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Frage von Claus-Wilhelm R. •

Frage an Marcus Weinberg von Claus-Wilhelm R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Warum haben Sie für die Ausländermaut gestimmt? -Wissen Sie nicht, dass es sehr viele wichtige Nachbarländer gibt, die bisher -bis auf wenigen einzelnen PPP-finanzierten Streckenabschnitten- eben KEINE Strassen-oder Autobahn Maut erheben: z.B. Niederlande, Dänemark, UK, Frankreich zu weiten Teilen, Irland.
Wieso lassen Sie Herrn Bundesminister Dobrindt unwidersprochen behaupten, für deutsche Autofahrer sei die neuerdings sogenannte "Infrastrukturabgabe" kostenneutral? Denn, es ist doch vorhersehbar, dass nun ihrerseits die bisher mautfreien Nachbarländer ihrerseits beginnen werden, ebenfalls eine Ausländer- Gegenmaut von deutschen Autofahrern zu erheben. Mit dem Ergebnis, dass die deutschen Autofahrer auf diesem Weg doch bald mehr werden bezahlen müssen, um durch Europa zu fahren.

Wie finden Sie es, wenn Bürger wie ich es der CDU / CSU übelnehmen, nach dem Abbau der nationalen Schlagbäume in Europa nun den Bau von nationalen Kassenhäuschen in Europa voranzutreiben?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Riepe,

vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mir zu schreiben. Sie haben am 27. März ihre Bedenken bezüglich der sogenannten „Ausländermaut“ mitgeteilt.

Ich kann Ihre Besorgnis, die Einführung einer PKW-Maut sei am Ende für Bundesbürger doch nicht kostenneutral, nachvollziehen, allerdings scheint sie mir nicht hinreichend begründet. Bitte lassen Sie mich zuerst darauf hinweisen, dass ihre Aussage, es gäbe ,,in sehr vielen, wichtigen Nachbarländern“ keine Maut, nicht ganz unumstößlich ist. Sie sprachen in Ihrer Nachricht einige europäische Länder an, in denen es keine Maut gäbe.
Hier ist für mich nicht schlüssig, warum sie davon ausgehen, dass es in Frankreich keine Maut gäbe, auch, wenn diese dort beispielsweise den Namen péage trägt und für alle Fahrzeuge auf vielen Autobahnen erhoben wird. Laut ADAC kostet die Gebühr zwischen 7 und 14 Cent pro Kilometer. Zudem fallen Sondermauten für diverse Brücken, Tunnel oder ähnliches an. Lediglich in drei von 27 Verwaltungsregionen, dem Elsass, Lothringen und der Bretagne werden keine Gebühren erhoben!
Im Vereinigten Königreich sind diverse Brücken und Tunnel gebührenpflichtig. Zudem muss in London und für die Innenstadt von Durham muss eine City Maut (,,Congestion Charge“) bezahlt werden, die beispielsweise in London unter der Woche pro Tag und LKW umgerechnet etwa 14€ beträgt. Zudem müssen alle Autofahrer, die in das Vereinigte Königreich fahren, entweder die Fähre oder den Eurotunnel zwischen Calais und Dover benutzen, für die noch zusätzlich Gebühren fällig werden. Auch in Dänemark sind die wichtigsten Strecken gebührenpflichtig, so die Brücke über den Großen Belt ("Storebaelt") zwischen den Inseln Fünen und Seeland. Außerdem ist die Öresund-Brücke zwischen Kopenhagen (Dänemark) und Malmö (Schweden) gebührenpflichtig und kostet für einen PKW/Wohnmobil bis 6m (2007):Öresundbrücke: 34,- EUR / Storebaeltbrücke: 29,- EUR.

