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Martin Sträßer
CDU
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Frage von Garrit D. •

Frage an Martin Sträßer von Garrit D. bezüglich Bildung und Erziehung

Hallo,

Mich würde Interessieren welchen Anteil am geöffnet lassen der Schulen der Faktor Entlastung der Eltern und damit Sicherung der Wirtschaftserholung hat.
Mir kommt es Teilweise so vor als würde man die Schulen auf Krampf möglichst lange offen halten und damit die Gesundheit der Schülerinnen (auch derer mit Vorerkrankungen) aufs Spiel setzt.
Vorgaben wie das Stoßlüften werden Teilweise nur halbherzig von den Lehrern durchgesetzt weil sie keine Konflikte mit gewissen empfindlicheren Personen eingehen wollen.
1.) Gibt es Pläne/Ansätze den Unterricht sicherer zu gestalten?
1.1) Warum nicht

Danke schonmal im Voraus für ihre Antwort

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Dorgarten,

ich möchte Ihnen gern etwas grundsätzlicher antworten, damit deutlich wird, wie intensiv wir uns seit Beginn der Pandemie gerade auch im Schulausschuss des Landtags immer wieder mit dem Thema „Schule und Corona beschäftigen“:

1. NRW geht keinen Alleingang.
Wir stimmen uns immer wieder mir der Bundeskanzlerin, den Ministerpräsident*innen und den Bildungsminister*innen aller Bundesländer ab. Und alle Bundesländer gehen derzeit den gleichen Weg. Alle wollen den Präsenzbetrieb so lange wie möglich beibehalten.

1. Präsenzbetrieb funktioniert (auch in NRW) immer noch in 9 von zehn Fällen.
Leider werden in der öffentlichen Diskussion - die teilweise sehr emotional geführt wird, was durchaus verständlich ist – die Fakten immer wieder außer acht gelassen. Über 90 Prozent der Lehrkräfte stehen für den Präsenzbetrieb zur Verfügung und über 90 Prozent der Schüler*innen nehmen am Präsenzbetrieb teil. Ich bekomme von Schulleitungen, Eltern und Schüler*innen ganz viele Rückmeldungen, dass wir unbedingt beim Präsenzuntericht bleiben sollen – insbesondere auch um der Kinder willen, die sonst ‚abgehängt‘ würden.
Es gibt deshalb durchaus eine Diskrepanz zwischen der gefühlten und der tatsächlichen Lage – und viel „Unsicherheit“, „Sorge“ und „Angst“. Mehr Orientierung an den Fakten könnte sicher zu einer Beruhigung und Versachlichung der Diskussion beitragen. Dazu gehört ja auch, dass wir durchaus extrem gestiegener Inzidenzwerte haben; aber eben auch, dass unsere Schulen weiterhin keine Infektionsherde sind.

1. Unser „Plan B“: individuelle Lösungen vor Ort statt Schulen aufgezwungene Lösungen von oben
Wir wollen – wie alle anderen 15 Bundesländer (s.o.) – den Präsenzbetrieb so lange wie möglich erhalten – den Kindern und den Eltern zuliebe. Wir wollen keinen von oben – weder vom Land, vom Kresi oder von der Stadt - verordneten Hybrid- oder Distanzbetrieb. Das individuelle Infektionsgeschehen in der jeweiligen Schule ist für uns das maßgebliche Kriterium, also sieht sich die Schulleitung in der Lage, den Präsenzbetrieb weiter aufrechtzuerhalten. Inzidenzwerte sind dafür nicht maßgeblich weil sie schon innerhalb einer Stadt sehr unterschiedlich hoch oder speziell begründet (z.B. Hotspot im Pflegeheim) sein können. Das gilt erst recht in einer Großstadt oder einem Flächenkreis. Deshalb war der „Solinger Weg“ auch der falsche Weg; denn dort wäre Schulen der Präsenzbetrieb (von der Stadt) untersagt worden, die ihn weiter hätten durchführen wollen und können.
Wir halten deshalb daran fest, dass Schul(leitung)en individuelle Lösungen vor Ort finden, wenn eine Schule betroffen ist. Das erfolgt in Abstimmung mit der Schulaufsicht und dem Gesundheitsamt. Das hat bisher gut funktioniert, wenn wegen Infektionen oder Quarantäne Teil- oder Vollschließungen notwendig waren – nochmals: das war bisher in weniger als 10 Prozent der Schulen notwendig – und das auch immer nur für wenige Tage.

