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Frage von Hans R. •

Frage an Martin Schulz von Hans R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Schulz

wie stehen Sie dazu,das der IWF Europa vorschreibt wie es die Kriese zu bewältigen hat ! Braucht Europa den IWF ? Haben wir in Europa nicht genug Fachwissen um es ohne diese amerikanische Interessen vertretende Organisation zu schaffen ? Ich habe mich diesbezüglich etwas belesen und kein positives Beispiel gefunden,das der IWF einem Land wirklich wieder auf die Beine geholfen hätte.Meist mussten die Gläubiger als letzte Option ihre Förder-und Schürfrechte verkaufen ! Wer waren die Profiteure ?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr R.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Die europäischen Hilfsprogramme werden auf europäischer Seite derzeit über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) abgewickelt, wobei die endgültige Entscheidung über die Finanzhilfe und die Auflagenbindung von der Eurogruppe getroffen wird, die daher auch die politische Verantwortung für die Programme trägt.

Der ESM ist eine zwischenstaatliche Einrichtung, die nicht in die rechtliche Struktur der Europäischen Union eingebunden ist. Der ESM-Vertrag schreibt vor, dass von einem Mitgliedstaat, der Hilfe beim ESM beantragt, erwartet wird, dass er, soweit dies möglich ist, auch einen Antrag auf Hilfe beim Internationalen Währungsfonds (IWF) stellt.

Der IWF ist eine globale Institution, deren Aufgabe es ist, Staaten mit Zahlungsbilanzproblemen unter Auflagen Finanzhilfe zu leisten. Da alle EU-Länder Mitglieder des IWF sind, haben sie auch das Recht, dessen Hilfe zu beantragen. So haben im Übrigen auch mehrere nicht dem Euroraum angehörige EU-Länder bereits Beistand erhalten, der von der EU in Zusammenarbeit mit dem IWF gewährt wurde.

Die internationale Finanzkrise hat in einigen europäischen Ländern zu einer wirtschaftlichen und sozialen Krise geführt. Die negativen Auswirkungen in den betroffenen Ländern wären allerdings ohne die EU-IWF-Finanzhilfen erheblich schlimmer ausgefallen. Die Maßnahmen auf europäischer Ebene haben dazu beigetragen, eine weitere Verschlechterung der Lage zu verhindern. Zugleich gab es im Gefolge der Hilfsprogramme für einzelne Euroländer erhebliche Kritik an den ursprünglich als "Troika" bezeichneten Institutionen, zu denen neben dem IWF auch die Europäische Kommission und die Europäische Zentralbank gehören. Deshalb hat sich das Parlament intensiv mit der Arbeit der Troika und den Folgen befasst und im März 2014 zwei Entschließungen angenommen, die sich kritisch mit der Rolle und der Tätigkeit der Troika sowie mit den sich daraus ergebenden beschäftigungs- und sozialpolitischen Aspekten auseinandersetzten.

Das Europäische Parlament hat in diesem Kontext die Schaffung eines Europäischen Währungsfonds (EWF) vorgeschlagen, der den höchsten demokratischen Standards der Verantwortlichkeit und Legitimation unterliegen sollte. Anders als der zwischenstaatlich vereinbarte ESM, sollte ein EWF auf der Grundlage des Unionsrechts geschaffen werden, also unter Einbindung des Europäischen Parlaments. Ein solcher Rahmen würde nach Ansicht des Europäischen Parlamentes auch die Transparenz des Entscheidungsprozesses und die uneingeschränkte Verantwortlichkeit aller beteiligten Organe für ihre Maßnahmen sicherstellen.

Auch wenn das Europäische Parlament derzeit also keinen direkten Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung der Hilfsprogramme für einzelne Euro-Länder und auf die damit verbundene Einbindung des IWF hat, so wird das Europäische Parlament die Arbeit der Institutionen auch weiterhin aktiv begleiten.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Schulz