Was ist ihre Meinung zum Paragraph 218 StGB? Halten Sie es für richtig? Dass der Abbruch einen Straftatbestand erfüllt?

Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Frage zu § 218 StGB – der Strafbarkeit eines Schwangerschaftsabbruchs.
Ich bin grundsätzlich dafür, einen Schwangerschaftsabbruch in den ersten Wochen nach der Empfängnis zu entkriminalisieren.
Das empfiehlt auch die Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin, die von der Bundesregierung in der letzten Legislatur eingesetzt wurde (https://www.bmfsfj.de/resource/blob/238402/c47cae58b5cd2f68ffbd6e4e988f920d/bericht-kommission-zur-reproduktiven-selbstbestimmung-und-fortpflanzungsmedizin-data.pdf).
Die gesellschaftliche Diskussion über den § 218 StGB wird sehr emotional geführt und hat das Potenzial, unsere Gesellschaft zu spalten. Die aktuelle Debatte um die neuen Verfassungsrichter*innen zeigt das sehr offensichtlich.
Grundsätzlich müssen wir verhindern, dass Frauen überhaupt in die Situation kommen, sich für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden zu müssen. Einerseits, weil der Eingriff auch medizinische Risiken birgt und andererseits, weil es eine unglaublich schwierige ethische und moralische Abwägung sowie Konflikt ist, der sich, meiner Meinung nach, auch nicht gänzlich auflösen lässt.
Deshalb brauchen wir dringend besseren Zugang zu sexueller Aufklärung und finanziell sichere Rahmenbedingen für Eltern – insbesondere Mütter! -, damit Frauen sich erst gar nicht in der Situation wiederfinden und Armut nicht ein Argument für einen Schwangerschaftsabbruch ist.
Und es braucht mehr Konsequenzen für Väter. Das sich Männer, bis heute, vor aller Verantwortung für ihre Kinder drücken können, ist unerträglich.
Wer zeugt, zahlt und muss Verantwortung tragen.
Kommt es aber zur Abwägung eines Schwangerschaftsabbruchs, reicht es für mich nicht, den Schwangerschaftsabbruch einfach in den §§ 218, 218a StGB zu regeln. Die Welt ist einfach komplizierter.
Es braucht eine differenziertere Regelung, etwa in einem „Schwangerschaftsabbruchgesetz“, um der Komplexität Rechnung zu tragen und den Schwangerschaftsabbruch so zu regeln, dass den Müttern und dem Schutz von ungeborenen Leben gerecht wird.
Ich teile die Argumente für eine Entkriminalisierung in den ersten Wochen und befürworte eine gut austarierte Stufenregelung, die aber auch verpflichtende Beratungsgespräche umfasst, die zum Beispiel Alternativen zum Schwangerschaftsabbruch aufzeigen können.
Die aktuelle Rechtslage ist ein Kompromiss, der nicht gänzlich trägt. Aber ob es eine neue Rechtslage besser tut, bin ich, um ehrlich zu sein, nicht restlos überzeugt.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Jonas Hoffmann