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Frage von Eric C. •

Sehr geehrter Herr Roth, warum wird die Verletzung des europäischen Luftraums durch Russland geduldet?

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Sehr geehrter Herr C.,

für Ihre Frage zur „Duldung der Verletzung des europäischen Luftraums durch Russland“ vom 19. Mai 2022 danke ich Ihnen und nehme gerne hierzu Stellung.

Bei den von Ihnen erwähnten Vorfällen im Zusammenhang mit russischen Militärflugzeugen wurde jeweils die nationale Unversehrtheit der Lufthoheit von Schweden und Dänemark durch unerlaubtes Eindringen in den nationalen Luftraum verletzt – nicht die der Europäischen Union. In der Regel wird in diesen Fällen deshalb auch national reagiert. Eine Besonderheit stellen internationale Luftraumüberwachungen der NATO-Verbündeten im Rahmen des so genannten grenzüberschreitenden „Air Policing“ dar. Die Benelux-Staaten planen etwa, ihre Luftraumüberwachung zukünftig gemeinsam zu betreiben. Der Luftraum über Luxemburg wird bereits seit vielen Jahren von Belgien mitüberwacht, ohne dass dies als NATO-Mission bezeichnet wird.

Für das Abfangen durch so genannte Alarmrotten gibt es verschiedene Eskalationsstufen und standardisierte, international nachvollziehbare Manöver mit denen angemessen auf das Eindringen in den eigenen Luftraum reagiert wird. In Deutschland entscheiden Vertreterinnen und Vertreter von Polizei, Militär und Ministerien im „Nationalen Lage- und Führungszentrum für Sicherheit im Luftraum“ jeweils über das weitere Vorgehen. Bleibt eine Situation nach ihrer Einschätzung verdächtig, erhalten die Abfangjäger der Bundeswehr einen Einsatzbefehl. Die Luftraumverletzung in Estland vor rund einem Jahr durch zwei russische Militärmaschinen dauerte beispielsweise weniger als eine Minute. Zu kurz, um weiter darauf zu reagieren.

Auch wenn es sich bei den jüngsten Vorfällen im Zusammenhang mit russischen Militärflugzeugen oder auch Hubschraubern vermutlich um bewusste Provokationen gehandelt hat, ist es auch immer möglich, dass ein unerlaubtes Eindringen in den nationalen Luftraum andere Gründe haben kann – beispielsweise technische Defekte oder auch medizinische Probleme.

Als Folge auf Russlands Provokationen und Grenzverletzung bestellten die beiden Betroffenen Länder diplomatische Vertreter Russlands ein und brachten ihren Unmut auf politischer Ebene deutlich zum Ausdruck. Es ist nicht auszudenken, welche Folgen eine erzwungene Landung oder auch ein tatsächlicher Abschuss haben könnte. Letzteres stellt glücklicherweise das letzte Mittel am Ende der Eskalationsstufen dar. 

Gerade in dieser dramatischen Zeit ist es wichtiger denn je, dass militärische und politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger auch im Zusammenhang mit diesen bewussten, russischen Provokationen kühlen Kopf bewahren.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Roth

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