Wie stehen Sie persönlich und als CDU-Abgeordneter zur „Stadtbild“-Aussage des Bundeskanzlers Friedrich Merz?
Sehr geehrter Herr R.,
Bundeskanzler Friedrich Merz hat mit seiner „Stadtbild“-Aussage viel Kritik geerntet. So wie er die Aussage getroffen hat, hat er viele unserer Mitmenschen mit deutschem Pass beleidigt und als Problem in unseren Städten bezeichnet.
Auch nach der heftigen Kritik der letzten Tage hat Herr Merz keine Klarstellung zu seiner Aussage getroffen oder sich dafür entschuldigt. Tatsächlich hat er seine Aussage nochmal unterstrichen.
Interessand und traurig ist zudem, dass eine solche Aussage zum Stadtbild bisher von der rechtsextremen AfD zu hören war. Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel hat daraufhin souverän geantwortet, dass man eben nicht anhand des Äußeren Menschen mit oder ohne Pass unterscheiden kann. Eine solche Reaktion hätte ich mir gewünscht und sollte auch von einer CDU, die sich als demokratische Partei bezeichnet, zu erwarten sein!
Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihre Frage und Ihre ehrliche Kritik. Ich nehme Ihre Besorgnis sehr ernst, denn Sprache in der Politik hat Gewicht – sie prägt den öffentlichen Ton und beeinflusst, wie wir miteinander umgehen.
Ich weiß, dass viele Menschen auf politische Aussagen sensibel reagieren – gerade dann, wenn sie sich in ihrer Zugehörigkeit oder in ihrem Beitrag zu unserem Land hinterfragt fühlen. In einer vielfältigen und offenen Gesellschaft wie der unseren kommt es darauf an, differenziert zu sprechen, Missstände klar zu benennen und gleichzeitig niemanden pauschal auszuschließen. Es geht um Verantwortung in der Sprache und um Respekt gegenüber allen, die hier leben und unser Land mitgestalten.
Gleichzeitig müssen wir gesellschaftliche Probleme – etwa bei Integration, Bildung oder Sicherheit – ehrlich ansprechen dürfen. Das ist kein Widerspruch, sondern Ausdruck eines verantwortungsvollen Umgangs mit Realität. Entscheidend ist, wie man diese Themen anspricht: mit Augenmaß, Respekt und klarer Haltung gegen jede Form von Ausgrenzung.
Als CDU-Abgeordneter stehe ich dafür, dass die CDU eine demokratische, verlässliche Partei der Mitte bleibt – eine Partei, die Integration fördert, Rechtsstaatlichkeit sichert und allen Menschen mit Achtung begegnet, unabhängig von Herkunft, Religion oder Hautfarbe. Die CDU darf und wird sich nicht auf das Niveau populistischer oder ausgrenzender Rhetorik begeben. Wir dürfen uns nicht in Spaltung verlieren, sondern müssen Brücken bauen und Vertrauen stärken. Zur Demokratie und in Betracht der inneren Sicherheit gehört es aber auch Debatten anzustoßen, die in der Bevölkerung mit Besorgnis gesehen werden. Der Ton des Bundeskanzlers hat Sie vielleicht irritiert - der Anstoß zur Debatte war dennoch der richtige Schritt.
Deutschland lebt von Vielfalt, Zusammenhalt und klaren Regeln. Diese Balance zu wahren, ist unser gemeinsamer Auftrag – auch im politischen Handeln.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Markus Reichel, MdB

