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Kathrin Vogler
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Frage von Margret L. •

Frage an Kathrin Vogler von Margret L. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Vogler,

ich interessiere mich für den aktuellen Stand zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte. Auch ich fühle mich in meinen Persönlichkeitsrechten verletzt und möchte die Einführung verhindern.

Gibt es Initiativen innerhalb des Parlaments, die die Einführung weiterhin kritisch begleiten? Welche Position bezieht der Gesundheitsausschuss zu der ablehnenden Haltung vieler Bürger? Gibt es Überlegungen zum Stopp der Karte?

Freundliche Grüße
Margret Lenz

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DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Lenz,

DIE LINKE ist derzeit die einzige im Bundestag vertretene Kraft, die die elektronische Gesundheitskarte stoppen will. Vor genau einem Jahr haben wir den Bundestag aufgefordert, ein „Moratorium für die elektronische Gesundheitskarte“ zu beschließen, aber alle anderen Fraktionen haben gegen uns gestimmt. Noch zwei Jahre zuvor hatte die FDP fast wörtlich die gleichen Forderungen gestellt, doch seit Eintritt in die Bundesregierung stellt die FDP beim Projekt eCard die Profitinteressen der IT-Industrie vor die Interessen von Patienten, ganz im Sinne des ehemaligen niedersächsischen und heutigen Bundeswirtschaftsminister Rösler.
Zur Vorgeschichte: Schon 2003 war beschlossen worden, die elektronische Gesundheitskarte zum 1. Januar 2006 einzuführen. Seitdem verzögerte sich das Projekt aufgrund von Pannen, gescheiterten Tests, horrenden Kostenszenarien von bis zu 14 Mrd. Euro, aber auch aufgrund der Proteste und berechtigten Ängste bei Versicherten und in der Ärzteschaft. Die eCard gefährdet die Sicherheit der Patientendaten, die Freiwilligkeit und die Selbstbestimmung und bedeutet für die Krankenkassen ein Milliardengrab, ein entsprechender Nutzen für die Patientinnen und Patienten allerdings fehlt. Das konnte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine umfängliche Kleine Anfrage der Fraktion LINKE von Mai 2011 auch nicht widerlegen.
Zur Zeit verschicken die Krankenkassen Aufforderungen an ihre Mitglieder, ein Foto für die eCard einzuschicken. Dabei werden diese Schreiben oft so trickreich formuliert, dass der Eindruck entsteht, es gäbe dazu eine gesetzliche Verpflichtung der Versicherten. Viele Bürgerinnen und Bürger, die der eCard skeptisch gegenüber stehen, werden dadurch eingeschüchtert. Ich habe mich deshalb mehrfach an die Bundesregierung gewandt und bestätigt bekommen:
Auch ohne Foto muss behandelt werden, ohne dass die Patientinnen und Patienten die Kosten tragen müssen. Und diejenigen, die aus Protest gegen das Projekt ein falsches Foto einschicken, müssen auch keine Angst haben. Sie haben weiterhin Anspruch auf die gleichen Behandlungen wie alle anderen gesetzlich Versicherten, nur müssen sie sich ggf. ausweisen und ihren Krankenversicherungsschutz anderweitig belegen.
Es gibt also zumindest nach heutiger Gesetzeslage keinen Zwang für die Versicherten, sich eine eCard ausstellen zu lassen, nur um im Krankheitsfall auch behandelt zu werden. Richtig ist allerdings, dass schwarz-gelb die Krankenkassen unter Druck gesetzt hat: Genau vor Jahresfrist wurde ganz verschämt und versteckt an ein anderes Gesetz angehängt eine Regelung eingeführt, dass diejenigen Kassen, die bis Ende 2012 weniger als 70 Prozent ihrer Versicherten mit der neuen eCard ausgestattet haben, weniger Finanzmittel aus dem Gesundheitsfonds überwiesen bekommen.
Ansonsten haben sich FDP, die Betreiberfirma gematik und die Kassen darauf verständigt, die in Teilen der Bevölkerung und bei den Ärztinnen und Ärzten unbeliebte Karte nach Salami-Taktik einzuführen, um nicht zu viel Protest auszulösen. Die Karte, die die Kassen derzeit verschicken, trägt zwar ein Foto, kann jedoch nicht mehr als die bisherige Versichertenkarte. Im nächsten Jahr sollen die ersten Tests anlaufen für eine Online-Anbindung der Arztpraxen zu den Krankenkassen, um mittels eCard die Versichertenstammdaten zu verwalten. Gleichzeitig soll damit begonnen werden, über die eCard einen Austausch zwischen den Leistungsanbietern freizuschalten. Von einer Erprobung oder Einführung von Terminals oder „e-Kiosken“, über die die Versicherten irgendwann einmal die über sie gespeicherten Daten selbst verwalten können sollen, ist zur Zeit nichts mehr zu hören. Offen ist auch, wann so genannte „Mehrwertdienste“ eingeführt werden und wer in welcher Form diese Zusatzdienste, die die eGK erst lukrativ machen könnten, nutzen darf. Die Bundesregierung spricht in diesem Zusammenhang von „Serviceangeboten“ zur Deckung eines wie auch immer gearteten Informations- und Regelungsbedarfs von nicht näher bezeichneten Unternehmen.
DIE LINKE fordert: Patientendaten in Patientenhand! Gemeinsam mit Patienteninitiativen, Bürgerrechtsorganisationen, Ärzteverbänden, kritischen Datenschützerinnen und -schützern sowie Computerspezialistinnen und-spezialisten werden wir uns auch weiterhin innerhalb und außerhalb des Parlaments für einen Stopp dieses Projekts einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Kathrin Vogler, MdB

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