Maximilian Brym
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Maximilian Brym zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Adelbert R. •

Frage an Maximilian Brym von Adelbert R. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Brym,

die Bankenkrise in den USA ist noch lange nicht ausgestanden. Es wird,
wie man jetzt schon sieht ,zu einer Versicherungskrise führen. In Spanien greift auch schon die Immobilienkrise um sich. In Berlin probiert man es mit beschwichtigungen, es wäre alles nur halb so wild. Wenn dies so wäre, müßte nicht beschwichtigt werden. Hier werden plötzlich abermilliarden € lockergemacht, von der die Regierung immer behauptet hat, dass Sie diese nicht hat. Dies wurde vor allem immer im Zusammenhang mit dem Sozialabbau gebracht. Da jetzt diese Mrd da sind hat doch ie Regierungen in Berlin und Bayern die WählerInnen belogen. IKB,KfW,BayLB haben zusammen mehr als das gesamte Körperschaftsteueraufkommen aller GmbH und AGs in Deutschland für 2008 gekostet(15,9Mrd € vgl. Steuerschätzung der Bundesregierung 2008)
Zum Vergleich die Aufwendungen für alle Hartz IV Empfänger incl.
der Aufstocker beträgt ca 25 Mrd €.
Wie finden Sie das, hat da CDU/CSU/SPD versagt? Soll es so in unserem Land weitergehen?

Mit freundlichen Grüßen
A.R.
Dipl.Betriebswirt BA Steuern

Antwort von
DIE LINKE

Soziale Folgen der Rezession und Widerstand

Sehr geehrter Herr Ringwald,

Ihre Diagnose bezüglich der Beschwichtigungsformeln und der Praktiken „ unserer Politiker“ ist nur zuzustimmen. Angeblich hat die politische Kaste kein Geld, um auch nur etwas Weihnachtsgeld für Hartz VI BETROFFENE locker zu machen. Andererseits sind die Millionen welche die KFW Bank verbraten hat nur „ ärgerlich“. Herr Huber von der CSU meinte zu den Milliardenverlusten der Bayerischen Landesbank , dass dies kein „ großes Problem“ sei. Gleichzeitig weigert sich Herr Huber die neuesten Verlustzahlen der Landesbank bekanntzugeben. Die Wirtschaftspresse spricht von knapp 5 Milliarden Euro Verlust bei der Landesbank in Bayern. Die Bundesregierung hat 10 Milliarden Euro für die Rettung der privaten Bank IKB ausgegeben. Anschließend wurde die Bank für 100 Millionen Euro an einen privaten Investor verhökert. Dies nennt man SOZIALISIERUNG der Verluste und PRIVATISIERUNG der Gewinne. Der Charakter des Staates wird in der jetzigen Rezession deutlich. Der Staat steht den „ Finanzjongleuren bei und holt sich das Geld von der Allgemeinheit. Nach dem schwarzen Montag wird in den Organen des Bürgertums von einer tiefen Rezession gesprochen und die Krise des Finanzmarktes schlägt auch auf die Realwirtschaft durch. Die Entlassungen bei Siemens erklärt der Vorstandsvorsitzende Löscher, „ mit den „ dunklen Wolken am Himmel der Weltkonjunktur“. In der Tat, neben den Milliardenverlusten im Finanzsektor hat die bundesdeutsche Industrie im dritten Quartal negative Raten von 0,5%.

Was ist die Ursache für die Krise ?

Es rollt eine Schockwelle über die Finanzmärkte hinweg, sie ist größer und wuchtiger ist als alle anderen zuvor. Sie lässt sich nur mit dem „Schwarzen Freitag“ im Jahr 1929 bedingt vergleichen. Zwei Wochen nach der Verstaatlichung des halben Marktes für Wohnungsdarlehen in den USA geht mit Lehman Brothers die drittgrößte US-amerikanische Investmentbank mit ihrer 158-jährigen Geschichte Pleite – und 25.000 Beschäftigte verlieren ihren Job. Auch die weltgrößte Investmentbank Merrill Lynch steht vor der Insolvenz und flüchtet sich deshalb in die Arme der Bank of America. Die weltgrößte Versicherung AIG stand kurz vor dem Zusammenbruch, bevor sie dann von der US-Regierung „gerettet“ wurde. Die US-amerikanische Notenbank Fed gewährt dem angeschlagenen Riesen einen Kredit von 60 Milliarden Euro.

Initiativen der bürgerlichen Staaten

Während die US-Regierung Lehman Brothers untergehen ließ, handelte sie beim Versicherungsriesen AIG in letzter Sekunde, da sie massive Auswirkungen auf die weltweiten Finanzmärkte befürchtete. Die AIG hat fast 20 Milliarden Dollar Verluste angehäuft. Die Aktie des Versicherers verlor seit Jahresbeginn mehr als 90 Prozent ihres Werts. Die US-amerikanische Regierung übernimmt knapp 80 Prozent der Kontrolle an dem Konzern und erhält ein Veto-Recht bei der Ausschüttung der Dividende.

