Wenn Bürgergeldempfänger, die in Vollzeit pflegen, stattdessen Vollzeit arbeiten, bezahlt der Staat dann eine Pflegefirma oder ein Pflegeheim für die zu verpflegende Person?
Sehr geehrter Herr Hagel,
Ihre Partei möchte das Bürgergeld gerechter gestalten.
Das Bürgergeld beträgt aktuell 563 Euro im Monat für eine Person plus Miete, Heizung und Warmwasser
Wenn eine Person einen Angehörigen in *Vollzeit* pflegt, also Bürgergeld erhält, steht sie dem Arbeitsmarkt offiziell zur Verfügung.
Wenn Sie diese Person zur Arbeitsaufnahme zwingen, werden die Pflegekosten für die Vollzeitpflege dann von den Steuergeldern getragen?
Diese betragen für die Heimpflege bei einer Firma etwa 2500€ im Monat. Eine Stelle in einem Pflegeheim kann etwa 3500€ im Monat kosten.
Oder verzichtet der Staat in diesen Fällen darauf, für eine Alternative zu sorgen? So dass die zu verpflegende Person verwahrlost, weder trinken, noch essen kann und in ihren Ausscheidungen leben muss, bis der ehemalige Bürgergeldempfänger Abends von der Arbeit nach Hause kommt? Diese Thematik betrifft ca. 7% der Bürgergeldempfänger.
Ich freue mich auf Ihre Rückmeldung.
Mit freundlichen Grüßen,
Nadine S.
Sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihre Frage bezüglich der Zumutbarkeit der Arbeitsaufnahme für Bürgergeldempfänger, die Angehörige in Vollzeit pflegen.
Grundsätzlich regelt § 10 Abs. 1 Nr. 4 SGB II, dass erwerbsfähigen Bürgergeldempfängern eine Arbeitsaufnahme nicht zugemutet werden kann, wenn diese mit der Pflege einer bzw. eines Angehörigen unvereinbar ist und deren bzw. dessen Pflege nicht anderweitig sichergestellt werden kann. Das bedeutet, dass betroffene Personen grundsätzlich nicht zu einer Arbeitsaufnahme verpflichtet werden können, wenn in Folge dessen die notwendige Pflege einer oder eines Angehörigen nicht mehr gewährleistet wäre. Dabei gilt in Abhängigkeit vom Pflegegrad der pflegebedürftigen angehörigen Person ein abgestuftes System; je geringer der Pflegegrad, desto eher ist unter Berücksichtigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls die Aufnahme einer (Teilzeit-) Tätigkeit zumutbar. Die Frage, inwieweit die Pflege einer angehörigen Person anderweitig sichergestellt werden kann, richtet sich im Wesentlichen nach den Bestimmungen der Pflegeversicherung, die Personen mit einem festgestellten Pflegegrad nicht nur Pflegegeld für die selbst organisierte Pflege, sondern im Bedarfsfall auch ambulante und stationäre Sachleistungen gewährt. Falls etwaige Eigenanteile für diese Leistungen von den Betroffenen nicht getragen werden können, unterstützt die Sozialhilfe im Rahmen der Hilfe zur Pflege. Insgesamt ergibt sich daraus also ein ausgewogenes Unterstützungssystem, das den Interessen der Bürgergeldempfänger, dem Bedarf pflegebedürftiger Angehöriger und der berechtigten Erwartung des Staates, dass erwerbsfähige Bürgergeldempfänger, denen eine Arbeitsaufnahme zugemutet werden kann, entsprechende Angebote zur Arbeitsaufnahme auch annehmen, gleichermaßen gerecht wird.
Nach meinem Kenntnisstand sind im Zuge der Einführung der neuen Grundsicherung an dieser Systematik keine grundsätzlichen Änderungen geplant.
Freundliche Grüße
Manuel Hagel MdL
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Manuel Hagel
Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg
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