atomare Katastrophe in Saporischje zu verhindern? Glauben sie wirklich die Russen beschießen sich selbst?

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Sehr geehrter Herr K.,

für Ihre Frage danke ich Ihnen und nehme gerne dazu Stellung.

In der Tat ist die Lage am Atomkraftwerk in Saporischschja derzeit besorgniserregend und definitiv nicht mit den fundamentalen Prinzipien der Nuklearsicherheit vereinbar. Das größte ukrainische Atomkraftwerk wurde bereits Anfang März 2022 von den russischen Invasionstruppen erobert. Seitdem arbeitet zwar das ukrainische Personal unter russischer Aufsicht weiter, auf dem Kraftwerksgelände befinden sich aber auch rund 500 russische Soldaten, schwere Waffen, Munition und Sprengstoff.

In den vergangenen Tagen ist es wiederholt zu Kampfhandlungen in unmittelbarer Nähe des Atomkraftwerks gekommen. Dabei wurden Teile der Anlage beschädigt und ein Reaktor musste abgeschaltet werden. Bislang wurde nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde glücklicherweise keine Radioaktivität freigesetzt, es bestehe jedoch weiterhin eine "sehr reale Gefahr einer nuklearen Katastrophe" im Kriegsgebiet. Erinnerungen werden wach an den Reaktorunfall in Tschernobyl im April 1986, als es zu einer Kernschmelze und der Freisetzung radioaktiver Strahlung gekommen war, von der auch weite Teile Westeuropas betroffen waren.

Es ist offensichtlich, dass die russische Militärführung inzwischen die von ukrainischen Atomkraftwerken ausgehende Gefahr ganz gezielt in ihre strategische Planungen einbezieht. Der Verdacht liegt nahe, dass das besetzte Atomkraftwerk in eine bewaffnete Schutzstellung verwandelt soll, um die voranrückenden ukrainischen Truppen mit dem Szenario eines zweiten Tschernobyl abzuschrecken. Das würde es dem russischen Militär ermöglichen, von dort ukrainische Städte und Dörfer zu beschießen, ohne direkte Gegenschläge befürchten zu müssen. Würde es jedoch zu Gefechten um das und auf dem Gelände des Kraftwerks kommen, besteht das Risiko eines nuklearen Super-GAUs - mit dramatischen Folgen für die Bevölkerung der Ukraine, ihrer Nachbarstaaten, einschließlich Russlands, sowie die gesamte Weltgemeinschaft.

Die militärische Besetzung des ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja durch Russland ist absolut inakzeptabel und muss sofort beendet werden. Putin muss seine Truppen und sämtliches militärisches Material unverzüglich aus dem Kraftwerk abziehen. Im Sinne der Nuklearsicherheit sollte das Atomkraftwerk Saporischschja und sämtliche kerntechnischen Anlagen innerhalb der international anerkannten Grenzen der Ukraine wieder der vollständigen Kontrolle ihres rechtmäßigen Eigentümers, der Ukraine, unterstellt werden, um den sicheren und gesicherten Betrieb zu gewährleisten. Zudem befürworte ich auch, dass Expertinnen und Experten der Internationalen Atomenergiebehörde uneingeschränkter und sicherer Zugang zum Kraftwerksgelände gewährt wird, um alle Bedenken in Bezug auf die nukleare Sicherheit zu klären.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Roth

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