Weltweit werden zahlreiche Banken vom Staat gerettet . Mehrere Regierungen haben so eingegriffen, um einen Kollaps des Finanzsystems zu verhindern. Die britische Regierung hat die Hypothekenbank Northern Rock verstaatlicht. Und die US-amerikanische Regierung hat mit einem Notkredit zuerst die Investmentbank Bear Stearns gerettet und danach die Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac verstaatlicht, um einen Kollaps des Immobilienmarktes zu verhindern.

Die US-Regierung kann aber nicht unbegrenzt Rettungsaktionen zugunsten der Kapitalisten durchführen. Milliarden wurden bereits ausgeben und die immense Staatsverschuldung der USA erhöht sich weiter. Das stößt an Grenzen. Deshalb sollte man die Vergesellschaftung der Verluste die momentan stattfindet nutzen um die grundsätzliche Frage aufzuwerfen ob private Spekulation in Milliardenhöhe und ob die Konkurrenzwirtschaft des Kapitalismus wirklich hinnehmbar sind. Die Gesellschaft sollte über die Milliardenvermögen verfügen und die Betriebe in ihre Hand nehmen. Denn die Milliarden die verzockt wurden fielen nicht vom Himmel, sie sind das Produkt menschlicher Arbeit. Die Enteigner müssen enteignet werden. Aber nun zurück zur allgegenwärtigen Krisendebatte.

Spekulation und Kapitalismus

Die Finanzmarktkrise hat ihren Ursprung in einer großen Spekulationsblase auf dem US-amerikanischen Häusermarkt, aus der eine Liquiditätskrise unter Banken wurde. Daraus folgte eine Kreditklemme mit steigenden Kosten für Gläubiger, was schließlich den Wirtschaftsabschwung verschärfte. So erhalten Unternehmen keine Kredite mehr von Banken, da diese selber erst neues Geld benötigen. Sie haben in den letzten Jahren durch Spekulation viel Geld verloren und müssen diese Verluste nun abschreiben. Deshalb schränken sie die Kreditvergabe ein. Sie müssen sich nach neuem Kapital und Investoren umsehen. Deshalb haben sie auch den in die Krise geratenen Banken nicht geholfen. Die US-Banken haben bislang 250 Milliarden Dollar an Abschreibungen („Wertberichtigungen“) vorgenommen. Die Finanzkrise wird aber Kreditausfälle von rund einer Billion Dollar verursachen. Wer gibt aber in dieser Situation den Banken Kapital – und wer den Unternehmen Kredite?

Weitere Banken werden Pleite gehen. Die Finanzmarktkrise wird weitere Kreise ziehen. Und sie betrifft nicht nur Broker, die Geld an der Börse und ihre Jobs verlieren. Sie wird den reichen Spitzenmanagern kaum etwas antun können, die hohe Abfindungen und intakte Alterspensionen erhalten. Die Krise trifft jedoch Zehntausende, die ihren Lohn in Aktien der Banken steckten, in denen sie arbeiteten, und diese Aktien sind jetzt nichts mehr wert.

Außerdem wird der Zusammenbruch des Finanzsektors zu einer spürbaren Krise in der Realwirtschaft führen. Die USA, Großbritannien, Europa und Japan befinden sich bereits im Abschwung, die Rezession ist da. Das bedeutet: Unternehmen gehen bankrott, Erwerbslosigkeit und Inflation steigen an. Der Kapitalismus wird mit aller Gewalt auf eine Wiederherstellung der Rentabilität drängen. Die Konsequenzen werden viele von uns spüren: durch den Verlust vieler Arbeitsplätze und das Auslöschen ganzer Unternehmen, die durch größere oder wirtschaftlich stärkere verdrängt werden. Dieser Prozess hat im Finanzsektor begonnen und wird sich in der gesamten kapitalistischen Wirtschaft ausdehnen. In dieser Situation helfen keine listigen Tricks oder sozialpartnerschaftlichen Vorschläge. Das Bürgertum kann sich auf keinerlei soziale Kompromissschiene begeben. Auch der Keynesanismus ist keine Antwort. Es gilt der Realität ins Auge zu schauen. Wir befinden uns in einer Periode in der starke soziale Auseinandersetzungen geführt werden müssen. Wer in dieser Situation den Kapitalismus nicht beseitigen will wird nicht einmal kleine Zugeständnisse erhalten. Das Kapital wird nichts hergeben, es muss darum gehen die Enteigner zu enteignen.

Viele Grüße

Max Brym