Dr. Inge Gräßle
Inge Gräßle
CDU
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Frage von Ruth S. •

Frage an Inge Gräßle von Ruth S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Dr. Gräßle,

als Deutscher Gründerverband vertreten wir die Interessen klassischer Existenzgründer*innen und Jungunternehmer*innen. In diesem Zusammenhang möchten wir von Ihnen wissen, welche Auswirkungen hat die neue Verordnung zu Upload-Filtern auf die Geschäftsmodelle von Gründerinnen und Gründern?

Bspw. die junge Mutter, die den Aufbau eines eigenen Unternehmens plant: eine Website, auf der ihre Freundinnen und Bekannte selbstproduzierte Waren anbieten und verkaufen können. Was passiert, wenn eine Mutter ein gesticktes Lätzchen hochlädt mit dem frechen Spruch: „Es ist schon alles gesagt worden – nur nicht von jedem.“ Ein Upload-Filter müsste feststellen, dass dieser Spruch von Karl Valentin urheberrechtlich geschützt ist und dafür sorgen, dass das Produktbild nicht hochgeladen wird – oder weiß der Filter, dass dieses Zitat seit diesem Jahr doch nicht mehr geschützt ist, weil Karl Valentin vor 70 Jahren verstorben ist?

Oder ein Reiseveranstalter erlaubt seinen Kunden, Bilder auf der Website hochzuladen. Ein begeisterter Tourist will dort seine Fotos von Schloss Sancoussi veröffentlichen. Der Upload-Filter sollte wissen, dass die preußische Schlösserverwaltung das Recht am Bild hat und vor einer Veröffentlichung auf einer Unternehmenswebseite die Nutzungsrechte geklärt werden müssen. Wird der junge Unternehmer sich die Mühe machen und die Nutzungsrechte klären? Oder wird er aufgrund des Haftungsrisikos alle potenziell geschützten Bilder nicht veröffentlichen?
Dazu kommen die Kosten für den Filter. Hierzu gibt es keinerlei seriöse Zahlen. Die Vermutung ist allerdings: es wird teuer, da der Aufwand sehr hoch ist. Gründer und Jungunternehmer müssten sich die Software kaufen, leasen oder mieten. Sind bei einem Kredit diese Kosten beispielsweise bei der KfW förderfähig? Nach den aktuellen Regelungen eher nicht.

Für eine Antwort bedanke ich mich im Voraus und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Ruth Schöllhammer

Dr. Inge Gräßle
Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau S.,

vielen Dank für Ihre Fragen, die Sie zur geplanten Reform des Urheberrechts an mich gerichtet haben.

Grundsätzlich ist eine Reform des Urheberrechts dringend notwendig, um sich an das veränderte Nutzungsverhalten der Bürger anzupassen und dabei die Interessen von Künstlern und Internetnutzern zu berücksichtigen. Denn der Schutz der Rechte am geistigen Eigentum und die Förderung eines breiteren Zugangs zu Werken sind die Säulen der wirtschaftlichen Nutzung des Internets und Grundlagen der digitalen Wirtschaft der EU.

Im Allgemeinen bezieht sich Artikel 13 auf Plattformen, die ihre Geschäftsmodelle auf die Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Inhalten aufgebaut haben. Diese Plattformen sollen für die Veröffentlichung von geschützten Inhalten in Zukunft bezahlen. Plattformen sollen dafür Erkennungssoftwares einsetzen. Diese sollen nur bei Plattformen eingesetzt werden, die von Verstößen gegen das Urheberrecht am meisten profitieren. Inwieweit kleine Unternehmen davon betroffen sein werden, steht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest.

Plattformen müssen in Zukunft dann mit Rechteinhabern Lizenzen abschließen. Zudem sollen Künstler, Verleger und andere Urheber den Plattformen alle Informationen mitteilen, um erkennen zu können, welche Werke veröffentlicht oder nicht veröffentlicht werden dürfen. Die Reform des Urheberrechts soll weiterhin für Parodien, Kritik, Zitation etc. Ausnahmeregeln beinhalten.

Zur Höhe der Kosten für eine Erkennungssoftware und ob es für die Anschaffung einer solchen Software Fördermöglichkeiten für Start-ups geben wird, kann man bisher noch nichts sagen, da man sich mitten im Gesetzgebungsprozess befindet. Der Bericht des Rechtsausschuss wurde Anfang Juli vom Plenum in der jetzigen Fassung abgelehnt. Das bedeutet, dass es in der Plenarsitzungswoche im September die Möglichkeit gibt, Änderungen am bisherigen Bericht des Rechtsauschusses einzubringen. Ein Abgeordneter kann mit Unterstützung der Fraktion, des Ausschusses oder mit mindestens einem Zwanzigstel der Mitglieder des Parlaments Änderungsanträge zum Bericht des Rechtsauschusses einreichen. Wie der Rechtstext dann letztendlich aussehen wird, lässt sich also zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht mit Sicherheit sagen, da dieser sich in den Verhandlungen mit dem Ministerrat nach der Mandatserteilung im Plenum noch einmal ändern kann.

Mit freundlichen Grüßen
Inge Gräßle

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Inge Gräßle
CDU