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Markus Herbrand
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Frage von Christoph P. •

Wie wird das Verbots der Rentendoppelbesteuerung bei den 140.000 Rentnern adressieren, die Einspruch gegen den Steuerbescheid 2021 eingelegt haben und über 1 Jahre auf eine Bearbeitung warten?

Sehr geehrter Herr Herbrand,
Als ehemaliger Selbständiger habe ich große Teile meiner Rentenbeiträge aus bereits versteuertem Einkommen / Vermögen in die DRV eingezahlt und gegenüber meinem Finanzamt dargelegt, zusammen mit nahezu allen Steuerbescheiden sowie meinem Rentenverlauf, aus dem meine Einzahlungen ebenfalls abzuleiten sind. Eine Gegenüberstellung von versteuerten Rentenbeiträgen und prognostizierten steuerfreien Rentenzahlungen habe ich ebenfalls angefertigt. Aus meinen Berechnungen ergibt sich, dass große Teile meiner Altersrente bei dem heutigen Besteuerungsverfahren ein zweites mal versteuert wird.

Leider hat mein Finanzamt bis heute keine Richtlinie erhalten, wie im Einzelfall bei einer doppelten Besteuerung der Rente zu verfahren ist. Der Einspruch kann auch nach einem Jahr nicht bearbeitet werden, da eine Weisung "von oben" fehlt.

Wann ist mit einer Praktischen Umsetzung des wegweisenden Urteils des Bundesfinanzhofs vom 31.05.2021 zu rechnen?

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Sehr geehrter Herr P.,

vielen Dank für Ihre E-Mail und die Nachfrage zum Umgang mit dem Urteil des Bundesfinanzhofes zur Renten-Doppelbesteuerung. Gerne lege ich Ihnen den aktuellen Sachstand zu diesem wichtigen Thema dar.

Wie Sie möglicherweise wissen, hatte der Bundesfinanzhof in seinem Urteil am 31. Mai 2021 festgestellt, dass es bisher keine generelle Doppelbesteuerung von Rentenbezügen gibt. Dies schließt auch nach Einschätzung des Bundesfinanzhofes natürlich nicht aus, dass Sie oder andere Rentenempfänger mit ähnlich gelagerten Fällen doppelt besteuert wurden. Entschieden wurde im vergangenen Jahr nur über drei konkret vorliegende Fälle. Vor diesem Hintergrund hat der damalige Bundesfinanzminister Olaf Scholz auch bereits diesbezüglich notwendige Rückstellungen im Haushalt gebildet. Zumal der Bundesfinanzhof sehr deutlich gemacht hat, dass die Gefahr einer Doppelbesteuerung für künftige Rentenjahrgänge stetig steigt. Tatsächlich wird davor gewarnt, dass dies bereits ab 2025 der Fall sein dürfte. Um genau diese Gefahr abzuschwächen, hat Bundesfinanzminister Lindner die vollständige steuerliche Abzugsfähigkeit von Rentenbeiträgen um zwei Jahre von 2025 auf 2023 vorgezogen. Damit werden bereits ab dem kommenden Jahr Entlastungen in Milliardenhöhe ermöglicht und die Risiken einer Doppel-Besteuerung sinken.

Diese kurze Zusammenfassung vorangestellt, möchte ich Ihnen versichern, dass wir das Thema der Renten-Doppelbesteuerung sehr aufmerksam verfolgen. Für uns war und ist es an Ungerechtigkeit kaum zu überbieten, wenn bereits einmal versteuerte Einkünfte bzw. aus versteuerten Einkünften geleistete Rentenbeiträge im Zuge der Rentenzahlung nochmals besteuert werden. Wir unterstützen daher zum einen die durch die erwähnten Rückstellungen im Bundeshalt getroffenen Vorkehrungen und setzen uns für eine unbürokratische Abwicklung von gerechtfertigten Ansprüchen betroffener Rentnerinnen und Rentner ein. Wir wollen nicht, dass diejenigen, die unser Land mit jahrzehntelangem Fließ wieder aufgebaut und vorangebracht haben, in ihrem wohlverdienten Ruhestand doppelt besteuert werden.

Im Hinblick auf den Zeitplan zum weiteren  Ablauf bzw. dem Umgang mit den von Ihnen erwähnten anhängigen Einsprüchen / Klagen können wir Ihnen aktuell leider keine konkreten Angaben machen. Nach unserem Kenntnisstand haben die im Verfahren vor dem Bundesfinanzhof unterlegenen Kläger eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eingereicht. Aktuell wird hier geprüft, ob das BVerfG die Beschwerde annimmt und die Fälle neu aufrollt. Nach unserer Einschätzung muss diese Entscheidung und ggf. die Urteilssprechung des BVerfG abgewartet werden, bevor eine pauschale und allgemeine Handlungsempfehlung im Umgang mit den bestehenden Einsprüchen möglich ist. Alternativ wäre momentan lediglich die Einzelfallprüfung durch die Finanzbehörden denkbar. Angesichts der bereits bestehenden Arbeitsbelastung für die Finanzbehörden und der Komplexität der Sachverhalte wäre dieses Vorgehen aber sicherlich mit langjährigen Wartezeiten und viel persönlichem Aufwand für die Betroffenen verbunden.

Für den Moment bitte ich daher um Geduld, wie das weitere Verfahren ausgeht und welche konkreten Schlussfolgerungen / Handlungsaufträge sich für den Gesetzgeber ergeben. So unbefriedigend der Weg über das Bundesverfassungsgericht auch sein mag, da er nicht zuletzt wieder einmal zeigt, dass es die Politik in den vergangenen 17 Jahren seit dem Inkrafttreten des die Rentenbesteuerung neu regelnden Alterseinkünftegesetzes nicht geschafft hat, Verbesserungen auf den Weg zu bringen, die eine Doppelbesteuerung unmöglich machen, so erscheint er aktuell doch als das richtige Mittel, um über das Thema endgültig zu entscheiden. Wir sind zuversichtlich, dass sowohl das BVerfG als auch die Politik zügig mit dem seit Jahren schwelenden Thema abschließen wollen. Die Ungewissheit und die nachvollziehbare Enttäuschung der Rentnerinnen und Rentner zieht sich an dieser Stelle schon viel zu lange hin. Je nachdem wie das Urteil ausfällt, liegt es dann an uns Politikerinnen und Politikern, gerechte und transparente Lösungen für die von einer doppelten Besteuerung Betroffenen zu finden sowie die Rentenbesteuerung so zu regeln, dass in Zukunft eine unrechtmäßige Besteuerung ausgeschlossen ist. Wir Freien Demokraten werden uns hierfür mit ganzer Kraft einsetzen.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen gedient zu haben und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen

Markus Herbrand MdB

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