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Martin Rosemann
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Frage von Sebastian B. •

Frage an Martin Rosemann von Sebastian B. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Rosemann,

Ihr Parteikollege Olaf Scholz in Hamburg hat wiederholt jede Kritik an der Polizei beim G20-Gipfel als indiskutabel bezeichnet. Wie kommentieren Sie die hohe Zahl von ca. 40 Anzeigen, davon über 20 wegen Körperverletzung, gegen Polizisten in diesem Zusammenhang? Und wie nehmen Sie allgemein Stellung zu den immer wieder gegen Polizisten laut werdenden Vorwürfen der Diskriminierung und Gewalttätigkeit vor allem von LGBTQ und ethnischen Minderheiten?

Mit freundlichen Grüßen,
S. B.

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Sehr geehrter Herr B.,

vielen Dank für Ihre Anfrage.
15.000 Polizist*innen und 4.000 Einsatzkräfte der Bundespolizei waren Anfang Juli für den G20-Gipfel in Hamburg im Einsatz. Neben dem Schutz der G20-Gäste war es die Aufgabe der Polizei, die öffentliche Ordnung Hamburgs aufrecht zu erhalten und zeitgleich friedlichen Protest gegen den G20-Gipfel zu ermöglichen. Die Polizist*innen waren somit vor eine große Herausforderung gestellt. Hinzu kam, dass wir in Hamburg leider eine extrem große Gewaltbereitschaft von einem Teil der Demonstrierenden erlebt haben. Randalierer*innen, die zum Teil extra für ein Gewalthappening aus anderen Teilen Europas angereist waren, nutzten den Protest gegen den G20-Gipfel für sinnentleerte Gewaltaktionen. Durch ihre Gewalt wurde die Situation in der Stadt Hamburg sehr schwierig – für die Anwohner*innen und für die Polizist*innen, die die Situation kontrollieren mussten. Ihren Einsatz gilt es aus meiner Sicht erst einmal zu würdigen.
Bei dem Polizeieinsatz rund um dem G20-Gipfel ist auch aus meiner Sicht sicherlich nicht alles gut gelaufen. Darüber muss eine differenzierte Diskussion stattfinden. Und auf jeden Fall müssen individuelle Gewalthandlungen von Polizist*innen thematisiert und aufgearbeitet werden. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hamburg in bisher 49 Fällen sind ein wichtiger Schritt, um Vorwürfe zu prüfen. Dabei ist die Anzahl der Strafverfahren im Vergleich zu den eingesetzten Polizeikräften aber relativ gering. Nichtsdestotrotz ist es wichtig zu untersuchen, was in den einzelnen Fällen passiert ist, und dies ggf. strafrechtlich zu verfolgen. Dies ist aber Aufgabe einer unabhängigen Justiz.
Die Äußerungen von Olaf Scholz, auf die Sie Bezug nehmen, sind mir natürlich bekannt. Ich habe seine Intention so verstanden, dass er sich als Bürgermeister und oberster Dienstherr der Hamburger Polizei zunächst einmal vor seine Beamt*innen gestellt hat, die einen harten und unglaublich schwierigen Einsatz zu bewältigen hatten. Wenn Polizist*innen den Kopf hinhalten müssen, selbst mit massiver Gewalt konfrontiert sind und ihre Gesundheit im Einsatz aufs Spiel setzen, erwarte ich das auch von dem Regierungschef eines Bundeslandes. Wenn er der Ansicht ist, dass sich jede sachlich begründete, differenzierte Kritik am Polizeieinsatz beim G20-Gipfel grundsätzlich verbietet, teile ich seine Meinung ausdrücklich nicht.
Überdies bin ich der Meinung, dass es notwendig ist, die Polizeiarbeit gerade im Bereich Prävention weiterzuentwickeln, damit es zu weniger gewalttätigen Auseinandersetzungen kommt. Verbesserte Deeskalationsstrategien können auch dazu beitragen, Polizist*innen vor tätlichen Angriffen zu bewahren. Zudem sehe ich es auch als erforderlich an, eine allgemeine Kennzeichnungspflicht für solche Großeinsätze einzuführen. Der Bundestag kann dies jedoch nur für die Bundespolizei beschließen. Die Einführung einer Kennzeichnungspflicht für die Landespolizei obliegt den jeweiligen Bundesländern.
Hinsichtlich des Vorwurfs, Polizist*innen würden vor allem gegenüber ethnischen Minderheiten und LGBTQ-Personen gewalttätig sein, liegen mir keine Erkenntnisse oder Statistiken vor. Ich kann mir diesen Vorwurf insofern nicht zu Eigen machen.
Wir als Sozialdemokrat*innen kämpfen gegen jede Form von Diskriminierung und Gewalt in der Gesellschaft. Sollten LGBTQ-Personen und ethnische Minderheiten auch von Seiten der Polizei Diskriminierungen ausgesetzt sein, muss dies in jedem Einzelfall verfolgt werden, ohne aber sämtliche Polizist*innen in Deutschland unter Generalverdacht zu stellen. Dazu würde ich es sehr begrüßen, dass diese Problematik stärker als bisher in der Polizeiausbildung thematisiert wird, um entsprechende Vorfälle besser vermeiden zu können.

Mit freundlichen Grüßen
Martin Rosemann

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