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Joachim Herrmann
CSU
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Frage von Jürgen S. •

Unterstützen Sie einen zwingenden Richtervorbehalt zur „Gefährderansprache“, damit Willkürpraxis nach Gutsherrenart zur Gestaltung des politischen Wettbewerbs (der FDGO) künftig unterbunden wird?

Die Gefährderansprache von vor 3 Jahren an Stefan Engel (MLPD) wegen des Aufrufs für das "Rebellische Musikfestival" in Südthüringen wurde nun juristisch überprüft und am 3.8.2021 vom LG Meiningen für voll gesetzeswidrig und damit für nichtig erklärt. Sein Rechtsanwalt ermittelte, dass der Vorgang auf eine Anweisung von Innenminister Seehofer zurückzuführen war, welche vom damaligen Verfassungsschutz-Präsidenten Hans Georg Maaßen angeregt wurde.
Eine sachgerechte Begründung wurde nirgends angeführt, so dass der Verdacht nahe liegt, dass es sich um eine bewusst genutzte Gesetzeslücke zur "Gefährderansprache" handelt zwecks Ausschaltung politischen Wettbewerbs, was das Grundgesetz bzw. die freiheitlich demokratische Grundordnung verhöhnt. Ein Polizeipräsident, der sich dem vor 3 Jahren verweigerte, wurde durch Dirk Löther abgelöst, der unter Bodo Ramelow inzwischen ins Innenministerium aufstieg. Ansprachen tatsächlicher Gefährder unterblieben dafür bekanntermaßen. Jürgen Schröder, Jena

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Gerne nehme ich allgemein Stellung, bitte Sie aber zugleich zum Verständnis, dass ich mangels Kenntnis des konkreten Sachverhalts zu diesem nichts sagen kann.

Bei einer Gefährderansprache handelt es sich um eine polizeiliche Maßnahme gemäß Art. 2 Abs. 1, ggf. i.V.m. Art. 11, des Bayerischen Polizeiaufgabengesetze (PAG). Diese Maßnahme ist ein sogenanntes schlicht-hoheitliches Handeln und entspricht im Allgemeinen einer Mahnung oder einem Hinweis.

Mit der Gefährderansprache soll das künftige Verhalten einer Person präventivpolizeilich beeinflusst werden. Vorausgesetzt ist, dass konkrete Erkenntnisse vorliegen, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit von der betreffenden Person ausgeht. Stellen Sie sich beispielsweise einen Fall von häuslicher Gewalt vor. Vielfach handelt es sich in der Praxis nur um einen Rat oder eine Empfehlung der Polizei, etwa um die bestehende Rechtslage zu erläutern. Wie bei jeder polizeilichen Maßnahme sind auch bei der Gefährderansprache die allgemeingültigen polizeilichen Handlungsgrundsätze, wie etwa die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme, zu wahren. Es handelt sich aufgrund des appellativen Charakters um einen verhältnismäßig niedrigen Eingriff in die Grundrechte der betroffenen Person. Entsprechend ist eine Einführung eines Richtervorbehalts bei Gefährderansprachen nicht notwendig.

Darüber hinaus steht es jedermann frei, gegen eine getroffene Maßnahme als formlosen Rechtsbehelf Beschwerde einzulegen oder auch gerichtlich vorzugehen und in diesem Zusammenhang die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme einzuleiten.

Zudem darf auf die nachfolgenden rechtstaatlichen Kontrollinstrumente hingewiesen werden:

o die Dienst- und Fachaufsicht,

o die Bearbeitung von Beschwerden und Disziplinarangelegenheiten durch juristische Sachbearbeiter,

o die Ermittlungen bei Amtsdelikten durch kriminalpolizeiliche Fachdienststellen bzw. die Zentralstelle Dezernat 13 des BLKA "Interne Ermittlungen",

o die Prüfung der Sachverhalte durch Staatsanwaltschaften und unabhängige Gerichte und

o die Kontrolle durch das Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration und Parlament sowie die Öffentlichkeit.

Diese sichern eine effektive und transparente Aufarbeitung vorgebrachter Beschwerden oder Anzeigen.

Mit freundlichen Grüßen
Joachim Herrmann, MdL

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