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Frage von Nikolaj R. •

Frage an Marcel Huber von Nikolaj R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Stellungnahme Rundfunk

Sehr geehrter Herr Dr. Marcel Huber,

mit diesem Schreiben bitte ich Sie um eine Stellungnahme zum 2013 eingeführten Rundfunkbeitrag als Wohnungspauschale.

Dieser soll sozial ausgewogen und für die Demokratie sehr wichtig sein.

Allein aus meinem persönlichen Bereich kann ich Ihnen bereits von zwei nichtgreifenden Härtefallreglungen berichten. Ich würde glatt behaupten, dass es noch viele Weitere gibt. Meine mittlerweile zu 100% behinderte Mutter wird nicht vom Rundfunkbeitrag befreit. Ebenfalls wird meine Freundin, als Studentin mit 0€ Einkommen, nicht vom Rundfunkbeitrag befreit.

Hinzu kommt, dass dieser Beitrag völlig unabhängig vom Einkommen berechnet wird. Völlig irrelevant, ob man Millionär oder Hartz IV Empfänger ist.

Inwiefern ist dies sozial und demokratisch?

Des Weiteren würde ich gerne wissen wie man sich in Zeiten der Altersarmut oder des Mindestlohns einen weltweit einmaligen Luxus, den teuersten Rundfunk der Welt, leisten kann und will.

Wie kann man das Fernseh- und Radioprogramm mit Milliarden finanzieren, anstelle es in Bildung (BAföG?), Infrastruktur (Maut?), in ein Menschenwürdiges Einkommen im erwerbsfähigem Alter (Sozialhilfe?) oder im Alter (Rente?) zu investieren.

Momentan habe ich den Eindruck, dass sich nicht nur die Höhe des Beitrags jeglicher Vernunft entbehrt.

Hier habe ich nochmal die Fragen zusammengefasst, auf die ich gerne eine Antwort hätte.

1) Halten Sie den Rundfunkbeitrag für sozial und/oder demokratisch?
2) Halten Sie die Höhe des Beitrags oder die Höhe des gesamten Finanzierungsbedarfs für angemessen?
3) Finden Sie nicht, dass man mit diesem Geld sinnvollere/wichtigere Dinge finanzieren sollte?
4) Wie beurteilen Sie die Qualität des ÖRR in Anbetracht der Summe die dafür aufgewendet wird?
5) Sehen Sie die Objektivität/Unabhängigkeit in Anbetracht des Zahlzwangs als gewährleistet?
6) Sehen Sie bezüglich des ÖRR einen generellen Diskussions-/ Reformbedarf?

Freundliche Grüße

Nikolaj Reimer

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Antwort von
CSU

1. Halten Sie den Rundfunkbeitrag für sozial und/oder demokratisch?
Das Rundfunkbeitragssystem sieht umfassende Regelungen vor, um auf niedrige Einkommen zu reagieren. So besteht die Möglichkeit, sich bei fehlender finanzieller Leistungsfähigkeit und entsprechendem Sozialleistungs bezug von der Beitragspflicht befreien zu lassen. Dabei basieren die Befreiungsgrenzen auf einem viel diskutierten politischen Konsens. Sie orientieren sich an den Wertungen, die das bestehende System des Sozialrechts bereits getroffen hat. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag wurde durch die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder abgeschlossen. Voraussetzung für sein Inkrafttreten und damit für die Rechtsverbindlichkeit für alle Bürgerinnen und Bürger war jedoch die Zustimmung durch die 16 Landesparlamente. Al le Landtage haben dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag nach vorheriger ausführlicher Befassung mit den Vor - und Nachteilen des neuen Finanzierungssystems mit großer Mehrheitzugestimmt.

2. Halten Sie die Höhe des Beitrags oder die Höhe des gesamten Finanzierungsbedarfs für angemessen?
Die Höhe des Rundfunkbeitrags wird anhand des Finanzbedarfs des öffentlich - rechtlichen Rundfunks festgesetzt. Dieser wird regelmäßig entsprechend den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, einschließlich der damit verbundenen Rationalisierungspotentiale, auf der Grundlage von Bedarfsanmeldungen der öffentlich - rechtlichen Rundfunkanstalten durch die unabhängige Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) geprüft und ermittelt.

3. Finden Sie nicht, dass man mit diesem Geld sinnvollere/wichtigere Dinge finanzieren sollte?
Das Bundesverfassungsgericht hat zuletzt in seiner Entscheidung vom 25.3.2014 die institutionelle Notwendigkeit eines öffentlich - rechtlichen Rundfunks zur Gewährleistung der freien, individuellen und öffentlichen Meinungsbildung nachdrücklich hervorgehoben. Er hat die Aufgabe, als Gegengewicht zu den privaten Rundfunkanbietern ein Leistungsangebot hervorzubringen, das einer anderen Entscheidungsrationalität als der der marktwirtschaftlichen Anreize folgt und damit eigene Möglichkeiten der Programmgestaltung eröffnet. Er hat so zu inhaltlicher Vielfalt beizutragen, wie sie allein über den freien Markt nicht gewährleistet werden kann.

4. Wie beurteilen Sie die Qualität des ÖRR in Anbetracht der Summe die dafür aufgewendet wird?
Für das Programm der öffentlich - rechtlichen Rundfunksender verantwortlich sind die jeweiligen Intendanten. Der Staat darf diesen ausdrücklich keine Vorgaben zu ihrem Programm machen. Das verbieten die Staatsferne und Programmautonomie des öffentlich - rechtlichen Rundfunks, zwei Grundsätze, die als Teil der Rundfunkfreiheit fest in unserer Verfassung verankert sind.

5. Sehen Sie die Objektivität/Unabhängigkeit in Anbetracht des Zahlzwangs als gewährleistet?
Das Bundesverfassungsgericht geht davon aus, dass die Rundfunkanstalten gerade durch den Rundfunkbeitrag in die Lage versetzt werden, den der Vielfaltsicherung verpflichteten Rundfunkauftrag zu erfüllen, ohne in eine mit der Rundfunkfreiheit unvereinbare, weil die Vielfalt gefährdende Abhängigkeit von Werbeeinnahmen oder staatlichen Zuschüssen zu geraten.

6. Sehen Sie bezüglich des ÖRR einen generellen Diskussions - / Reformbedarf?
Für die Bayerische Staatsregierung ist es ein ernstzunehmendes Warnsignal, dass sich die Kritik am öffentlich - rechtlichen Rundfunk in Deutschland häuft. Dabei ist dessen wichtige Bedeutung für das duale Rundfunksystem in Deutschland hervorzuheben und gleichzeitig die Notwendigkeit von Reformen zu erkennen. Herrn Ministerpräsidenten Horst Seehofer ist es gelungen, eine öffentliche Diskussion hierüber anzustoßen. Auf ihrer Jahreskonferenz vom 26. bis 28.10.2016 in Rostock haben die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder betont, dass die Zukunft des öffentlich - rechtlichen Rundfunks und seiner Finanzierung nur durch entschlossene Reformschritte gesichert werden kann. Hierzu gehören grundlegende strukturelle Veränderungen, Kosteneinsparungen u nd die zukunftsfähige Ausgestaltung des Auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.