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Jerzy Montag
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Frage von Dagmar H. •

Frage an Jerzy Montag von Dagmar H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Montag,
mein Mann ist Tamile mit deutscher Staatsbürgerschaft, ich selbst arbeite schon lange wissenschaftlich zum Konflikt in Sri Lanka und habe eine tamilische Stipendiatin aus dem Vanni. Beide sind wie ich entsetzt und schockiert über das, was im Augenblick den tamilischen Zivilisten im Norden des Landes angetan wird, nachdem die Regierung einseitig letztes Jahr den Waffenstillstand aufgekündigt hat (s. http://www.heise.de/tp/r4/artikel/27/27081/1.html oder http://www.thecolombotimes.com/2008/01/cfa-slmm-cease-to-operate-by-jan16.html ). Die Menschenrechtsverletzungen (Beschuß ‘sicherer Zonen´, willkürliche Festnahmen, Blockierung von Lebensmittelnachschub, Folter, Vergewaltigung, Internierung in Straflagern, Entführungen, Verschwindenlassen, Ermordung von kritischen Journalisten...) gehen immer weiter, ohne daß irgendjemand etwas unternimmt oder auch nur darauf hinweist. Alle unabhängigen Hilfsorganisationen mußten letztes Jahr die Tamilengebiete verlassen, bis auf das IKRK. Über eine Viertelmillion Zivilisten sind ohne Nahrung in einem kleinen Küstenstreifen eingeschlossen. Meine Studentin hat seit Monaten keine Nachrichten von ihrer Familie, die zu den Eingeschlossenen gehört. Sie wagt ihre Besorgnis nicht öffentlich zu machen oder sich nach deren Verbleib zu erkundigen, da das sri lankanische Militär ihr bei der Ausreise Vergeltungsmaßnahmen angedroht hat.
Was tut die Regierung, was tun die Grünen gegen diese massiven Übergriffe? Sri Lanka ist ein Touristenland und erhält beträchtliche Hilfsleistungen von der Bundesrepublik. Es müßte doch möglich sein, über die Kürzung von Hilfsgeldern und diplomatischen Druck die Regierung zum Einlenken und zu einem Waffenstillstand mit anschließenden Verhandlungen zu zwingen!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dagmar Hellmann-Rajanayagam

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Dr. Hellmann- Rajanayagam,

Ich danke Ihnen für ihre Frage und meine Mitarbeiterin hat sich sofort mit dem Referenten für internationale Strukturpolitik der Bundestagsfraktion von B 90 / Die Grünen Helmut Breiderhoff in Verbindung gesetzt und ich darf Ihnen die Antwort von ihm gerne weiter leiten.

Sie erreichen Helmut Breiderhoff auch per E- Mail:
Helmut.Breiderhoff@gruene-bundestag.de

Alles Gute für Sie & freundliche Grüße

Jerzy Montag, MdB

Die Menschenrechtssituation in Sri Lanka ist - wie Sie beschreiben - bedrückend und erschütternd. Um es ganz ehrlich zusagen sind die Möglichkeiten direkt zur Deeskalation beizutragen gering. Mein Kollege Thilo Hoppe, Vorsitzender des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (AWZ) hat kürzlich ein Gespräch mit dem Botschafter von Sri Lanka geführt. Dabei hat er unmissverständlich darauf hingewiesen, dass dem Aufruf Internationaler Hilforganisationen und UN-Hilfswerken nachgekommen werden muss, die Sicherheit der mehr als 250 000 Zivilisten, die zwischen die Fronten geraten sind, zu gewährleisten. Dies in der Kenntnis, dass die Gefechte zwischen Regierungstruppen und Tamilen-Rebellen der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) immer mehr zivile Opfer fordern. Er hat ebenso generell auf die drastischen Verschlechterung der Menschenrechtssituation hingewiesen. Er hat die Ermordung kritischer Journalisten genauso angesprochen, wie die Gefährdung von Menschenrechtsaktivisten.

Auf Wunsch der grünen Bundestagsfraktion ist im AWZ ebenfalls über die Situation gesprochen worden. Der Eindruck auch nach dieser Diskussion war, dass momentan kein direkter Hebel besteht, einen Waffenstillstand zu erreichen. Die Regierung von Sri Lanka erwartet eine bedingungslose Kapitulation. Die Entwicklungszusammenarbeit hat keinen Hebel, Druck auszuüben. Anders, als sie vermuten, fliessen keine beträchtlichen Hilfsgelder. Seit geraumer Zeit (zwei Jahre) sind keine Neuzusagen mehr erfolgt, das entwicklungspolitische Personal ist weitgehend abgezogen worden. Bestimmte Projekte des Wiederaufbaus nach dem Tsunami mussten unterbrochen bzw. abgebrochen werden. Ein Projekt zur Konfliktbearbeitung der Berghof-Stiftung musste ebenfalls eingestellt werden, da der Leiter des Landes verwiesen worden ist. Wie Sie wissen, sah sich auch der deutsche Botschafter einer heftigen Kritik ausgesetzt, da er auf die Beerdigung eines bekannten Journalisten zugegen war. Im Ausschuss wurde mitgeteilt, dass eine EU-Troika erneut das Gespräch mit der Regierung suchen wird, um zumindest im Bereich der humanitären Hilfe Verbesserungen zu erzielen. Viel wird auch davon abhängen, ob die indische Regierung mit neuen Initiativen auf die Regierung in Sri Lanka zugeht. Auf grüne Anregung wird in der kommenden Sitzungswoche im Menschenrechtsausschuss über die Situation in Sri Lanka beraten. Auch wenn es momentan nicht absehbar ist, sind wir weiterhin der Meinung, dass Schutz vor Diskriminierung, Garantien für die Bewahrung der kulturellen Identität und ein gewisses Maß an Autonomie im Norden und Osten der Insel unbedingt erforderlich sind, wenn es für den blutigen Konflikt in Sri Lanka eine wirkliche Lösung geben soll.