Kerstin Tack
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Frage von Melanie B. •

Frage an Kerstin Tack von Melanie B. bezüglich Energie

Wie werden Sie am 3.7. im Bundestag stimmen, wenn das neue Kohleausstiegsgesetz verabschiedet werden soll? Die Mitglieder der Kohlekommission kritisieren, dass es in seiner jetzigen Version signifikant hinter dem ausgehandelten Mindestkompromiss zurückbleibt. Die nun vorgesehenen Fördermengen liegen deutlich höher als im Entwurf vereinbart.
Zudem zementiert es Kohleverstromung für 18 weitere Jahre, obgleich sie schon jetzt nur durch Subventionen von Steuerzahlenden wirtschaftlich ist. Durch öffentlich-rechtliche Verträge mit RWE und LEAG würde ein früherer Ausstieg (und er wird kommen) die Steuerzahlenden > 4 Milliarden Euro kosten, Geld welches wir dringend für den sozialverträglichen ökologischen Wandel brauchen werden, insbesondere, weil wir schon jetzt die Mittel künftiger Generationen für Konjunkturhilfen ausgeben.
Bitte denken Sie an unsere Kinder und Enkel !

Kerstin Tack
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Dr. Bergmann,

vielen Dank für Ihre Frage auf Abgeordnetenwatch.de zum Kohleausstiegsgesetz, die ich gerne beantworte.

Das Gesetz wurde am 3. Juli 2020 vom Deutschen Bundestag beschlossen und auch ich habe dafür gestimmt. Der Beschluss ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer klimaschonenden Energieversorgung. Gleichzeitig werden die betroffenen Regionen bei dem damit einhergehenden und sehr weitreichenden Strukturwandel unterstützt.

Es ist unbestritten, dass der Ausstoß von Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2) drastisch reduziert werden muss, um die Erderwärmung zu begrenzen. Um dieses Ziel zu erreichen hat sich die Große Koalition auf Initiative der SPD-Bundestagsfraktion mit ihrem Klimaschutzprogramm zur Klimaneutralität bis 2050 verpflichtet. Ohne den Umbau der Energieversorgung auf nachhaltige Quellen wie Wind und Sonne, ist dies nicht zu erreichen. Denn allein die Verstromung von Kohle ist für rund ein Viertel der gesamten deutschen CO2-Emmissionen verantwortlich.

Mit dem Klimaschutzgesetz hat der Deutsche Bundestag bereits im letzten Herbst zum ersten Mal in der Geschichte unseres Landes klare Verantwortlichkeiten festgelegt, welches Ministerium was zu tun hat, damit Deutschland seine internationalen Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen verlässlich erreichen kann. Diesem Ziel dient auch das am 3. Juli 2020 beschlossene Kohleausstiegsgesetz. Gleichzeitig ist Deutschland damit das erste hochindustrialisierte Land der Welt, das gesetzlich fixiert aus der Kernenergie und der Kohleverstromung aussteigt.

Der Kohleausstieg beginnt sofort und endet spätestens 2038. Auf dieser Wegstrecke wird die Verbrennung von Braun- und Steinkohle in festgelegten Stufen schrittweise verringert und zu festgelegten Zeitpunkten überprüft, ob der Ausstieg beschleunigt werden kann. Die Beschlüsse zum Kohleausstieg und zur Strukturförderung der betroffenen Regionen folgen den Vorschlägen der sogenannten Kohlekommission, die im Konsens zwischen Politik, Umweltverbänden, Gewerkschaften, Industrie und gesellschaftlichen Gruppen aus den Kohleregionen Anfang 2019 ihre Empfehlungen vorgelegt hatte.

Für die SPD-Bundestagsfraktion steht drüber hinaus fest, dass jetzt auch ein weiterer Schub für den Ausbau der Erneuerbaren Energien notwendig ist. Als nächster Schritt ist deshalb zügig die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes anzugehen, damit die im Klimaschutzprogramm der Große Koalition getroffene Verständigung umgesetzt wird, den Anteil des in Deutschland verbrauchten Stroms aus nachhaltigen Quellen in den nächsten zehn Jahren von 40 auf mindestens 65 Prozent zu steigern. Das Kohleausstiegsgesetz steht dem nicht entgegen. Mit diesem Gesetz konnte vielmehr bereits erreicht werden, dass die Festlegung auf 65 Prozent nun erstmals auch im Erneuerbare-Energien-Gesetz verankert ist. Darüber hinaus hat der Deutsche Bundestag erst kürzlich beschlossen, Solarstrom stärker zu fördern und den Ausbau von Windkraftanlagen zu erleichtern.

Mir ist bewusst, dass vielen Bürgerinnen und Bürgern der jetzt beschlossene Kohleausstieg zu langsam geht und es kein Verständnis für die Entschädigungszahlungen an die Energiekonzerne gibt. In mehreren Schreiben an mich wurde auch auf die vermeintlichen Kräfte des Marktes verwiesen, welche die Kohle von alleine unrentabel machen würden.

Solch ein wichtiges Thema dem Markt zu überlassen, hielte ich jedoch für fahrlässig. Zum einen hat uns die Vergangenheit gelehrt, dass Entwicklungen manchmal anders kommen als gedacht und Entwicklungen eintreten, die nicht absehbar waren, zum anderen ist der Aspekt der Planungssicherheit für alle Beteiligten zu wichtig, wenn eines der wirtschaftlich stärksten Länder der Welt seine Energieversorgung von Grund auf umbaut.

Der Atomausstieg hat uns deutlich vor Augen geführt, wie wichtig hierbei auch der Aspekt der Rechtssicherheit ist. Nach einem rechtssicheren Ausstieg unter einer SPD-geführten Bundesregierung haben CDU/CSU und FDP diesen zurückgenommen und unter den Eindrücken der Katastrophe von Fukushima wieder eingeführt. Das Ergebnis waren Klagen der Energieversorger, die zum Teil erfolgreich waren. Wie hoch die ihnen zustehenden Entschädigungen sein werden, kann allerdings erst im Jahr 2023 ermittelt werden, wenn die tatsächlich nicht produzierte Strommenge und die damit entgangenen Gewinne konkret feststehen. Solch ein Szenario galt es beim Kohleausstieg zu verhindern.

Abschließend und für die SPD besonders entscheidend ist aber, dass wir es dem Markt nicht überlassen zu entscheiden, was mit den Beschäftigten in den Revieren und mit den Regionen passiert.

Zu den am häufigsten gestellten Fragen zum Kohleausstieg hat die SPD-Bundestagsfraktion darüber hinaus ein sogenanntes „FAQ“ zusammengestellt, das Sie unter folgendem Link finden:
https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/2020_07_03_faq-kohleausstieg.pdf

Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Tack