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Martin Rosemann
SPD
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Frage von Roman S. •

Frage an Martin Rosemann von Roman S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Rosemann,

Ihr Kollege Lothar Binding hatte in einem Interview über das Gesetzesvorhaben der künftigen Besteuerung von Kapitalanlagen bemerkenswert klare Antworten der Haltung der SPD-Fraktion gegeben. Die Klarheit ist hier leider das einzig positive...

Wie erklären Sie dieses einem 30-jährigen Bürger, der
- bei herkömmlichen Banken Strafzinsen auf sein Erspartes bezahlen muss,
- der insbesondere im Raum Tübingen und Speckgürtel Stuttgart eine Investition in Immobilien ohne zugeschossenem Eigenkapital nicht leisten kann und dieses nicht aufbringen kann? (weil der qm Preis längst Höhen erreicht hat, da kann einem nur schlecht werden... )

Man wird mit der aktuellen Politik dazu gezwungen im Kapitalmarkt mehr oder weniger disversifiziert anzulegen und dann kommt sie auch noch mit so einem Gesetzesvorhaben ums Eck.
Zitat Hr. Binding: "Diese Konstellation ist im privaten Bereich doch sehr selten."
Das ist zum einen kompletter Unsinn und zeigt eigentlich nur wie weit entfernt die SPD-Fraktion von ihren Bürgern ist, zum anderen als Argumentation einer 'sozialen' Partei einfach nur erschreckend!

SPD = sozial und gerecht? -> Klare Absage!

Wie kann ich also dafür sorgen,
dass ich mein verdientes Geld behalten kann?
dass ich bei Renteneintritt ein Dach über dem Kopf habe?
dass in der Rente nicht auf Almosen angewiesen bin?

MfG aus Tübingen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Stöcker,

entschuldigen Sie, dass meine Antwort solange hat auf sich warten lassen. Mir ist es jedoch ein Anliegen, jede Anfrage auch persönlich zu beantworten.

Es geht bei der Besteuerung von Kapitalanlagen in allererster Linie darum, dass Güter und Dienstleistungen, im Gegensatz zu Finanzdienstleistungen, nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Das bedeutet, dass wir uns mit unserem täglichen Konsum, aber auch mit unserem Gehalt an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligen, nicht jedoch mit Kapitalanlagen. Wenn man sich nun anschaut, dass ein Großteil der Menschen mit kleinen Einkommen keine Aktien besitzt, dann erkennt man, dass diese anteilig deutlich mehr in unser Gemeinwesen einbezahlen als Menschen mit deutlich höherem Einkommen. Und das ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.

Tatsächlich ist es so, dass auch die Finanztransaktionssteuer in der nun vorliegenden Form viel weniger die altersvorsorgenden Privatanlegerinnen und Privatanleger, als vor allem die professionellen Aktienhändlerinnen und Aktienhändlern, die täglich Aktien kaufen und verkaufen und die einzelnen Aktienpakete nur kurz halten, treffen wird.
Sparerinnen und Sparer, die für ihr Alter vorsorgen, sind an langfristigen Anlagen interessiert, nicht an kurzfristigen Kursgewinnen. Sie sparen langfristig, kaufen die Aktien und lassen sie dann über einen längeren Zeitraum im Depot liegen. Die Steuer wird nur einmal beim Kauf der Aktie fällig. Privatanlegerinnen und Privatanleger werden mit einer Steuer – in Höhe von 0,2 Prozent des Kaufpreises – also kaum belastet und Aktien als Altersvorsorge bleiben damit attraktiv. Auch ein Gutachten des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel bestätigt das. Das Institut kommt in seiner Studie zu dem Schluss, dass vor allem Großanleger sowie institutionelle Anleger von der Steuer betroffen sein werden. Dementsprechend wird das meiste Geld für die Grundrente auch von solchen Akteuren kommen und nicht von altersvorsorgenden Aktionärinnen und Aktionären.

Ich möchte abschließend noch einmal betonen: mit Blick auf eine Finanztransaktionssteuer hätte ich gerne einen deutlich weitreichenderen Entwurf als den jetzigen. Die aktuell geplante Steuer wird und kann daher nur ein erster Schritt zu einer viel umfassenderen Steuer sein. Für die Zukunft wird sich die SPD daher ausdrücklich für eine Erweiterung der Steuer auf Derivate, Optionsscheine oder andere hochspekulative Finanzprodukte einsetzen.

Der Vollständigkeit halber muss man jedoch sagen, dass die Finanztransaktionsteuer nur die verschiedenen internationalen und nationalen Maßnahmen der Bundesregierung für mehr Steuergerechtigkeit und gegen Steuerumgehung und Steuerbetrug ergänzt.

Zu den Negativzinsen, die Sie ansprechen, hat sich Finanzminister Olaf Scholz sehr klar positioniert: Wenn Sparen mit Negativzinsen bestraft werde, kann das nicht rechtmäßig sein. Das sehe ich genauso und wenn dies zur Praktik wird - wovon wir bislang nicht sprechen können - werden wir hier eingreifen und einen Riegel vorschieben.

Wenn Banken dies bei großen Vermögen bisher überhaupt in Betracht ziehen, ist die Weitergabe von Negativzinsen zu Lasten von Kundinnen und Kunden rechtlich mit hohen Risiken verbunden.

Bei den Immobilien- beziehungsweise Grundstückspreisen muss ich Ihnen Recht geben. Deshalb arbeiten wir daran, genau dem entgegenzuwirken und Familien beim Hausbau zu unterstützen - zum Beispiel durch das Baukindergeld.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Antwort behilflich sein.

Mit freundlichen Grüßen
Martin Rosemann

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