Dr. Inge Gräßle
Inge Gräßle
CDU
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Frage von Danny H. •

Frage an Inge Gräßle von Danny H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Frau Gräßle,
sie als meine Abgeordnete in Baden-Württemberg haben für die Urheberrechtsreform gestimmt.
Wie kam es zu ihrer Überzeugung? Kann man eine Stellungnahme von ihnen irgendwo nachlesen?

Herzliche Grüße

D. H.

Dr. Inge Gräßle
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr H.,

vielen Dank für Ihre Frage. Die Informationen, die zu meiner Entscheidung geführt haben, kommen aus unterschiedlichen Quellen. Ich war in Kontakt mit Verlegern, Netzaktivisten, Journalisten und Verbänden und habe unzählige Zuschriften und Anrufe erhalten. Auch meinen Kollegen aus der Fraktion, die sich jahrelang mit dem Thema beschäftigt haben, habe ich Fragen zur Richtlinie gestellt und innerhalb der Fraktion haben wir mehrmals in Sitzungen darüber diskutiert. Aus den folgenden Gründen habe ich für die Reform des Urheberrechts gestimmt:

Mit Artikel 13 sollen große Internetplattformen mit hohen Einnahmen, deren Geschäftsmodell auf der Verbreitung urheberrechtlich geschützter Materialien basiert, verpflichtet werden, Medien, Künstlern und Autoren an ihrem Gewinn zu beteiligen. Damit soll das bestehende Urheberrecht wirksamer durchgesetzt werden können. Artikel 13 des geplanten Urheberrechts ist nur die Fortführung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs.

Zudem ändert Artikel 13 die Rechtslage. Anstatt jeden einzelnen Nutzer haftbar zu machen, soll nunmehr die Plattform bei Verstößen haften. Das bedeutet Rechtssicherheit für nichtkommerzielle Anbieter von Inhalten im Internet sowie klare Anforderungen für die großen kommerziellen Betreiber.

Das Ziel ist, das Plattformen mit Urhebern Lizenzverträge abschließen. Wo das nicht möglich ist, sind Pauschalzahlungen eine weitere Möglichkeit. Es muss nicht für jeden urheberrechtlich geschützten Inhalt jeweils eine separate Lizenz erworben werden. Die gängige Praxis ist, dass die Plattformen mit Verwertungsgesellschaften Verträge schließen, die eine Vielzahl von Rechteinhabern vertreten.

Eine Fehlinterpretation ist, dass Plattformen sämtliche Inhalte von unendlich vielen Lizenzpartnern lizenzieren müssen und damit zwingend einen Uploadfilter nutzen müssen. Die Haftung der Plattformen greift nur bei Werken, deren Nutzung Rechteinhaber ausdrücklich untersagt haben und, die gleichzeitig in einer Datenbank den Plattformenbetreibern über Verwertungsgesellschaften zu Verfügung gestellt wurden. Das bedeutet: Wenn eine Plattform ihr bestmöglichstes getan hat, um eine Lizenz vom Urheber zu erhalten, dieser sich jedoch nicht dazu äußert, darf die Plattform die Inhalte weiterverwenden.

Wikipedia, Open-Source-Plattformen, nicht-kommerzielle Plattformen, Dropbox, Ebay, Diskussionsforen oder Datingportale fallen nicht unter den Artikel 13. Auch Plattformen, die wenige Werke veröffentlichen und Start-Ups, die kulturelle Werke kommerziell verwerten, sind von Artikel 13 ausgenommen. Wer bis zu 10 Millionen Euro globalen Jahresumsatz, bis zu 5 Millionen Euro monatliche Onlinebesucher aufweist und als Unternehmen nicht älter als drei Jahre ist, soll deutlich geringere Pflichten erfüllen müssen.

Auch Blogs und Foren werden in den meisten Fällen nicht unter Artikel 13 fallen, da ihr Hauptzweck nicht darin besteht, große Mengen von Nutzern hochgeladener urheberrechtlich geschützter Werke zu speichern, öffentlich zugänglich zu machen und damit Geld zu verdienen.

Privatpersonen sind von Artikel 11 gar nicht betroffen. Sie können jederzeit für die privatrechtliche Nutzung Zeitungsartikel teilen. Artikel 11 betrifft die Presseverleger und führt für diese das Recht ein, Geld von den Plattformen zu verlangen, wenn sie ihre Presseerzeugnisse nutzen. Will also auch eine Suchmaschine Presseartikel veröffentlichen, so können die Presseverleger hierfür eine Bezahlung verlangen. Hyperlinks können die Suchmaschinen weiterhin kostenlos verwenden. Auch können einzelne Worte oder kurze Textausschnitte angezeigt werden.

Im Europäischen Parlament stehen wir für transparente Gesetzgebung. Die europäischen Gesetzgeber (Europäisches Parlament, Rat und Europäische Kommission) haben über viele Jahre mit verschiedensten Interessenvertretern diskutiert und begründete Kompromisse geschlossen. Alle Parteien mussten dabei Kompromisse eingehen und sich arrangieren. So funktioniert die Europäische Gesetzgebung. Die Mitgliedstaaten haben jetzt zwei Jahre Zeit die Urheberrechtsrichtlinie in nationales Gesetz umzusetzen. Die Richtlinie ist für jeden Mitgliedstaat hinsichtlich des Ziels verbindlich, überlässt den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Inge Gräßle

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