1. Das Land schafft rechtliche Voraussetzungen, gibt didaktische Unterstützung, fördert die digitale Ausstattung und – wenn notwendig – auch mobile Lüfungsanlagen
Auch wenn wir den Präsenzbetrieb so lange wir möglich aufrechterhalten wollen, sind wir im Land und in den Kommunen deutlich besser vorbereitet als noch bei der „ersten Welle“:

* Im Schulausschuss des Landtags haben wir uns mehrfach mit einer Verordnung befasst, die die Voraussetzungen für den Distanzbetrieb, dessen Organisation, die Zusammenarbeit der Schule mit den Eltern, die Aufgaben der Lehrkräfte und die Leistungsbewertung. Die Verordnung ist seit Anfang Oktober in Kraf (s. Anhang)
* Es gibt eine umfangreiche didaktische Handreichungen (Ein Beispiel: https://broschüren.nrw/fileadmin/Handreichung_zur_lernfoerderlichen_Verknuepfung/pdf/Handreichung-Distanzunterricht.pdf
* Mit unseren Sofortprogrammen für die Ausstattung der Lehrkräfte und bedürftiger Schüler*innen mit digitalen Endgeräten ist Nordrhein-Westfalen anderen Bundesländern weit voraus. Die Umsetzung durch die Kommunen bedarf natürlich einiger Zeit. Aber ich weiß, dass auch die Stadt Velbert hier mit aller Kraft daran arbeitet.
* Mit einem Sonderprogramm zur Förderung mobiler Lüftungsanlagen in Höhe von 50 Mio Euro versetzen wir zudem die Kommunen in die Lage, die Klassenräume, die nicht zu lüften sind, kurzfristig ‚mobil zu lüften‘. Aber ACHTUNG: nichts ist besser als das normale Stoßlüften. Und die Wirksamkeit mobiler Lüftungsanlagen in Klassenzimmern (!) ist bisher nur in wenigen Einzeltests, aber nicht in umfangreichen Studien nachgewiesen.

1. Auch Hybrid- und Distanzunterricht funktioniert nur unter den richtigen Rahmenbedingungen
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass auch Hybrid- und Distanzunterricht kein Wundermittel ist, sondern auch bestimmte Rahmenbedingungen benötigt, wenn er funktionieren soll. Hier nur ein paar Stichworte: räumlich (Teilung der Klassen = doppelter Raumbedarf) , technisch (Distanzunterricht nur bei entsprechender digitaler Ausstattung auf beiden Seiten), personell (doppelter Unterricht - wo die Lehrkräfte hernehmen?), sozial (Betreuung zuhause?). Auch hier gilt wieder: das lässt sich ‚von oben‘ nicht so gut beurteilen wie vor Ort. Die Schulleitungen können (und müssen ) vor Ort prüfen und abwägen, was besser funktioniert. Diese Möglichkeit liegt durch die o.g. Verordnung schon lange vor.

Ich hoffe, dass diese ausführliche Antwort Ihnen deutlich macht, dass in den Schulen vor Ort, in den Städten, in den Kreisgesundheitsämtern, aber eben auch im Land, jeden Tag fast rund um die Uhr daran gearbeitet wird, die Bedingungen in den Schulen zu verbessern. Von uns allen, vor allem auch von den Schulleitungen und Lehrkräften vor Ort, aber auch Eltern und Schüler*innen wird dabei viel abverlangt. Manchmal geht es auch über die eigenen Kräfte; dann bekommt man hoffentlich Hilfe von nebenan und kann dann wiederum anderen bei deren Überforderung auch hilfreich zur Seite stehen.

Ich bitte Sie, mit dazu beizutragen, dass wir gemeinsam durch diese schwierigen Zeiten kommen. Helfen Sie mit, wo Sie helfen können. Tragen Sie die Fakten weiter, damit mehr Zuversicht und Vertrauen ins unser Gemeinwesen wächst; im Vergleich zu vielen anderen Staaten stehen wir in Deutschland gut da. Sprechen Sie da Mut zu, wo manche zu verzweifeln drohen. Werben Sie für gegenseitige Wertschätzung und Solidarität, wenn der Blick für die anderen, vor allem die besonders gefährdeten Gruppen verloren geht.

Wenn jede*r das tut, was er/sie selbst zu leisten imstande ist, werden wir das schaffen. Immerhin sind jetzt schon Impfstoffe in Sichtweite. Auch ich werde weiterhin alles in meiner Kraft Stehende tun, um der Pandemie zu begegnen und die Bildungsmöglichkeiten unserer Kinder aufrechtzuerhalten.

Alles Gute wünscht

Martin Sträßer MdL

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