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Julia Willie Hamburg
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Frage von Götz H. •

Wann wird es EU-ETS CO2 Zertifikate, entsprechend der THG-Quote für E-Autos, für wieder–vernässte Moore geben?

Pro ha Moor können von 10 bis zu 24 t CO2-Äq. Eingespart werden (je nach dem wen man fragt). In CO2 Zertifikaten wären das also min. 600€, wobei das Finanzamt für kleine landwirtschaftliche Betriebe pauschal mit 300€ Gewinn pro ha rechnet.

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Hallo,

vielen Dank für Ihre spannende Frage zur Einbindung von wiedervernässten Mooren in bestehende CO₂-Zertifikatesysteme. Tatsächlich sprechen Sie hier zwei unterschiedliche Systeme an, die bislang getrennt voneinander funktionieren:

Das EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS) richtet sich an Großemittenten wie Industrieanlagen, Energieversorger und den Luftverkehr. Diese Unternehmen müssen für ihre Emissionen CO₂-Zertifikate erwerben, um einen Anreiz zur Emissionsminderung zu schaffen. Es geht hier also um den Abbau bestehender Emissionen im industriellen Bereich, nicht um Kompensationsmaßnahmen durch Ökosysteme.

Die THG-Quote wiederum bezieht sich auf den Verkehrssektor: Mineralölunternehmen müssen ihren CO₂-Ausstoß verringern und können dafür unter anderem Zertifikate von Haltern emissionsarmer Fahrzeuge erwerben (z. B. E-Autos). Auch dieses System dient der Vermeidung von Emissionen, nicht deren Kompensation.

Die Wiedervernässung von Mooren fällt in einen anderen Bereich: den natürlichen Klimaschutz und die CO₂-Speicherung in Böden und Ökosystemen. Moore binden enorme Mengen an Kohlenstoff, weshalb ihre Renaturierung ein zentrales Klimaschutzinstrument ist. Ein direkter Handel über EU-ETS oder THG-Quoten ist jedoch derzeit nicht möglich, da diese Systeme auf industriellen und energetischen Emissionen basieren.

Allerdings ist auf europäischer Ebene ein neuer Rechtsrahmen in Arbeit: das EU Carbon Removal Certification Framework (CRCF). Dieses wurde Ende 2024 beschlossen und soll erstmals einheitliche Standards und Methoden schaffen, um CO₂-Entnahmen – etwa durch Moorwiedervernässung, Aufforstung oder Humusaufbau – verlässlich zu messen, zertifizieren und künftig auch handelbar zu machen.
Die technischen Kriterien werden derzeit noch konkretisiert, erste Zertifizierungen werden voraussichtlich ab 2026 möglich sein. Ein europaweites Register zur Anrechnung und zum Handel ist für 2028 geplant.

Langfristig können so auch Landwirtinnen und Landwirte, die Moore wiedervernässen oder ihre Flächen dauerhaft klimafreundlich bewirtschaften, finanziell profitieren.
Wie die EU-Kommission selbst betont, sollen diese Maßnahmen „neue potenzielle Geschäftsmöglichkeiten für nachhaltige Wertschöpfungsketten eröffnen und gerechtere Belohnungen für Landwirtinnen und Landwirte gewährleisten“.

Bis dahin bleibt die Wiedervernässung ein wichtiger, aber nicht über ETS oder THG honorierter Beitrag zum Klimaschutz – in Niedersachsen fördern wir sie gezielt über den Aktionsplan Natürlicher Klimaschutz und Programme zur Moorrenaturierung.

Mit freundlichen Grüßen
Team Hamburg

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