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Frage von Leif G. •

Frage an Jens Petermann von Leif G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Herr Petermann,

ich suche Argumentationshilfen zum Thema MLPD und Verfassungsfeindlichkeit auch in Verbindung mit den Unvereinbarkeitsbeschlüssen der IG Metall. Darüber hinaus interessiert mich Ihre persönliche Auffassung dazu, zum einen als Jurist und zum anderen als Vertreter der Linken im Bundestag.
Freundliche Grüße aus Eisenach

Leif Gentzel

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Gentzel,

Ihre Frage möchte ich wie folgt beantworten:

Für Parteien gilt das sog. Parteienprivileg nach Art. 21 Abs. 2 GG. Die Verfassungswidrigkeit einer Partei muss durch das Bundesverfassungsgericht festgestellt werden. So lange dies nicht geschehen ist, gilt eine Partei unabhängig davon, was sie für Inhalte vertritt, als verfassungsgemäß. Daraus folgt, dass eine Partei auch so lange an der politischen Willensbildung teilnimmt. Seine historische Grundlage hat das Parteienprivileg in den Parteiverboten, die durch die Hitlerdiktatur ausgesprochen wurden.
Das Verfahren zum Parteiverbot ergibt sich aus Art. 93 Abs. 1 Nr. 5 GG i.V.m. §§ 13 Nr. 2, 43 ff. Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG).

Der von Ihnen angesprochene Unvereinbarkeitsbeschluss der IG Metall kann demnach nicht auf eine verfassungsfeindliche Ausrichtung der MLPD gestützt werden. Er ist
Ausdruck der Privatautonomie, d.h. Vereine, wie auch die IG Metall, treffen die Entscheidung, wen sie als Mitglieder aufnehmen oder ausschließen selbst.
Das Recht des Selbstschutzes der Gewerkschaften gibt diesen die Möglichkeit in bestimmten von der Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen eine Mitgliedschaft zu beenden. So bei gewerkschaftsfeindlichen Parteien und Organisationen, bei radikalen Parteien sowie im Falle einer konkurrierenden Betriebsratskandidatur für eine andere Gewerkschaft. Eine Verletzung von Art. 21 GG sieht die Rechtsprechung nicht, da die Gewerkschaften den Schutz von Art. 9 GG genießen. Nach der Rechtsprechung müssen allerdings Gewerkschaften einen Beitrittswilligen aufnehmen, wenn die Gewerkschaft eine überragende Stellung im wirtschaftlichen und sozialen Bereich inne hat (BGHZ 93, 51).

Nach meiner persönlichen Auffassung als Jurist und Linker gefragt, halte ich die MLPD für nicht verfassungswidrig. Dafür bekämpft die MLPD die freiheitlich demokratische Grundordnung des Grundgesetzes nicht aggressiv-kämpferisch.
Die politischen Inhalte muss man nicht teilen. Schon aus historischer Erfahrung lehne ich es ab, eine Diktatur durch eine andere zu ersetzen. Die MLPD reklamiert für sich eine Partei neuen Typs zu sein und begreift sich als Vorhut, also als Avantgarde der Arbeiterklasse. Das geschichtliche Verhältnis der MLPD zu den Verbrechen von Stalinismus und Maoismus ist völlig inakzeptabel.
Die LINKE indes erhebt keinen Führungsanspruch gegenüber irgendwelchen Schichten, Klassen oder gesellschaftliche Gruppen. Mit Stalinismus und Maoismus hatte die PDS und bereits 1989 endgültig gebrochen. Demokratischer Sozialismus als Gesellschaftsformation kann nicht gegen oder über die Menschen hinweg errichtet werden. Vielmehr sehe ich es als meine und Aufgabe der LINKEN an mit den Menschen im Diskurs eine Gesellschaft zu entwickeln, die den sozialen, ökologischen und demokratischen Bedürfnissen entspricht. Denn eines ist sicher weder der real existierende Sozialismus der DDR, noch der real existierende Kapitalismus der jetzt in Deutschland besteht, war und ist in der Lage die sozialen, ökologischen und demokratischen Probleme der Gesellschaft zu lösen.

Mit freundlichen Grüßen

Jens Petermann