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Marco Bülow
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Frage von Michaela S. •

Frage an Marco Bülow von Michaela S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Bülow,

ich möchte Ihnen sehr herzlich für Ihren Beitrag im ARD Morgenmagazin vom 30. September 2010 und Ihr Buch " Wir Abnicker" danken, in dem Sie sich mit dem Lobbyismus in unserem Land auseinandersetzen. So heißt der Untertitel auch " Über Macht und Ohnmacht der Volksvertreter".
Als stellvertretender energiepolitischer Sprecher Ihrer Partei möchte ich gerade in Bezug auf die im Bundestag stattgefundene Energiedebatte nachfragen, wie Sie ganz konkret mit den an Sie herantretenden Lobbyisten verfahren? Reicht Transparenz, wie auf Ihrer Homepage vorbildmäßig dargestellt, aus? Und : steigt die Zahl der Lobbyisten je höher oder wichtiger ein Politker für die jeweilige Klientel ist?

Wie sehr ist Ihrer Einschätzung nach unsere Demokratie ( von vielen Bürgern wird sie bereits in Frage gestellt) beschädigt?

MfG, Michaela Schur

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Antwort von
Die PARTEI

Sehr geehrte Frau Schur,

zunächst vielen Dank für Ihre Anfrage und die netten Worte zu meinem Buch und zu dem Interview mit mir im Morgenmagazin.

Wenn wir die zunehmende Einflussnahme von Lobbyisten z.B. in der Energiepolitik begrenzen wollen, ist Transparenz natürlich sehr wichtig. Wir müssen hier von beiden Seiten mehr verlangen: Zum einen müssen Abgeordnete meiner Ansicht nach all ihre Nebentätigkeiten und -einkünfte offenlegen und dokumentieren mit welchen Lobbyisten sie sich treffen. Zum anderen muss es endlich ein verpflichtendes Lobbyregister geben, in das sich alle Lobbyisten eintragen und zu Angaben über Auftraggeber, betroffene Gesetzesvorhaben und Regierungsressorts sowie über Honorare verpflichtet werden.

Dennoch reicht Transparenz alleine nicht aus. In meinem Buch stelle ich einen Forderungskatalog auf, der darüber hinaus geht. So fordere ich z.B. den sogenannten „Drehtüreffekt“, d.h. der Wechsel von ehemaligen Politikern zu Unternehmen aus ihrem Fachgebiet und umgekehrt, zu begrenzen. Denkbar ist die Einführung einer Art Karenzzeit, während der ein solcher Wechsel nicht möglich ist. Den kompletten Forderungskatalog finden Sie hier http://www.marco-buelow.de/fileadmin/uploads/PDFs/Sonstiges/Marco_Buelow_Die_Lobby-Republik.pdf

Die Anzahl der Lobbyisten ist von Fachgebiet zu Fachgebiet sehr unterschiedlich. Sehr starke und gut besetzte Lobbygruppen gibt es z.B. im Gesundheitsbereich oder der Energiepolitik. Und die Anzahl steigt je wichtiger die Funktion eines Politikers ist. So werden Fraktionsvorsitzende und ihre Stellvertreter weitaus häufiger angesprochen als andere Abgeordnete. Zudem ist zu beobachten, dass sich ein beträchtlicher Teil des Lobbyismus auf die Ministerien verlagert hat. Da ein Großteil der Gesetzesvorlagen aus den Ministerien kommt, ist es für Interessenvertreter von Vorteil bereits dort Einfluss zu nehmen.

Obwohl die Einflussnahme von wirtschaftlichen Interessen auf die Politik immer größer wird, ignoriert die Mehrheit der Parlamentarier diese Entwicklung, die sie selbst immer mehr entmachtet. Das führt dazu, dass viele Bürgerinnen und Bürger sich nicht mehr vertreten fühlen und das Vertrauen in die Politik und die Demokratie verlieren. Denn Politiker kann man abwählen, Lobbyisten nicht.

Wenn wir diese Entwicklung stoppen wollen, ist es höchste Zeit, eine Debatte darüber zu führen, wie wir den Lobbyismus begrenzen. Dazu gibt es Mittel und Möglichkeiten. Wir Politiker müssen voran gehen, wenn wir an Glaubwürdigkeit zurückgewinnen wollen. Wir brauchen aber auch die Unterstützung, oder besser den Druck, der Bürgerinnen und Bürger, damit das Thema wirklich ernst genommen wird.

Ich hoffe ich konnte Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen.

Mit freundlichen Grüßen

Marco Bülow