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Joseph Fischer
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Frage von Martin H. •

Frage an Joseph Fischer von Martin H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Fischer,

zum Thema Außenpolitik habe ich mehrere Fragen.

1. Warum haben Sie im Bundestag die Entscheidung von Gerhard Schröder, das EU-Waffenembargo gegen China aufzuheben, unterstützt, obwohl China mit dem Anti-Abspaltungsgesetz, welches einer Kriegsermächtigung gleichkommt, Taiwan mit Invasion droht, selbst dann, wenn es am Status Quo festhalten will? Die Volksrepublik China baut ständig ihre Raketen, die auf Taiwan zielen, aus, führt Übungen zu Landeoperationen durch, unterdrückt derzeit schon Tibet und Ost-Turkestan militärisch und greift äußerst repressiv gegen die eigene Bevölkerung durch. Was rechtfertigt also das Bestreben, das Eu-Waffenembargo aufzuheben?

2. Wie passt obiges Verhalten mit der Tatsache zusammen, dass die Rot-Grüne Regierung, und auch Sie, einen U-Boot-Export an das Demokratische Taiwan von Deutschland aus verboten haben, da "keine Waffen in Krisengebiete" geliefert werden sollen? Sie waren ja mal Maoist oder sind es immer noch. Hat das also Ideologische Gründe für dieses äußerst widersprüchliche Verhalten?

3. Vertreten Sie die Auffassung, dass nur die Länder Entwicklungshilfe erhalten sollten, die Menschenrechte und das Völkerrecht einhalten, oder sind Sie weiterhin der Meinung, bspw. China oder Israel weiterhin Entwicklungshilfe zu zahlen?

Vielen Dank im voraus für Ihre Antworten.

MfG,
Martin Hoffmann

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Hoffmann,

herzlichen Dank für Ihr Schreiben, das ich gerne im Namen von Joschka Fischer beantworten möchte. Ich hoffe, Sie haben Verständnis dafür, dass Joschka Fischer aufgrund seiner vielen Verpflichtungen Ihnen nicht persönlich antworten kann.

Leider sind in Ihrer Mail mehrere Fehler bzw. Unterstellungen zu finden. Erste Unterstellung: Joschka Fischer sei Maoist gewesen bzw. sei es immer noch. Das ist natürlich hanebüchener Unsinn, auf den ich nicht näher eingehen muss. Zweite Unterstellung: Joschka Fischer habe in seiner Bundestagsrede vom 14. April 2005 die Haltung von Bundeskanzler Gerhard Schröder unterstützt, das EU-Waffenembargo gegen China aufzuheben. Dies ist natürlich nicht der Fall gewesen. Im Gegenteil, wenn Sie die Rede gehört bzw. gelesen hätten, wäre Ihnen aufgefallen, dass Fischer sich von der Schröders Haltung zu dieser Frage distanziert hat.

Die Haltung der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen um Waffenembargo gegen China hat am 14. April 2005 im Deutschen Bundestag der außenpolitische Sprecher Fritz Kuhn klar zum Ausdruck gebracht, nämlich die Haltung, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht für eine Aufhebung des Waffenembargos gegenüber China sind. In seiner Rede sagte er: „Die Gründe dafür sind einfach; wir haben sie in dem Parlamentsbeschluss des Bundestages vom Oktober vergangenen Jahres dargelegt: Um das Waffenembargo aufheben zu können, muss es erstens ein klares europäisches Reglement geben, dass aus Europa keine Rüstungsgüter und Waffen nach China oder sonst wohin exportiert werden dürfen, wenn die betreffenden Staaten nicht bestimmte Bedingungen erfüllen. Ein solches Regelwerk auf europäischer Ebene in einer verbindlichen und nachprüfbaren Form existiert gegenwärtig noch nicht. Es wird zwar darüber verhandelt, aber es hat noch nicht in dem Maße verbindlichen Charakter, wie es sich der Deutsche Bundestag gewünscht hat. Zweitens ist es noch nicht zu einer Entspannung des Konfliktherdes zwischen China und Taiwan gekommen. Das chinesische Gesetz hat in Bezug auf Taiwan eher zu einer Verschärfung geführt. Drittens sind keine substanziellen Verbesserungen hinsichtlich der Menschenrechte erfolgt. Die Nichtratifizierung des Pakts über die politischen und bürgerlichen Rechte, die Frage der Todesstrafe und der Umgang mit Minderheiten zeigen, dass in den letzten Monaten bzw. im letzten Jahr eher eine Verschärfung der Menschenrechtssituation in China stattgefunden hat als eine Entspannung.“
Auch Joschka Fischer hat in dieser Bundestagsdebatte betont, dass eine Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen China sicherheitspolitische Implikationen für die USA und Europa habe. Es ist also auch ein transatlantische Notwendigkeit, das Waffenembargo aufrecht zu erhalten, so lange China eine der letzten wenigen Einparteiendiktaturen auf der Welt ist. China hat zwar seit 20 Jahren eine wirtschaftliche Öffnung vollzogen, die zum Teil auch eine gesellschaftliche Öffnung war. Aber China hat in dieser Zeit niemals wirklich eine politische Öffnung vollzogen, die allein zu Demokratisierung und Rechtsstaatlichkeit sowie zu einer Verbesserung der Menschenrechtssituation führt. Dies waren auch die grünen Gründe gegen den Export der Atomanlage von Hanau, die nur aufgrund des Widerstands von Bündnis 90/Die Grünen nicht nach China geliefert wurde. Insofern sind wir bereit, uns auch weiterhin für den Fortbestand des Waffenembargos zu engagieren. Insofern passt auch unsere Absage zur U-Boot-Lieferung an Taiwan.

Schließlich irren Sie sich auch in der dritten Frage. Israel bekommt seit Jahren keine Entwicklungshilfe von Deutschland mehr. Genauer gesagt seit 1996. Ich weiß daher nicht, was Sie mit Ihrer Frage, die von einer grundsätzlich falschen Annahme ausgeht, bezwecken.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Knoll
Wiss. Mitarbeiter Joschka Fischer MdB