Ebenso werden in den Niederlanden oder in Irland wichtige für wichtige Strecken Gebühren erhoben. So beispielsweise für den Limerick Tunnel, den Dublin Port Tunnel, die East Link Toll Bridge sowie die M50 Dublin Ring Road eine Nutzungsgebühr erhoben.
Aufgrund eben dargelegter Recherche scheint mir ihre Vermutung, dass es in den von Ihnen genannten Ländern keine Maut gebe, zumindest angreifbar. Hier sollte der Begriff Maut nicht zu eng ausgelegt werden, denn auch wenn in einigen Fällen nicht von einer ,,Maut“ im herkömmlichen Sinne gesprochen wird, so wird jedoch eine oft nicht unerhebliche Gebühr an zentralen Knotenpunkten des Infrastrukturnetzes oder auf wichtigen Transitstrecken verlangt. In Frankreich ist dies recht unstrittig flächendeckend der Fall, während die anderen von Ihnen angesprochenen Länder, namentlich die Niederlande, Dänemark, Großbritannien und Irland keine klassischen Transitländer mit hohem Fremdverkehrsaufkommen sind, sodass sich eine Maut zur Beteiligung von Ausländern an der Infrastrukturrefinanzierung ohnehin in Anbetracht des Verwaltungsaufwands nicht lohnen würde. Meist wird zudem, z.B. im Vereinigten Königreich, gar zweimal, also bei Einfahrt und Aufenthalt (hier z.B. Eurotunnelgebühr+City Maut) eine Zahlung fällig.

Eine Maut oder mautähnliche Gebühr existiert zudem in Griechenland, Italien, Kroatien, Mazedonien, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, der Schweiz, Serbien, Slowenien, Spanien, Tschechien und Ungarn, um Ihnen nur exemplarisch einige europäische Beispiele zu nennen. Lassen Sie mich daher zusammenfassend sagen, dass ihre Aussage einer Gebührenfreiheit “in sehr vielen wichtigen Nachbarländern“ nicht ganz der europapolitischen Realität entspricht.

Somit ist die Gefahr, dass ihrerseits bisher mautfreien Nachbarländer beginnen werden, ebenfalls eine ,,Ausländer- Gegenmaut“ von deutschen Autofahrern zu erheben und sich somit eine Mauteskalationsspirale entwickeln könntet zumindest äußerst fraglich, da die meisten Länder bereits Gebühren fordern.

Zudem ist es unter europarechtlichen Gesichtspunkten auch gar nicht möglich, eine „Gegenmaut“ ausschließlich von Autofahrern einer bestimmten Nationalität zu fordern.

Jene Länder, also z. B. das von Ihnen genannte Irland oder Dänemark, müssten also eine generelle Maut erheben. Diese würde sich für die genannten Länder, durch Ihre fehlende zentralen Lage in der Mitte Europas im Vergleich zu den klassischen Transitländern wie Deutschland, Österreich oder der Schweiz in einer Kosten/Nutzen-Abwägung aufgrund eines zu hohen Verwaltungsaufwands gar nicht lohnen.

Auch historisch ist es nicht haltbar, dass sich von einer Maut betroffene Nationen „aus Vergeltung“ mit einer eigenen Maut „gerächt“ hätten. So haben wir auch lange keine Maut gehabt, obwohl viele unserer Nachbarländer sich dazu entschlossen haben. Entscheidend für oder gegen eine Maut sind vielmehr andere Faktoren, wie stärkere Einbindung von Nutzern in die Infrastrukturfinanzierung. Dass deutsche Autofahrer also bald mehr bezahlen werden müssen, um durch Europa zu fahren, wie Sie schreiben, und die Infrastrukturabgabe daher nicht kostenneutral sei, scheint also auch fragwürdig.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass wir durch die Einführung der Ausländermaut für die Zukunft sichergestellt haben, dass die Lasten der Straßenerhaltung gerecht verteilt werden. Ziel der Politik muss es sein, sinnvolle Investitionen in ein nachhaltiges Straßennetz sicherstellen zu können. Ich habe also nicht, wie sie befürchten, für die Maut gestimmt, um ,,den Bau von nationalen Kassenhäuschen in Europa voranzutreiben“, sondern um endlich dringend benötigte Infrastrukturprojekte voranzutreiben, die im Interesse aller Bundesbürger sind. Ziel ist, die Infrastruktur Deutschlands auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts vorzubereiten.

Ich hoffe, ich konnte einige Missverständnisse bezüglich der Maut ausräumen.

Mit freundlichen Grüßen
Marcus Weinberg