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Ingo Wellenreuther
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Frage von Randi W. •

Frage an Ingo Wellenreuther von Randi W. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht

Sehr geehrter Herr Wellenreuther,

heute morgen schaue ich die Bilder aus Moira der letzten Tage an und frage mich, ob dass das Europa ist, in dem ich leben möchte. Meine klare Antwort ist: nein! Europa steht für mich für Menschenrechte, insbesondere für Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit, Vielfalt und vieles mehr. Dass mitten in Europa Geflüchtete, die alles verloren haben, erneut alles verlieren durch unmenschliche und absolut inakzeptable Lebensbedingungen und nun durch einen Brand, der wohl denke ich erreichen sollte, dass wir alle genauer hinschauen. Dass man diesen so verzweifelten Menschen mit Gewalt begegnet, das will und kann ich als Europäerin und als Verfechterin unseres deutschen Grundgesetzes (ich habe selbst gerade im Bereich des Verfassungs- und Strafprozessrechts promoviert) nicht mehr einfach nur hinnehmen. Ich frage Sie deshalb: was gedenken Sie politisch zu tun um dieser Situation ein wirkliches Ende zu setzen (abseits der nun 1500 Geflüchtete, die Deutschland aufnehmen will)? Wie sieht ihr Lösungsvorschlag aus um diese Zustände auf Moira zu beenden? Was muss noch passieren, dass es eine europäische, gemeinsame Lösung der Situation geben kann? Diese aktuelle Situation hat nichts mit europäischen Werten zu tun, meine ich.

Ich freue mich auf Ihre Antwort und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Randi Weil

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Weil,

haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail, in der Sie sich zur Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Lager Moria auf der Insel Lesbos äußern. Auf Grund der Vielzahl an Schreiben, die mich zu diesem Thema erreicht haben, komme ich leider erst jetzt dazu, Ihnen zu antworten.

Sie können sich vorstellen, dass mich die Bilder der Zustände in Moria – auch schon vor, besonders aber nach der Brandkatastrophe - zutiefst bewegt und erschüttert haben.

Die Situation in Moria ist eine humanitäre Katastrophe. Es gilt, den Menschen schnellstmöglich eine menschenwürdige Unterbringung zur Verfügung zu stellen und ihre Versorgung mit Trinkwasser und Nahrungsmitteln zu sichern. Dabei hat die griechische Regierung unsere volle Unterstützung. Deutschland hat bereits am Tag nach der Katastrophe Zelte, Betten und Lebensmittel auf den Weg nach Griechenland gebracht.

Das Deutsche Rote Kreuz und das Technische Hilfswerk sind bestens ausgebildete und ausgerüstete Hilfsorganisationen, die sich hier ebenfalls und ohne zu zögern zur Hilfestellung bereiterklärt haben und bereits vor Ort helfen. Diese Initiativen haben meine vollste Unterstützung, das ist konkrete und schnelle Hilfe, die dort ankommt, wo es nötig ist.

Darüber hinaus hat sich die Bundesregierung – in enger Absprache mit der griechischen Regierung – bereiterklärt, in Griechenland anerkannte Asylbewerberinnen und Asylbewerber in Deutschland aufzunehmen. Dabei handelt es sich um rund 1.550 Personen. Zusätzlich hierzu hatte die Bundesregierung bereits vor dem Brand die Aufnahme von 150 unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden sowie von besonders schutzbedürftigen Migranten – unbegleitete Kinder und Jugendliche sowie kranke Kinder mit ihren Eltern und Geschwistern – von den griechischen Inseln zugesagt.

Bemerkenswert allerdings ist der Umstand, dass griechische Politiker seit dem Brand des Flüchtlingslagers Moria auf der Insel Lesbos vor wenigen Tagen vor der "Moria-Taktik" warnen, wonach Feuer auch in anderen Flüchtlingslagern auf den Inseln Samos, Chios, Leros und Kos gelegt werden könnten – vor allem, wenn die Menschen von Lesbos nun aufs Festland oder nach Mittel- und Nordeuropa gebracht würden. Denn bei den meisten steht der Abschluss des Asylantrags noch aus oder ist bereits negativ beschieden worden. Die griechische Regierung besteht zurecht darauf, dass die Migranten den normalen Asylprozess durchlaufen müssen. Erpressung in Form von Brandstiftung darf hier keine Schule machen. Zudem gilt es, einen Pull-Effekt wie 2015 zu verhindern. Es gilt ganz klar: 2015 darf sich nicht wiederholen!

Vor diesem Hintergrund halte ich die aktuelle humanitäre Hilfeleistung der Bundesregierung für angemessen und richtig. Zu unserer Verantwortung als Christdemokraten gehört es neben der humanitären Hilfe, sich auch für geordnete, rechtsstaatliche und solidarische Regelungen auf europäischer Ebene einzusetzen. Weitere Schritte können nur in einer gesamteuropäischen Anstrengung unternommen werden. Dabei gilt es vor allem die Grenzschutzagentur Frontex weiter zu stärken, andere europäische Länder ebenfalls zur Aufnahme von Asylsuchenden zu bewegen und ein System zu etablieren, das ein schnelles Asylverfahren an der europäischen Außengrenze ermöglicht.

Deutschland wird auch weiterhin einen großen Beitrag leisten, um Menschen in Not zu helfen. Klar ist aber auch, dass das Streben nach einer wirtschaftlichen Verbesserung keinen Asylgrund darstellt. Wirtschaftsmigration und Flucht dürfen wir nicht verwechseln. Daher sollten wir sowohl die Bekämpfung von Migrations- als auch von Fluchtursachen nicht aus den Augen verlieren. Wir müssen unsere Zusammenarbeit mit den wichtigsten Herkunftsstaaten intensivieren und effektive Aufbau- und Entwicklungshilfe in den betroffenen Regionen leisten.

Menschen in Not zu helfen, das ist unsere Christenpflicht und das hat Deutschland stets getan und wird es auch in Zukunft tun. Aber der Ruf danach, alle Menschen aus einem Katastrophengebiet nach Deutschland zu holen, löst keine Probleme, sondern schafft viele neue.

Mit besten Grüßen

Ingo Wellenreuther