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Frage von Ursula M. •

Frage an Katja Kipping von Ursula M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Wie stehen Sie zu den 5 Thesen von Stefan Aust

(https://www.focus.de/politik/experten/podcast-von-gabor-steingart-hier-spricht-stefan-aust-ueber-seine-thesen-zum-migrationspakt_id_9973666.html)

1. „Der UN-Migrationspakt verzaubert wie mit Aladins Wunderlampe illegal Zugereiste in legale Einwanderer mit vollem Zugriffsrecht auf die Leistungen des Sozialstaats.“

2. „Der Lockruf des Geldes dürfte nachhaltige Folgen haben: auf die Zahl der Zuwanderer und damit auch auf die Stabilität des Sozialstaates.“

3. „Der Pakt geht von einer Gleichrangigkeit der Sitten und Gebräuche aus. Er unterschlägt die Realität der gegenwärtigen Migration und ihrer Schattenseiten.“

4. „Die Rechte der Bevölkerung eines Zielstaates spielen praktisch keine Rolle.“

5. „Die Sogwirkung des Papiers dürfte mindestens so groß sein wie die der Willkommenskultur im Herbst 2015.“

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau M.,

haben Sie vielen herzlichen Dank für Ihre Fragen. Die Thesen von Herrn Aust halte ich für abwegig und für argumentativ nicht gedeckt.

Die Lektüre des den Thesen zu Grunde liegenden Beitrags in der Welt am Sonntag hat diesen Eindruck noch verstärkt. Abgesehen davon, dass dieser sich über weite Teile recht frei assoziierend mit Gegenständen beschäftigt, die mit dem Pakt für Migration wenn überhaupt ausschließlich thematisch in Verbindung stehen, findet sich keine Begründung für seine weitreichenden Thesen.

Ein Teil seiner Herleitungen beruft offenkundig auf Missverständnissen der Funktionsweise internationaler Abkommen sowie des Verhältnisses von Grund- und Menschenrechten .

Die magischen Fähigkeiten, die Herr Aust dem Pakt in These 1 zuschreibt, besitzt dieser nicht. Es ist auch nirgends die Rede davon, dass Staaten keine Unterscheidungen zwischen illegalisierter und legaler Migration mehr treffen müssten. Auch das behauptete „volle Zugriffsrecht auf die Leistungen des Sozialstaats“, die er postuliert, existiert ebenfalls schlicht nicht. Der Text besagt lediglich, dass Ungleichbehandlungen auf Gesetzesgrundlage und im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsnormen sein müssen. (Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.) Ansonsten enthält der Pakt tatsächlich Selbstverpflichtungen auf die Sicherstellung bestimmter sozialer Grundleistungen z.B. im Bereich der Gesundheitsversorgung. Was daran zu kritisieren wäre, erschließt sich mir nicht.

Die These 2 basiert auf die unzutreffenden Annahmen aus These 1.

These 3 erscheint schon deshalb abwegig, weil der gesamte Pakt ja Standards definiert, die helfen sollen, Schattenseiten von derzeitigen Migrationsregimen zu beseitigen. Sei es Ausbeutung und Versklavung von MigrantInnen in Transit- oder Zielländern, Dumping von Arbeitsstandards und vieles andere mehr.

Dass die Rechte der Bevölkerung des Zielstaates keine Rolle spielen, zeugt von der Unkenntnis unserer Verfassungsordnung. Mir fällt jedenfalls nicht ein, welches der im Grundgesetz verbrieften Grundrechte durch den Pakt beschränkt würden. Dass es in dem Pakt maßgeblich um Mindeststandards im Umgang mit MigrantInnen geht, liegt ein wenig am Gegenstand des Abkommens.

These 5 wird aus Annahmen hergeleitet, die entweder unzutreffend sind oder außerhalb des Textes des Pakts liegen. Deshalb ist die behauptete „Sogwirkung des Papiers“ nicht überzeugend.

Wenn Sie sich selbst ein Bild zu machen wollen, können Sie das Papier hier finden.

https://refugeesmigrants.un.org/sites/default/files/180713_agreed_outcome_global_compact_for_migration.pdf

Freundliche Grüße

Katja Kipping