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Frage von Gabriele B. •

Frage an Katja Kipping von Gabriele B. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Kipping,

ich stamme aus der Generation, die selbst noch Masern als Kind hatten. Damals war das völlig normal. In meinem Impfausweis gab es am Ende ein Blatt, in denen Impfkomplikationen bzw. Nebenwirkungen der Impfung eingetragen wurden, wenn es denn welche gab. In den heutigen Impfausweisen verzichtet die BRD gänzlich auf dieses Blatt. Auch ich sehe die geplante Impfpflicht mit Sorge. Ich begrüße auf der einen Seite die Fürsorge der Politik, alle Menschen schützen zu wollen, wobei ich den Zwang grundsätzlich ablehne.

Nur gibt es auch in der Wissenschaft immer wieder neue Erkenntnisse, viele Für und Wider und alles, was ich bisher gelesen habe spricht dafür, daß die Gründe für eine Impfpflicht gegen Masern, die Herr Spahn anführt, nicht der Wahrheit entsprechen. Die STIKO veröffentlichte im Gesundheitsblatt 2011 .54:357-364 online publiziert: 23.Februar 2011 eine KiGGS-Studie zu Impfnebenwirkungen bei Kindern und Jugendlichen. https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Impfsicherheit/Impfnebenwirkungen_Kinder_Jugend_01.pdf?__blob=publicationFile

Auf Seite 359 steht unter Häufigkeit von Nebenwirkungsangaben:"Die am häufigsten mit Nebenwirkungen in Verbindung gebrachte Impfung war mit 15,2% (95%-KI 10,9-20,7) eine Kombinationsimpfung gegen Masern,Mumps und Röteln. Ich habe wirklich sehr viel Verständnis, wenn sich Abgeordnete aufgrund von Zeitmangel nicht intensiv mit Impfungen auseinandersetzen können, aber ich habe kein Verständnis dafür, daß Eltern verunglimpft werden, die evt. nach einer Impfung bei ihrem Kind festgestellt haben, daß es dem Kind nicht gut geht.

Selbst in den Fachinformationen ist von diversen Nebenwirkungen zu lesen, treten sie dann wirklich auf, wird es meist bestritten. Ich habe mir einige Vorträge von Herrn Dr. Klaus Hartmann, ehamliger Mitarbeiter beim Paul-Ehrlich-Institut angesehen. Ich bin erschüttert. Meine Frage: Finden Sie eine Impfpflicht gerechtfertigt?

Beste Grüße
G. B.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau B.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage. Ich glaube es ist sinnvoll zwischen den Frage zu unterscheiden, ob die Erhöhung des Impfschutzes ein erstrebenswertes Ziel ist und ob eine Impfpflicht ein gutes Mittel ist.

Das Risiko von Impfkomplikationen gilt es ernst zu nehmen. Die von Ihnen zitierte Studie sagt zum Risiko von schlecht vertragenen Impfungen jedoch etwas anderes aus, als Sie offenbar annehmen. Die 15,2 Prozent auf die Sie sich beziehen ist der Anteil von Maser-Mumps-Röteln-Impfungen an allen dokumentierten schlecht vertragenen Impfungen. Aber überhaupt nur ein Bruchteil der untersuchten Impfungen wiese eine schlechte Verträglichkeit auf. Konkret:

Bei 26.333 Masernimpfungen haben laut der von Ihnen zitierten Studie 64 Personen diese schlecht vertragen. Das sind 0,2 Prozent. Sie finden dies in der Tabelle auf S. 358 der von Ihnen zitierten Studie dargestellt. Die häufigsten Nebenwirkungen waren dabei Fieber (31 von 26.333) sowie Hautausschlag u. Ä. (22 von 26.333). (S. 361) Zum Vergleich: Auf Tausend Infektionen kommt im Schnitt bei Masern ein Todesfall.

Die grundsätzliche Skepsis gegenüber Impfungen teile ich nicht zuletzt auf Grund der von Ihnen zitierten Studie daher nicht. Masern sind hoch ansteckend und keineswegs harmlos. Vor wenigen Jahren hatten wir in Berlin nach einem Masernausbruch den Tod eines anderthalbjährigen Jungen zu beklagen. Bei großen Masernausbrüchen in europäischen Nachbarländern sind z.T. dutzende Menschen gestorben.

DIE LINKE setzt primär auf freiwillige Impfungen und die Stärkung von Beratung und Aufklärung. DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass der kollektive Schutz vor vermeidbaren Infektionen für alle auf Grundlage von transparent zustande gekommenen und nachvollziehbaren Empfehlungen erhöht wird. Wir verteidigen das Recht der Unversehrtheit und das Recht auf Schutz der Gesundheit - der eigenen und der Kinder. Wir setzen uns für scharfe Kontrollen der Pharmaindustrie ein und dafür, dass die Impfstoffe der Standardimpfungen weltweit als Commons gehandelt, also dem Profitstreben entzogen werden.

Was die Dokumentation von Impfkomplikationen angeht, besteht in Deutschland eine Meldepflicht. Da es verschiedene Impfausweise und Impfbescheinigungen gibt, kann ich im Einzelfall zu ihrer Beobachtung nichts sagen. Das Infektionsschutzgesetz schreibt vor, welche Pflichtfelder in einem Impfausweis vorhanden sein müssen und, dass dass in zweckmäßiger Form auf das richtige Verhalten bei ungewöhnlichen Impfreaktionen sowie Ansprüche bei Impfschäden hingewiesen werden muss.

Freundliche Grüße

Katja Kipping